Dienstag, 22. November 2011

Rezension: Erdenstern - Into the Light

Erdenstern - Into the Light
2010 dachte man – als man die Into the white erworben hatte – noch, das die Sammlung der Bibliothek der fantastischen Musik „endlich“ beendet hatte, nur um dann ein paar Monate stöhnend mit einem leicht grinsenden „Nein!“ auf den Lippen festzustellen, dass dem doch nicht so war. Die drei umtriebigen Musiker von Erdenstern hatten sich dazu entschlossen ein weiteres Album zu veröffentlichen, das den Titel „Into the …“ tragen sollte. Doch diesmal war da ein gewaltiger Unterschied zu den anderen Alben: Man wandte sich gezielt an die Rollenspielende Fanbase und fragte nach, welche Themen dieser noch fehlen würden. Wie man auf der Spiel dann erfuhr, waren es zu viele gute Vorschläge um sich nur für ein Thema zu entscheiden und damit war „Into the light“ geboren. Das achte Konzeptalbum von Erdenstern ist insofern konzeptfrei, weil es gleich vier verschiedenen Genres einen Klangteppich bieten soll und dafür dann mit gleich 38 Tracks eine Doppel-CD in Beschlag nimmt, die im limitiertem Digipack daherkommt um die 159:33 min irgendwie unter einen Hut zu bekommen, die sich in die Themengebiete „Alte Reiche“, „Sakrales“, „Steampunk“ und „Endzeit“ verirren. (Oder wie es im Pressetext zur Cd heißt: „Zuerst war da das Licht. Doch die Zeitmaschine war schon vorher da.“ – Insofern müssen diejenigen leider enttäuscht von dannen ziehen, die hier den perfekten Soundtrack für Rollenspielsitzungen um den Bereich „Nahtoderfahrungen“ sich erhofft haben.)

Optisch betrachtet ist das Cover der Into the light wieder mal ein Bruch mit dem Standard (das ist so bislang nur einmal in Form der „Into the grey“ passiert.) Das Zentrum bildet ein goldgelbes Zahnradkonstrukt, auf dem sich eine Monogramm befindet, dass mit der Alpha-Omega-Symbolik spielt. (Diesmal wohl ein Versprechen, dass dies wirklich das absolute und offizielle Ende der Bibliothek ist) Um das sich im Stiel alten Landkartenpapiers ein paar Einzelabbildungen positionieren, die in schlichter schwarz-weiß Manier die einzelnen Themengebiete mit winzigen Ikonen abbilden. (Pyramiden, Friedhofskreuz, eine Art Luftschiff und ein Gasmaskenkopf, wer es ganz genau wissen will.)

Zu den einzelnen Trackthematiken:

[B]Ancient Realms[/B]
Das Viertel der Antike wartet mit einer Reihe an Tracks auf, die zu einem Großteil aus sehr gediegenen, tragenden Tracks besteht. Assoziativ rufen diese Melodien dabei Bilder von alten Ruinen in tiefen Dschungel hervor und einen getragenen Aspekt von Wehmut ob der verlorenen alten Größe. Stimmungstechnisch ist das alles sehr nahe im Rahmen zwischen Bedrohung und Sehnsucht gehalten. Was man mit den meisten Adventure-Filmen die sich tief in den Urwäldern Südamerikas bewegen halt verbindet. (Insgesamt besteht dieser Part aus 11 Tracks.)

[B]Empire of faith[/B]
Der sakrale Teil des Albums ist da schon etwas schwieriger einzuordnen. Fängt der 12te Track der ersten CD (Feast of Sacrifice)noch mit reiner Jahrmarktsstimmung an, kommen dann langsam andere Stimmungen ins Spiel. Zum Teil experimentiert Erdenstern hier mit neuen Klangkörpern (in Vision ist eindeutig ein s.g. Regenmacherstab zu hören) geht es dann in Richtung kathedralem Chorgesangs weiter um später deutlich indifferenter zu werden. Tragendes Element bleibt der Chor, respektive: Stimmen, die irgendwie zu singen scheinen, ohne das man ein genaueres Wort dabei verstehen würde. Teilweise erinnert es fast an ein überlautes Flüstern (Temptation). Danach kommt zwar immer noch eine Menge Bombast herüber, jedoch fragt man sich im weiteren dann doch, ob nicht irgendwo das Thema eventuell leicht verfehlt ist. Allerdings kann dies in diesem Fall auch wie so oft an der subjektivem Sicht von Assoziationen liegen. Jeder verbindet mit bestimmten Themen andere Vorstellungen, die auf die eine oder andere Weise vorgeprägt sind. Stimmungsvoll sind die einzelnen Tracks auf jeden Fall. (Dieser Teil umfasst 9 Tracks.)

