Sonntag, 20. Februar 2011

Rezension: Der Erbe des Templers (Geisterjäger John Sinclair Abenteuerband)

Cover: Geisterjäger John Sinclair Abenteuerband
Der Erbe des Templers
Verlag: Ulisses Spiele
Seit einiger Zeit wird das Ding ja groß diskutiert und hier und da immer wieder mal gelobt: Das John Sinclair Abenteuerspiel. Und vor mir liegt jetzt der dritte Band der daraus entstehenden Reihe von Büchern. Schwarzes Hardcover mit der üblichen Aufmachung. Dazu das mittlerweile immer öfter auftauchende Lesezeichen-Bändchen zwischen die 247 Seiten gepresst. Das Ungewöhnliche in dem Bereich ist das für die Reihe jetzt typisch gesetzte, aber ansonsten weniger häufig auftretende B5-Format. Klein und Platzsparend halt. Für die bisher verbreiteten Riesenwälzer vermutlich langfristig gar nicht mal so uninteressant. Aber das wird sich im Laufe der Zeit erst zeigen, ob es sich wirklich durchsetzen wird.

Also, was hat Ulisses mit diesem Abenteuerband verbrochen?
Das Buch lässt sich in vier Teile gliedern: Regelergänzungen, neue Ausrüstung, die eigentlichen Abenteuer nebst Hintergrund und einen Anhang-Teil, der Handouts und die für das JS-Spiel typischen Sonderaktionen zusammenfasst.

Was heißt das jetzt?
Nun, beim Regelteil ist es müßig zu sehr ins Detail zu gehen. Gesagt sei nur so viel: Es werden neue, verbesserte Fähigkeiten vorgestellt, sowie die Palette der Ausrüstungsgegenstände, mit denen der durchschnittliche Geisterjäger gegen die übernatürlichen Bösen vorgeht, um sich besser zu verteidigen. Schlagwörter wie das Fachgebiet Archäologie oder Jagdgewehr oder Silberpulver und die dadurch entspringenden Möglichkeiten sollten hier ausreichen, damit Leute, die die Regeln hinter dem Spiel kennen, sich in etwa vorstellen können, worum das ganze geht. Denn wirklich viel Neues kann man hier nicht erklären, ohne eine Rezeption des Grundbuches zu machen.

„Der Erbe des Templers“ ist in Wirklichkeit in erster Linie ein Abenteuerband, dem man wesentlich mehr Aufmerksamkeit schenken sollte. Nun denn, auf in die Geschichte.

Insgesamt werden in dem Band drei Abenteuer vorgestellt. Der Titel gebende „Der Erbe des Templers“, „Schrecken aus dem Nebel“ und „Biss das der (schwarze) Tod euch scheidet“. So wie es wirkt handelt es sich hierbei um die Weiterführung einer länger führenden, mehr bändigen Kampagne, die Ulisses kurz unter dem Begriff „Der Heroldzyklus“ führt und die Zumindest Elemente aufweist, die bereits im Grundbuch auftauchen. Im Detail betrachtet:

„Der Erbe des Templers“
In diesem Abenteuer werden die Geisterjäger zu einer Art Schnitzeljagd gerufen, die zuerst durch bereits in früher aufgesuchte Ortschaften führt und anschließend mit einer Verwicklung endet in der Will Mallmann eine zentrale Rolle spielt. Es geht dabei um das Rätsel, dass ein paar Artefakte von zwei bereits früher ausgelöschten Herolden miteinander verbindet und (mal wieder) den seit ein paar Jahren ins Bewusstsein der Popkultur eingestanzten Orden der Tempelritter zusätzlich aufgreift. Reitende Skelette Inklusive.

„Schrecken aus dem Nebel“
In diesem Abenteuer verschlägt es die Geisterjäger auf der Suche nach einem Verschollenen Kollegen in ein kleines, verschlafenes Nest inmitten des Dartmoors, das wohl bereits Sherlock Holmes Autor Conan Doyle als Inspiration für dessen Roman der Hund von Baskerville gedient haben soll. Hier hingegen handelt es sich um eine Werwolf-Storyline, die zusätzlich mit einem Hauch Geistergeschichte gewürzt wurde und auf einen Jahrhunderte alten Fluch zurückgeht.
Jedoch wären Geisterjäger wohl nur halb so erfolgreich, wenn sie nicht zwischendurch auch mit solch alltäglichen Dingen wie Autopannen und Meuten streunender Hunde zu kämpfen hätten.

