Montag, 11. Juli 2016

Lemme tell ya'bout my charakter [Karneval der Rollenspielblogs]


Okay, bis hierhin habe ich mich bei den Karnevals-Themen fast ausschließlich um einen sehr rationalen Diskurs an Anregungen bemüht. Aber da Blechpirat drüben bei Richtig spielleiten diesen Monat dazu ausgerufen hat das Thema „Romantik & Liebe“ auszurufen (und ich nicht wirklich in Stimmung bin, einen auf Blumenkind zu machen und freie Liebe im Rollenspiel zu proklammieren) stehe ich gerade vor dem Problem, dass die Zeitzeugin letztes Jahr mit dem Thema der Beziehungskiste mich bereits dazu gebracht hat, meine besten Gedanken zu dem Thema abzuarbeiten.

Von daher gehen wir doch einfach auf das schlimmste aller Klischees ein und führen das besonders Blöde Thema des „über den eigenen Charakter erzählen“ auf. Denn auch wenn ich die These vertreten habe, dass es doch eher unwahrscheinlich ist, entsprechende Geschichten am Spieltisch durchzuführen, hat mich das nicht daran gehindert, genau diese „Fehler“ zu begehen.
Von daher greife ich im Moment auf eine meiner derzeit aktiv laufenden, wenigen Runden zurück und betrachten einen meiner derzeit noch gespielten Charaktere. Ladies and Gentlemen. Licht aus, Spot an. Bühne frei für Michaela „Mik“ Darboven. (Ja. Der Nachname hat etwas mit dem Kaffee zu tun, wenn auch anders, als ihr es denkt.)

Mik, wie sie sich nennen lässt (und jeden verprügelt, der es auch nur wagt, sie „Michaela“ zu nennen) ist der von mir dargestellte Charakter in einer Werwolf: The Apocalypse-Runde, die seid ein paar Jahren jetzt schon läuft. (Und irgendwann in „absehbarer“ Zukunft ihrem Ende zuläuft.) Ursprünglich war diese Runde als One-Shot-Abend während eines Spieleabends im Studentenwohnheim, in dem ich damals wohnte, gedacht. Wir spielten Jugendliche (auch wenn ich bereits seid längerem von der Freundin, die die Runde leitet vorgewarnt war, auf was das Ganze hinauslaufen würde, hatte ich nur ein menschliches Konzept im Kopf, dass ich gerne spielen würde.) Mik war vom Konzept her als „Tomboy“ angelegt. (Unter anderem hatte ich in etwa Georgina aus den Fünf Freunden im Hinterkopf gehabt.) Nur ohne den ganzen Enid Blyton-Überbau. Ein Moderne Teenage-Göre ohne wirklichen Hang zum weiblich Sein. (Und wie sich im Verlauf des Abends herausstellte einer „kleinen“ Erbkrankheit, die sie bei Zeiten immer wieder mal ein wenig Großwüchsig und Haarig werden lassen sollte.)

Ich hatte kurzfristig unserer SL ein paar Möglichkeiten zum „damit umgehen“ geboten, indem ich sowohl das Vorzeichen als auch den Stamm mithilfe von Würfeln bestimmt habe. (Wer Werwolf kennt, weiß was ich meine. Für alle anderen: Die Garou-Gesellschaft ist auf bestimmten Gruppen konstruiert und die Individuen entwickeln besondere Rollen innerhalb dieser Gesellschaft, die von der jeweiligen Mondphase abhängen.) Das Endergebnis war eine Shadowlord Ragabash (die nicht ganz so sehr Ragabash war, wie man zu dem entsprechenden Zeitpunkt annahm.)