[B]Era of Steam[/B]
Steampunk könnte man als die Science Fiction der Fantasy bezeichnen. Der erste Track der zweiten CD (Machine City) wird damit auch schon mit dem Geräusch von Dampfgetrieben und Lokpfeifen eingeleitet. Dies geht weiter in Klangwelten, die einen gewissen Grundrhythmus aufrechterhalten, der entfernt an das Schnauben von Dampflokomotiven/-maschinen erinnert. Dieses Basisgeräusch geht schleppend auf mehr oder wenigen Ebenen weiter zwischen ruhig bis bedrohlich und lässt immer wieder mal das eindeutige Zischen ertönen, das hinweist, in was wir uns hier eigentlich bewegen. Das wird von der sanften Ruhe der Träghaftigkeit einmal abgelöst. Nur um danach wieder in einem leicht heroischen Pathos zu verfallen, der ein ständiges Gefühl von Bedrohung im Nacken wachruft (Master of the skies). Und abschließend mit einer sanften Dramatik einfach nur in die Weite davonzurauschen scheint. (9 Tracks)

[B]The last days[/B]
Schließlich die Endzeitthematik. Was hier beginnt sind sehr klare, kaum verzehrt wirkende töne, die stark von Bläsern getragen werden. Oder auf einem fast schon verstörend sphärisch wirkendem Klanggebilde, das einen stark an entspannende Chillout-lounges denken lässt, schreitet es davon. Man hat zwar nicht direkt das Gefühl der Bedrohung, die man erwarten würde, aber halt die ganze Zeit das Gefühl, das etwas nicht stimmt. Bis dann urplötzlich dieser Punkt abreist und mit „They are coming“ doch ein leicht an 64-bit Töne teilweise erinnerndes Stück auftaucht, dass plötzlich Verfolgungsgefühle aufweckt. Und auf den letzten Tracks wechselt sich das dann ab mit einer eher versöhnlichen Melodie, die fast schon wieder Hoffnungsschimmer wachrütteln lässt. Als wäre eine egal wie marode Zukunft doch noch zu retten.
Und dann schließlich zum Abschluss das titelgebende Stück Into the light selbst. Dafür kann man letzten Endes noch einmal die Pressemitteilung selbst zitieren: „Am Ende ist da dieses verlockende Licht. Und wir erliegen seiner Versuchung.“ (9 Tracks)