„Biss das der (schwarze) Tod euch scheidet“
Nein, auch wenn es so klingt: Es geht nicht um eine Hochzeit. Oder viel mehr: nicht direkt.
Alles beginnt mit einer etwas seltsamen Anhäufung von Todesfällen in einem der Stadtteile Londons, die eher den gering verdienenden Individuen der Londoner Bevölkerung vorbehalten sind. So ist eines der Opfer aus heiterem Himmel mit der Lieblingswaffe gefrusteter Spielleiter erschlagen worden: Dem typischen Klavierflügel im Orbit. (Ja ich weiß: Andere benutzen auch Ambosse oder ganze Schlösser voller fluchender Franzosen, die Metallkühe katapultieren. Aber das spielt hier gerade eine geringere Rolle. Die Referenz sollte jedem klar sein.)
Das leitende Motiv hierbei ist Rache und Versuchung. Und die Frage, was man tun muss, um die Bösen davon abzuhalten noch mehr Menschen auf ihre Seite zu ziehen. Insofern also nicht unbedingt gänzlich uninteressant, auch wenn ich natürlich nicht zu sehr in Detail gehen kann.

Und als Abschluss darauf folgt schließlich noch ein Spielleiter-Teil, der die einzelnen Abenteuer in den Hintergrund der vorangegangenen Ereignisse noch einmal eingliedert und Erklärungen liefert, was welches Abenteuer zu bedeuten hat. Wobei natürlich die Informationen aus den anderen beiden Bänden vorausgesetzt werden, obwohl sich die eine oder andere Vermutung aus den Schnippseln zu dem, was in Band 2 stehen könnte, machen lässt.*

Fazit:
Bevor mich irgendjemand in der Luft zerreißt: Ich habe durchaus gemischte Gefühle, was diesen Abenteuerband anbelangt. Aber dazu werde ich bei meinen Contras ein wenig mehr sagen.

Was lässt sich also positiv erst einmal festhalten: Das Abenteuer als solches liest sich durchaus zügig und ist strukturiert aufgebaut. Man bemerkt, dass der Fokus sich sehr stark darauf richtet auch unerfahrenen Spielleitern ein möglichst leicht und griffig zu bedienendes Werkzeug in die Hand zu legen, damit diese sich schnell und ohne größere Vorbereitung ins Abenteuer stürzen können. Es wird ziemlich präzise gesagt, was notwendig ist, um etwas zu erreichen, damit der Spielfluss einigermaßen gewährt bleibt und ebenfalls an den richtigen Stellen werden Möglichkeiten genannt, damit Spieler, die nicht mehr weiter wissen trotzdem weiter kommen können, ohne das der Abend mit einem unbefriedigenden Bauchgefühl den Spielabend wieder verlassen können. Zusätzlich dazu werden überall entsprechende Hinweise auf Proben gegeben. Ebenso werden diverse Möglichkeiten für Anfängerspieler geboten, damit diese nicht gänzlich unbeholfen durchs Geschehen stolpern, indem ihnen als Tipps die entsprechend hilfreichen Gruppenaktions-Karten zur Verfügung gestellt werden, so sie eben diese nutzen wollen.

