Montag, 16. Juni 2014

Doctor Who and the missing Episodes


Vor einigier Zeit hatte der Spiegel mal wieder über das Berichtet, was einige von uns als den heiligen Gral des Geektums bezeichnen: Verloren geglaubte Folgen der frühen BBC Serie Doctor Who. So weit so schlecht. Ich muss vermutlich nicht erwähnen, dass es in dem Bereich durchaus eine ganze Menge begeisterung über diese Tatsache an sich gibt. Jedoch bin ich mir selbst für den Augenblick nicht wirklich sicher, was ich davon halten soll.
Sicher: Für die Tatsache, dass sehr viele Personen daran interessiert sind, Doctor Who in höchsten Tönen zu loben und bis zum abwinken zu konsumieren, seid mit Eccleston die New Who-Reihe veröffentlicht wurde, ist kaum zu verleugnen.

Aber: Ist es wirklich so gut, dass die verlohrenen Folgen aus irgendwelchen Abstellkammern und Dachbodenfünden wieder zusammengetragen werden?

Zum Verständnis des ganzen Umgangs an sich: Die BBC hatte aufgrund eines anderen Selbstbewusstseins im Umgang mit dem alten Archivmaterial, zu dem auch die Doctor Who Fernsehserie gehörte, eine begrenzte Kapazität an Lagerhalle. Außerdem kam noch hinzu, dass das Material, auf dem Fernsehserien zu dem damaligen Zeitpunkt gespeichert wurden extrem Platzraubend und Kostenintensiv war. (Es handelte sich um besondere Video-Kassetten, deren Umfang deutlich größer war als die altbekannten VHS-Kassetten. Aber: Auch deutlich teurer als das VHS-Medium speziell in seiner Endzeit war.) Dementsprechend wurde im Laufe der Jahre nach einer bestimmten Zeit des Lagerns ausgemistet. Die alten Videos wurden gelöscht und überschrieben. (Der zentrale Punkt im Vergleich zu heute ist, das damals keinerlei Heimkino-Haltung existierte.)

Aber damit will ich mich auch gar nicht so lange rumschlagen. Die zentralere Frage ist jetzt doch eigentlich: Ist es wirklich so wünschenswert, dass man mit solchem Nachdruck nach den alten Folgen sucht?

Das ich überhaupt auf diese Frage komme hat etwas mit der Natur des Mediums Fernsehen zu tun: Ich nutze hierbei grob den Begriff, welchen Postman in seiner allgemeinen Gesellschaftskritik herausgearbetet hatte, um das Medium des Fernsehen zu charakterisieren. Postmans Äußerungen zufolge ist das Fernsehen nichts anderes als atomar übertragene Information. Das bedeutet, dass jegliche über den Fernseher übertragene Informationseinheit außerhalb jeglichen Kontextes steht und damit nicht nur gleichzeitig existiert, sondern prinzipiell auch Gleichwertig ist. (Ich will nicht auf die soziologische Bedeutung hinter dieser Aussage hinaus, sondern auf die rein mediale Schlußfolgerung, die man daraus ziehen muss.)
Postmans Folgerungen nach stellt der Fernseher, eben dadurch das er jegliche Form von durch ihn übertragenen Wissens egalisiert letzten Endes die Wertlosigkeit an Informationen dar. Wichtig ist nicht mehr, was man an Informationen enthält und in welchem Kontext diese Informationen stehen, sondern nur noch das diese Informationen da sind. Schnell und so Gleichzeitig wie nur eben möglich hintereinander übertragen.

Die direkte Schlußfolgerung aus diese ganzen Zusammenhang ist, das Meidum Fernsehen betroffen also, dass es eigentlich keine Rolle spielt, was jetzt über den Bildschirm läuft, denn der nächste Schnippsel kommt schon in nur wenigen Sekunden. Es gibt also ein kontinuierliches "Danach" in den Fernsehsendungen. (Und die feste Überzeugung, das dieses Danach keinerlei weitere Wertschätzung mehr bedarf, wie das, was davor kahm oder gerade eben jetzt wahrgenommen wird.)

Das bedeutet also letzten Endes, dass der Rezipient das Gesehene in genau diesem Augenblick, wo er es wahrnimmt, nur gut finden kann.

Und genau dort liegt dann der Hund auch begraben: Dadurch das man eben nicht bewusst das Ganze mehr sehen kann bekommen die einzelnen Folgen einen historisch verklärten Glanz. (Man kennt das Ganze ja: Manchmal tritt man zu einem späteren Zeitpunkt mit etwas erneut in Kontakt, das man zu einem deutlich früheren Zeitpunkt im eigenen Lebenslauf extrem gut gefunden hat. (Und das sich als deutlich schlechter in der neuen Betrachtung herausstellt, als es in der Erinnerung war.)

Und genau das ist der Punkt, der mir jetzt langsam Gedanken macht: Ist Wiedergefundenes Material aus den alten Doktor Who-Staffeln wirklich das, was der Mythos über die entsprechenden Folgen einem verspricht? Oder könnte vielleicht am Ende beim ersten Kontakt zu einer hehren Enttäuschung werden, weil wir uns zu viel von dermaßen alten Folgen aufgrund des Hypes, der um die verlorenen Folgen gemacht wird, versprechen? Letzten Endes ist jede einzelne Folge Doktor Who ja auch nur ein Kind seiner Zeit. Und das diese nicht nur Sternstunden vorweisen konnte, muss ich nicht unbedingt hier erneut erwähnen, oder?

Jedenfalls kann es durchaus sein, dass gerade wegen der zu hohen Erwartungen, die mittlerweile an diese verlorenen Folgen gemacht werden, am Ende nur noch eine hohe Enttäuschung entspringen kann, weil man mit den Interessen der Gegenwart Serien aus der Vergangenheit konsumiert. Und dieser Umstand könnte dann das Fanherz am Ende zum ermatten bringen.

Daher macht es zumindest aus meiner Sicht der Dinge Sinn, sich kritisch mit diesem Gedanken auseinander zu setzen.

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