Fazit
Ich habe schon in einer anderen Erdensternrezension geschrieben, dass Musik und die Assoziationsketten (respektive „Bilder im Kopf“, die sie wachrüttelt), nicht immer gleich den Intentionen entsprechen, die man haben soll. Ich habe „Into the light“ jetzt mehrmals Probeweise angehört und dreimal durchgehört. Und das Problem ist, dass ich hier (wie in den einzelnen abschnitten zu den jeweiligen Unterpunkten beschrieben) nicht unbedingt diese Assoziationen hatte, die in die entsprechende Richtung gehen sollten. Das mag auf den ersten Blick sich wie ein ästhetischer Schock lesen lassen, ist im Falle von Erdenstern aber nicht unbedingt weiter schlimm. Assoziationen (und Bewertungen) sind meistens extrem bockige, da hochgradig subjektive Maultiere. (Was auch daran liegen mag, dass jeder in Bereichen, die er auf irgendeine Weise als positiv oder negativ erlebt hat, sehr unterschiedliche Erwartungshaltungen einbringt.)
Und mir ist durchaus bewusst, dass ich gerade eine Menge Worte einfach so verschwende um hier ein Problem zu erklären, das vermutlich einige so nicht haben, oder nicht erwarten werden. Das Problem bei der Sache ist schlicht und ergreifend folgendes: Der Sakrale Teil versagt irgendwie hoffnungslos (für mich) bei der Erfüllung seines Themas. Dennoch sind die einzelnen Stücke auf ihre Weise gut. Ich bin mir nur nicht sicher, ob ich sie so wie gedacht am Spieltisch einsetzen würde (sollte ich Musik am Spieltisch einsetzen wollen).
Erdenstern sind bekannter Maßen verdammt gut und haben sich durchaus zurecht ihren Platz in der Rollenspielszene erkämpft (und ich gehöre durchaus auch zu den Fans der Bibliothek der fantastischen Musik) und auch hier haben sie eigentlich ein sehr sehr gutes Stück Arbeit hingelegt. Wenn auch zu einem Viertel halt am Ziel scheinbar vorbei. Die starke, stimmungsvolle Musik erfüllt weiterhin ihre Zwecke und sollte nicht verkannt werden und ich hoffe wirklich, das es mit der Sakralen Thematik nur mir so ergeht. Denn Erdenstern hatten im Grunde Recht: Into the light war eine wirklich bitter notwendige, das Projekt ihrer Bibliothek letzten Endes richtig rund abschließende Notwendigkeit.
Alles stimmt eigentlich und sollte damit auch jedem Fan der Erdenstern-Alben, als auch der normalen Nutzer noch das notwendige, fehlende Zusatzfutter liefern, das er braucht um seine Notwendigsten Fragen an Hintergrundmusik zu ergänzen.
Empfehlenswert ist das ganze also wie immer auf jeden Fall. Man sollte nur nicht unbedingt mit der „So ist das jetzt“-Erwartungshaltung an das Thema herangehen, sondern sich vielleicht noch einmal zurücklehnen und bei den problematischen Stellen lieber treiben lassen, seinen eigenen Ansatz findend. Und dann zuschlagen und nicht mehr loslassen.
Erdenstern haben einen riesigen Aufwand erbracht um sich zu verabschieden und durch die Jahre die Rollenspiellandschaft mit ihren Alben wunderbar ergänzt. Hier ist dies auch wieder der Fall.

Montag, 14. November 2011

Rezension: Edenstern - Into the Grey

Erdenstern - Into the Grey
Mit “Into the Grey” brachten Erdenstern 2009 das sechste Konzeptalbum ihrer Bibliothek der Fantastischen Musik heraus. Diesmal allerdings war das Thema etwas aus den bis dahin fantasynahen Konzeptalben herausgelöst und drehte stark sowohl an der Uhr, wie auch Unmengen Blätter aus dem Kalender gerissen wurden. Kein wunder, diesmal ist das Thema Science Fiction.

Diesem Umstand allein wird das Trio schon in der Covergestaltung gerecht: Handelt es sich diesmal bei dem fast schon archetypischen, zentral sitzenden Logo um einen goldenen Globus, der entweder als solcher, oder wegen seiner zusätzlichen Ausläufer als Solarmodell dienen soll und vor einem Hintergrund thront, dessen Muster die Oberfläche eines Dodekagons andeuten. Das alles weckt zumindest von der bildlichen Gestaltung her bereits Assoziationen (und Erwartungen) an Satellitenschüsseln und damit den Weltraum.

Und dort könnte bereits ein Problem liegen wenn man sich die Titel ansieht. Science Fiction beginnt ja nicht mit dem Verlassen der äußeren Luftschichten, sondern schon auf dem festen Boden unserer Erde. Into the Grey will demnach mit seinen 21 Stücken zwei Abenteuerbereiche abdecken: Die schmutzigen Abgründe in den hoffnungslos verfallenen Städten der nahen Zukunft des Cyberpunks wie auch die Leere und Schwerelosigkeit des Vakuums des Alls. Beide Bereiche sind für sich in der Hinsicht bereits keine leichte Aufgabe, da wir in der Erwartungshaltung jeweils eindeutig unterschiedlich vorgeprägt sind.