Contras:
Das Abenteuer trieft durch und durch davon, dass es auf Anfängerrunden ohne viel Erfahrung und ohne viel Charakterspiel ausgelegt ist. Was also sowohl positiv an diesen Abenteuern ist, kann ihnen auch negativ ausgelegt werden. Allerdings hängt das mit dem jeweiligen Fokus der entsprechenden Runden zusammen. Ich will hier nicht sagen, dass die Ideen hinter dem Abenteuer an sich schlecht sind, aber das ganze macht doch eher den Eindruck einer starken Railroading-Abenter, die eine Menge Arbeit vom Spielleiter verlangen, wenn man mit einer Gruppe interagiert, die weniger Wert auf Würfeln legt, als vielmehr auf entsprechendes Spiel. Man muss sich also definitiv im Vorfeld klar sein, welchen Fokus man selbst hat. Denn die Hinweise, wie sich entsprechende Personen verhalten, welche Informationen sie Preis geben und dergleichen sind manchmal ein wenig oberflächlich und dann im Rahmen von Proben sehr stark reguliert, dass man schnell den Eindruck erlangt, dass keine wirklichen Alternativen existieren. Hierbei bleibt dann doch häufig der Eindruck einer Einbahnstraße an Möglichkeiten, weil entsprechende Möglichkeiten für alternative Lösungswege nur sehr begrenzt zur Verfügung gestellt werden. (Und ich rede dabei nicht von solchen Klassikern wie der viel sagende Wurf auf „Kraft und rohe Gewalt.) Man gewinnt bei dem ganzen Abenteuer einen sehr starken Eindruck, dass es mehr um Spiel auf der Metaebene (“Metagaming”) als um Charakterspiel geht . Das ist kein vernichtendes Argument für den Abenteuerband als solchen, sollte aber mit bedacht werden.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass wir hier einiges Schönes haben, aber nicht nur. Für Anfängerrunden, die einen kurzen Ausflug ins Rollenspiel mit der Hintergrundwelt John Sinclairs machen wollen ist der Abenteuerband sicherlich hervorragend geeignet und bietet durchaus einiges an Abwechslung. Das dürfte sowohl für den interessierten Spielleiter als auch für den später am Spieltisch sitzenden und erlebenden Spieler gelten.
Die Frage die bleibt ist allerdings, ob man das ganze nicht mit ein paar mehr alternativen Möglichkeiten hätte versehen können, da sich erfahrenere Spieler und Spielleiter von dem Spiel ein wenig verstört fühlen und bei den Railroading-Aspekten (die sowohl positiv als auch negativ zu sehen sind) eventuell vor den Kopf gestoßen fühlen. Auf diesem Gebiet ist dann doch eine Menge Arbeit oder spontanes Improvisationstalent von entsprechenden Spielleitern gefragt, die sich nicht nur auf das verlassen, was im Buch steht, sondern ihren Spielern auch Freiräume bieten wollen, damit diese sich jenseits des gedruckten Wortes bewegen dürfen. Eventuell könnte man dort die Spaltenhinweise noch ein wenig weiterführend ergänzen um auch zur Improvisation zu ermutigen, oder Alternativen zu ermöglichen. (Nicht jede Runde verlässt sich auf seine „Dienstausweise“, genauso wenig wie sich jede Runde nur auf seine Quotenfrau-SC verlässt – so überhaupt welche vorhanden sind. Im Rahmen der sozialen Interaktion gibt es da gerade immer mehrere denkbare Möglichkeiten.)

*Zur Erklärung: Dadurch das mir als Rezensent der zweite Band „Ewige Jugend“ nicht vorliegt kann ich dazu nur einige Vermutungen, aber keine endgültige Gewissheit im Augenblick ziehen. Falls ich in Zukunft diesen bestimmten Band in meinen Besitz bekommen sollte, folgt zwar vermutlich dazu auch noch eine Rezension, wie ich im Moment auch noch an einer zum Grundbuch arbeite, aber das bleibt abzuwarten.

Rezension: Geisterjäger John Siclair Der Erbe des Templers Kartendeck

John Sinclair Der Erbe des Termplers Kartendeck
Verlag: Ulisses Spiele
„Geisterjäger John Sinclair Kartendeck Erbe des Templers“: auf den ersten Blick stellt sich natürlich die Frage, was es mit dieser komischen Pappbox auf sich hat, die gerade vor mir liegt. Der zusätzlich auf der Seite stehende Schriftzug „Gruppendeck – 163 Karten für den Erzähler, 112 Karten für 4 Geisterjäger“ hilft da natürlich auch erst einmal weniger weiter. Also bleibt einem nur die langatmige Spur des „Unboxings“, wenn ich auch diesen Punkt etwas verkürzen werde und die Schachtel einfach mal so öffne, ohne großartig dabei zu fotografieren, zu filmen und blöde zu labern. (Oder was man sonst so dabei macht.)

Also, was haben wir da drin? Fünf Kartenbündel. Vier etwas kleinere und ein sehr Dickes, die jeweils von einem unauffälligen Streifen Packpapier zusammengehalten werden. Ich nehme also einen der Vier kleineren Stapel aus der Box und sehe mir diesen an.