Ich will jetzt nichtmal all zu sehr darüber ins Detail gehen. Einige von den SLCs kannte ich zu dem Zeitpunkt bereits aus einer anderen Chronik, in der ich mitgespielt hatte und der Ausgang der Runde damals war Quasi Teil der Vorgeschichte, auf der diese Runde irgendwie aufbaute. Aber: Die SLCs waren einige Jahre älter, als ich sie in meiner Erinnerung verlassen hatte und deswegen hatten diese SLCs Kinder, die in etwas in dem Alter (plus-minus ein paar Jahre) waren, in dem sich damals auch unsere Charaktere befanden. (Wie gesagt: Wir fingen als Jugendliche an, die erst noch herausfinden mussten, dass sie kurz vor der ersten Verwaltung waren.) Und als sich aufgrund der Bitte eines absoluten Neulings, der durch diese Runde zum Hobby kam aus dem One-Shot eine langwierigere Kampagne entwickelte, gab es für mich eine zentrale Frage: Was will dieser Charakter eigentlich?

Ich hatte jetzt natürlich die Shadowlords, eine Bande von grundlegend unsympathischen Idioten, an der Backe. Das war ein Punkt, an dem man Mik durchaus aufreiben konnte. Dann gab es die üblichen Querereien innerhalb des Rudels selbst. (Wir hatten am laufenden Meter Schlägereien zwischen den einzelnen Charakteren, die sich jeweils bis kurz an den Rand des Todes prügelten... wobei dabei auch noch ein paar Wunderbare „Versöhnungszenen“ mit ins Spiel kamen.) Naja... und dann war da Mik als Charakter, der noch irgendwie das i-Tüpfelchen fehlte. Und ich glaube irgendwo in dem Bereich schrieb ich unserer SL noch via PN über das Forum der Chronik Schattenspiel, dass die Gute sich in einen ihrer SLCs vergucken würde. (Gillian ist ein paar wenige Jahre älter als Mik, Theurgin... und, was die Sache insgesamt innerhalb der sonstigen Konstellation wirklich interessant macht: Methis. Der Skandal wäre also so oder so vorprogrammiert gewesen.)
Ich habe das Thema zu dem Zeitpunkt immer wieder nur leicht angespielt, was die Thematik angeht. Mik erlernte die Zeichensprache... naja. Und am Ende dieser Phase endete das Ganze mit einem verzweifelten Kuss und einer über die Umbra davonlaufenden Theurgin. (Und sehr viel Ärger.)
Dieselbe Konstellation von Charakteren hat aktuell ein etwas anderes Setting (und nochmal eine Schüppe mehr Drama oben drauf.) Wir spielen zehn Jahre später, wurden durch eine Reihe von seltsamen Briefen noch einmal zusammengeführt und verdingten uns eine Zeit lang an der Grenze zu Mexico als „geliehene“ klauenbewehrte Pelztierchen im Auftrag einer Anansi. (Und hatten dadurch noch mehr Ärger auf uns geladen.) Der Punkt bei der Sache kommt allerdings auch hier: Gillian und Mik sahen sich zum ersten mal in dieser ganzen Zeit eher zufällig wieder. Und nach einer Aussprache versucht Mik die Sache ruhiger angehen zu lassen.
Das derzeitige Hier-und-Jetzt dieser Runde bedeutet, dass das Rudel sich um den Wiederaufbau eines Caerns, der Ursprünglich von Wendigos bevölkert wurde, bemüht ist. (Die Charaktere sind irgendwo in der Mitte ihrer Zwanziger und befinden sich derzeit in der Rolle von Septen-Ältesten.) Dank ein wenig Unterstützung von befreundeten Rudeln konnten wir so etwas wie eine Stammbesetzung in dem Caern etablieren, die uns auch eine Möglichkeit gibt die vier verweisten Wendigo-Welpen zu betreuen, wenn unsere Charaktere mal wieder unterwegs sind.
Das ist dabei übrigens auch eines der Probleme, warum ich zumindest nicht vollständig das Spotlight aus meinem Bereich auf den Themenkomplex „Gillian“ richten kann: Es gibt für unser Rudel jenseits der üblichen Caern-Pflichten einfach zu viel anderes noch zu tun. (Unter anderen Kämpfen wir gerade noch mit der Auflösung eines ganzen Haufens an Tänzern, die sich irgendwo in der Gegend auch noch befinden müssen.)
Wenn ich also eine Gelegenheit bekomme um die Andeutung einiger weniger Szenen der derzeitigen „Beziehung“ zwischen Mik und Gillian durchzuführen, so sind das kurze, eher flüchtige Momente und Gesten an Zuneigung. Und dabei wird es vermutlich auch bleiben, auch wenn ich (aus einer irgendwo creepigen Ansicht heraus) Mik auch in diesem Alter immer noch Gefühle für die Methis-Theurgin hegen lasse.
Wie gesagt: Ich schätze, dass das Ganze nirgendwo zu einem Erfolg führen wird, auch wenn ich mir in diesem einen Fall gerne so etwas wie ein „Happy End“ für meinen Charakter wünschen würde.
Aber ich habe daraus auch einiges praktisches Ableiten können: Ich halte Romantik am Spieltisch immer noch für einen Problematischen Gegenstand. (Eben aus genau den Gründen, die ich bereits aufgezeigt habe, als ich mit dem Karneval der Zeitzeugin meinen Einstand in dieser Aktion feierte.) Hinzu kommt aber neben den Aufgeführten Problemen noch ein weiterer Gegenstand: Die jeweilige Vorstellungswelt an Romantik in ihrer grundsätzlich unrealistischen Form. Seien es jetzt Teen-Ager-Geschichten wie die „Bis(s) zum Ende des Alptraums“-Reihe von Stephenie Meyer, die Zugegebenermaßen sehr gute Verfilmung der „True Blood“-Fernsehserie oder meinetwegen auch die „Night Creature“-Pornos von Lori Handeland. (Bevor sich jemand bei dieser Auswahl wundert: Ich habe gerade Beispiele ausgewählt, deren Inhalt ich kenne. Gerade letzteres Beispiel kann man nur ertragen, wenn man es unter dem Trash-Aspekt rezipiert, um sich drüber lustig zu machen.) Grundsätzlich gehen wir irgendwo mit einem derartig geprägten, medialen Fundus an Beispielen an die jeweilige Thematik heran und spielen „einfach drauf los“... bis wir dann mit der entsprechenden Vorstellungswelt einer anderen Person konfrotiert werden und daher plötzlich einen Moment der Verwirrung erleiden. (Das ist in diesem Fall wirklich gut und hilft mir für ähnliche Spiel-Konzepte auf lange Sicht eventuell weiter, aber: Irgendwo bemerkt man dasnn auch, dass man selbst eventuell gewisse Unzulänglichkeiten anhand dieser ganzen „Vorfehlbildung“ mitführt und jetzt aussortieren muss, um die ganze Thematik ander anzugehen... oder aber ich greife das nächste mal direkt zu Monsterhearts, was ja sehr direkt auf eben genau solchen Szenarien aufbaut, wie ich sie gerade als Beispiele genannt habe.)

Jedenfalls kann ich für meinen Teil nur abschließend festhalten: Romantik ist das Minenfeld des Spieltisches.

1 Kommentar:

  1. Bisher bester Beitrag dieses seltsamen Karnevals (auch wenn ich über die "Verwaltung" gestolpert bin :D). "Romantik ist das Minenfeld des Spieltisches."

    Richtig, ein Risiko, das man eingeht, und das selbst bei Gelingen jetzt nicht sooooo viel bringt. Und was die in anderen Beiträgen anklingende mediale Selbstverständlichkeit von "Love interests" in verschiedenen Medien angeht - ich bin wahrlich nicht der einzige, der das definitiv nicht braucht und ggf. die DVD weiterklickt.

    "Sex im Rollenspiel brauch ich so dringend wie einen realen Schußwechsel in der realen U-Bahn." Zitat eines Spielers aus meiner Runde.

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