Der Stapel besteht aus 28 Karten, die unscheinbar wirken. Gleichbleibende Rückseiten je Thematik. Die eine Rückseite ist für besondere Eigenschaften gedacht, die Andere für Ausrüstung. Schlägt man dazu den Abenteuerband und wirft einen Blick in dessen Regelergänzungen handelt es sich bei diesen Karten um genau diese speziellen Neuerungen, die in dem Buch vorgestellt wurden. Insofern handelt es sich bei den entsprechenden Karten um haptische Charakterbogen-Elemente. Und das zieht sich durch den kompletten Spieler-Stapel durch.

Also, weiter im Text. Was sagt der Spielleiter-Stapel? Besondere Eigenschaften, Ausrüstung, Monster (mit Hinweisen auf das dazugehörige Abenteuer), Erzähleraktionen (ebenfalls mit Hinweisen auf das dazugehörige Abenteuer), Gruppenaktionen (ebenfalls entsprechend markiert), Kampfdeck der Geisterjäger, Kampfdeck der Templer, Brauen, Sonderbonus, Sondermalus und Sonderhandlung.

Soweit, so gut (oder schlecht). Was zieht man jetzt aus diesem Moment gemischter Gefühle? Spielkarten als solche sind im Rollenspiel nicht unbedingt ganz neu. Sie haben in unterschiedlicher Variante schon hier und da ihre Verwendung gefunden. Meistens als Form eines Würfelersatzes. Und das ist durchaus auch hier teilweise gegeben. Der Rest hingegen geht darüber hinaus. Manchmal geht es um Spezielle, an das jeweilige Szenario gebundene Sonderereignisse, die einem nur für den Verlauf der entsprechenden Szenarien oder Szenen zur Verfügung stehen, manchmal stellen sie die Charakterbögen der Boss-Monster auf einen Blick dar. Das kann also durchaus in einem gewissen Rahmen als Spielleiter-Notizen-Ersatz seine Verwendung finden.

Absurd hingegen mögen die Spieler-Sets erscheinen. Zumindest was die Fähigkeiten anbelangt. Reizvoll in einem gewissen Rahmen für das John Sinclair Abenteuerspiel ist allerdings in Anbetracht der Asservatenkammer-Ausstattung immer die Möglichkeit mit den Ausrüstungsgegenständen vorübergehend in Kontakt zu sein, wie man sie gerade braucht, ohne dabei auf dem eigenen Charakterbogen ständig radieren zu müssen. Für feste Ausrüstungsgegenstände allerdings absurd.

Ist dieses Kartenset also wirklich notwendig: Die Antwort kann in diesem Zusammenhang wirklich nur mit einem Jain beantwortet werden. Die Idee an sich ist nett. Aber wenn man bedenkt, dass Fähigkeiten eh fest an dem Charakter haften, stellt sich einem die Frage, inwieweit hier nicht über das Ziel hinausgeschossen wurde in dem Sinne, das man mehr Karten produziert hat als unbedingt notwendig wäre. Die Karten des Spielleiter-Blocks sind auf jeden Fall nützlich und auch brauchbar, die Spielerstapel hinterlassen aber wie bereits angedeutet ein eher gemischtes Gefühl zurück. Wenn man allerdings den Rahmen des Abenteuerbandes in seiner gesamten Struktur betrachtet ist es definitiv ein funktionales Hilfsmittel, das man durchaus verwenden kann. Welchen Teil der großen Ausrüstungsliste man wirklich „braucht“, das er am Spieltisch Verwendung findet muss allerdings die Praxis zeigen.

Sonntag, 13. Februar 2011

Rezension: Babarians of Lemuria

Cover: Babarians of Lemuria
Verlag: Ulisses Spiele
Fantasy ist das vermutlich am weitesten verbreitete Genre. Ob geliebt oder gehasst sei jedem selbst überlassen. Hierbei geht es jetzt noch eine Unternische tiefer, indem man sich das Subgenre Sword an Sorcery ansieht.

Barbarians of Lemuria (im weiteren Verlauf der Rezension mit BoL abgekürzt) ist einer der Auftaktbände von Ulisses Fanware-Reihe. Das Konzept ist dabei relativ simpel und entsprechend Lobenswert, da sich hier eine Reihe Freiwilliger zusammentun und in Eigenregie die meiste Arbeit übernehmen, während der Verlag erst ganz am Schluss die letzten Stellschrauben zusammenfügt. Hierbei ist also unter Regie von Alexander Malik eine entsprechende Übersetzung zustande gekommen.

Wenn ich sage, dass das A5-Format zur Zeit Mode zu werden scheint leiere ich vermutlich mittlerweile rum, wie ein kaputtes Kassettenband, aber auch bei diesem kleinen Softcoverbändchen trifft dieser Umstand wieder einmal zu, dass das erst in den letzten paar Jahren so langsam populär gewordene Kleinformat mal wieder aufgegriffen wurde. Und das Titelbild von Karsten Schreurs lässt wenig Interpretationsspielraum übrig, was der Kerngedanke hinter dem Genre ist: Große Abenteuer im Rahmen wilden Gemetzels.
Denn ganz so simpel ist es dann doch nicht, auch wenn das entsprechende Genre in diesem Fall gerade vom Klischee des Muskel bepackten, Schwert schwingenden Helden zu leben scheint.
Denn auch wenn das Titelbild noch recht viel versprechend ist, sind die Innenillustrationen von Björn Lensing nicht mehr ganz so überwältigend. Aber wir sind hier ja nicht in der Fachhochschule für Grafikdesign, sondern betrachten noch ein wenig mehr als nur die bildliche Aufmachung.

Zum Inhalt:

Jedes Rollenspiel besteht im besten Falle aus zwei Bereichen: Setting und Regeln. Das Schwierige hier ist, dass BoL in beiden Bereichen ein Leichtgewicht ist, dass lieber mit einem sprichwörtlichen groben Pinsel an die Angelegenheit gegangen ist. Man muss sich also von Anfang an darauf einlassen können und bereits Vorstellungen mit sich bringen, die Genrekonventionen betreffen, ehe man an einen entsprechenden Charakter geht.

Die Hintergrundwelt im kleinen lässt sich schnell erklären: Das ganze spielt auf einer Erde der Zukunft, die wieder in die Barbarei gestürzt ist. Bewaffnet ist man mit klassischen Hiebwaffen wie Schwertern. Magie existiert. Und alles spielt auf dem zusammengewachsenen Kontinent Lemuria, der alles an Gelände bietet, was sich ein Abenteurer wünscht. Tiefe, dampfende Dschungel, oder unendliche, sandige Wüsten, in denen man auf der Suche nach Abenteuern und Schätzen sich als Held einen Ruf verdienen kann. Alles im Rahmen des entsprechenden Genres gewürzt mit den Möglichkeiten an Exotik und anderem.

Und genau hier beginnt sich dann das Regelwerk als solches in eine Mischung aus Setting und Charaktererschaffung zu bewegen. Vereinfacht ausgedrückt ist ein Charakter eine Mischung aus seiner Herkunft und seiner Erfahrung. Erfahrung deshalb, weil das System auf dem ein entsprechender Charakter seine Klassen in anderen Systemen aufbaut ein Laufbahnensystem ist, dass man jeweils noch mit Laufbahnstufen weiter differenzieren kann. (Grob ausgedrückt: Ein Pirat Laufbahnstufe 1 kann beim Segelsetzen helfen, während ein Pirat mit Laufbahnstufe 3 sich bereits mit komplexerer Nautik auskennt und damit auch das Schiff steuern könnte. Ein Jack Sparrow, der allein ein einziges Schiff steuert wäre also durchaus denkbar.) Insgesamt schlägt das Buch 27 dieser Laufbahnen aus den unterschiedlichsten Bereichen vor.
Die Herkunft hingegen stellt eine Reihe an möglichen Ortschaften dar, aus dehnen ein entsprechender Charakter kommen kann und jeweils einen entsprechenden Vor- wie Nachteil mit sich bringt. (Diese Charaktermerkmale werden hier als Gaben und Schwächen bezeichnet und es sind auch unter bestimmten Umständen mehr möglich.) Ein Barbar aus dem Axos-Gebirge könnte auf diese Weise die Gabe des Fährtenlesens haben, allerdings mit der Schwäche der Schweigsamkeit geschlagen sein. Und natürlich noch Sprachen, die ein entsprechender Charakter spricht. Es gibt zwar auch noch Attribute und Kampffertigkeiten, aber auch diese sind eher wenige. (Jeweils Vier an der Zahl.)

Und darauf Baut auch schon der ganze Rest auf. Im groben besteht der Regelteil nämlich ansonsten nur noch aus folgender simplen Würfelrechnung: 2W6 + Attribut + Boni – Mali = Gesamtergebnis.
Wobei zwei Einsen einen Misserfolg darstellen und eine 12 einen besonderen Erfolg.

Zusätzlich dazu Existiert noch das Konzept so gennanter Heldenpunkte. Diese sind in gewisser Weise Gummipunkte, die es einem Spieler während einer Sitzung erlauben aktiv das Geschehen mitzugestalten oder zu seinen Gunsten zu verändern. Er kann durch Einsatz eines solchen Punktes Szenen mit zusätzlichen Details ergänzend fütternd ausschmücken, oder heldenmütig richtig auf die Kacke hauen, indem er einen Wurf wiederholt, oder einen Erfolg verbessert.

Den Rest des Buches bilden dann noch die jeweils sehr kurz gehaltenen Kapitel über Ausrüstung, Magie und die Hintergrundwelt Lemuria mit ihren Gefahren und Göttern dar. (Quasi ein zusätzliches Umreißen des Ist-Zustandes in groben Zügen, damit dem SL weiterhin Platz für alle seine eigenen Interessen geboten wird. Große NSC-Namen sucht man hier jedenfalls vergeblich.)

Und als Abschluss stehen dann noch ein paar Archetypen sowie eine Ansammlung von Abenteuervorschlägen rund um diese, die aber auch mehr alles Grob umreißen, wie ein Abenteuer in BoL funktionieren könnte, ohne dabei zu sehr ins Detail zu gehen. (Hierbei ist die Eigeninitiative des SL gefragt, sowie die Improvisationslust der Spieler.)

Fazit

Barbarians of Lemuria ist ein Leichtgewicht unter den Regelsystemen, das zum einen keine Großen Simulations- und Materialschlachten im Sinne von abstreichbaren gezählten Pfeilen im Köcher haben will, zum anderen aber sehr stark mit groben Pinselstrichen arbeitet. Das bedeutet von Anfang an zwei Dinge: Der Schwerpunkt vom Spiel liegt auf Heldenhaftigkeit in allen Bezügen. Und zum anderen: Man hat hier alle Freiheiten sich die Welt so auszugestalten, wie man sie haben möchte.
Praktisch heißt das, dass die Runde für sich selbst entscheiden können muss, was sie haben will als Abenteuer. Das setzt den SL zwar immer unter zusätzlichen Druck seinen Leuten das Richtige zu bieten, aber gleichzeitig bietet das Spiel auch noch eine Möglichkeit, herauszufinden, wie die Spieler weiter vorgehen wollen. Da eines der Hauptziele das Erreichen von Ruhm durch verschwenden von erbeuteten Schätzen ist, müssen die Spieler sich am Ende einer Runde überlegen, wie sie besonders das Erlangte wieder auf den Kopf hauen und dabei eventuell auch Hinweise für die nächste Runde bieten, während sie sich ihre erhofften Erfahrungspunkte verdienen.
Positiv ist außerdem noch festzuhalten, dass das Spiel dadurch das es mit dermaßen wenig Sonderregellungen auskommt, alles sehr einfach und intuitiv zugänglich ist. Insgesamt sollte also langes Regelgesuche zu vermeiden sein.

Der Nachteil ist, dass das Genre des Sword & Sorcery nicht unbedingt jedem geschmacklich passen will. Und das aus unterschiedlichen Gründe. Sword & Sorcery ist dreckig und ohne viel Federlesen. Charaktere sind ausgeprägte Individualisten, die entsprechend stark im Rampenlicht glänzen wollen und weniger mit einwandfreien Moralsystemen von sich hören machen.
Wer sich mit solchen Rahmenbedingungen anfreunden kann ist auf jeden Fall mit einem kleinen, aber leistungsstarkem Werkzeug hierbei ausgestattet, das mit 19,95 € als Grundpreis durchaus im angenehmeren, unteren Rahmen ist, was die Kostenfrage anbelangt.
Aber man muss sich im Klaren sein, dass man mit BoL einen Baukasten in erster Linie erhält, der lediglich die groben Holzklötze enthält. Für die Details muss man selbst mit der Säge und dem Drehschleifer herangehen. Das kann man dann aber auch wirklich bis zum letzten Grad an den Geschmack der eigenen Gruppe anpassen.