Bei direktem Hineinhören in den ersten Track “Interface” ist man dementsprechend dann auch zuerst einmal etwas irritiert: Beginnt das Stück doch mit dem weniger tragenden Piepsen eines Sputnik-Satelliten (oder etwas, das man in diesen Bereich einordnen möchte) um dann von dem rythmischen Klang noch recht alltäglicher Instrumente abgelöst zu werden. Das ganze geht dann ganz langsam in eine sehr tragende Melodie über, die aber nicht ihren Erdenstern-Charakter verliert. Insofern spielen sich hier noch klassische Erkennungswerte wieder, die man allgemein betrachtet für sich nicht sofort in dieses Genre packen will. Der Unterschied zu den anderen Stücken wird erst bei den nachfolgenden wirklich bewusst, die sich vom Titel her noch auf der Erde abspielen: Langsam kommen stärker abgehackte Klangbilder auf, die ihren elektronischen Hintergrund nicht verbergen und dabei eine bedrückende Stimmung wachrufen.
Insofern versuchen Erdenstern das Album über mit einem Spiel aus verschiedenen Elementen, einigen moderneren Aspekten, sowie stark abgehackt wirkenden Rhythmen dem Ganzen eine entsprechend dystopische Stimmung zu verleihen, was besonders stark beim Titelnehmendem Track “Into the Grey” schließlich einen gesonderten Höhepunkt findet.
Danach folgt im Klangteppich in sich langsam ein Bruch. Nach wie vor ist die Stimmung in “Downtown Blues” bedrückend, aber die Klänge verändern sich und bekommen etwas beschwinglicheres, nur um dann zwei Tracks weiter in “Pursuit Race” endgültig auszubrechen und eine gewisse Leichtigkeit zu erlangen, die man den doch sehr dunklen Klängen so nicht direkt zugetraut hätte.
Mit Mothership kippen die Stimmung endgültig in Richtung des Aufbruchs, die einen zumindest an die letzte Weite, die noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat erinnert. Sprich: hier ist endgültig der Wechsel in die Richtung, die jeder in erster Linie mit Science Fiction verbindet vollzogen, um dann mit “Capsule” wieder in eine stark abstrakte, abgehackte, sehr künstlich und beengende Soundkulisse abzugleiten. Auf dieser Ebene verläuft das Ganze danach weiter: Sehr schwere, tragende Klänge oder reine Rhythmik-Gebilde von bedrückender und verängstigender Natur bilden die Hauptelemente der weiteren Tracks, auch wenn diese in ihrer jeweiligen Art nicht ihren eigenen Zauber leugnen können. Insgesamt bleibt aber in so ziemlich allen einzelnen Stücken nicht das Gefühl der großen Mystik, wie es die Space Operas mit ihren zum Teil amerikanisierten Helden anlegen, sondern eher die schweigende, stille Bedrückung, die eher Filmen wie Bladerunner, Alien oder 2001: A Space Odyssey zu eigen ist. Der Sound in seiner Gänze erinnert eher an die großen Dystopien, als die Utopien. Hier treiben eher die Raumfahrer hoffnungslos verloren durch den Raum und die Raumschiffkapitäne ducken sich unter dem feindlichen Feuer, das die Hülle zu zerreißen droht.

Fazit

Ich weiß nicht ob es an der westlichen Mentalität liegt, oder ich einfach nur entsprechende Sichtweisen durch diese Lektüren aufgenommen habe: Die prägendsten Elemente innerhalb der Science Fiction machen diese dunkel, hoffnungslos und dystopisch. Es scheint fast schon ein ehernes Gesetz zu sein, dass man innerhalb eines guten Romans (oder überzeugenden Films) eine Ansammlung von Anti-Helden und skeptischen Zukunftsprognosen wahrnimmt. Aber letzten Endes geben auch die Soundtracks, die in diesen jeweiligen Bereichen angelegt sind immer wieder das entsprechende Klangbild her. Das verbindet “Into the Grey” mit vielen anderen Größen in diesem Bereich. Und das ist exakt das, was man letzten Endes in diesem Bereich auch stimmungstechnisch erwarten sollte.
Into the Grey erfüllt mit seinem (für Erdenstern-Verhältnisse) experimentalem Soundset von sehr starken Verzerrungen und deutlich künstlichen Klangkulissen, jenseits allen typischen Instrumentaleigenheiten eben diese Erwartung eines pessimistischen Zukunftsbildes, in dem sich die schlimmsten Befürchtungen und größten Zukunftshoffnungen wiederfinden lassen. Man kann mit diesem Album eine Menge unglaublicher Szenen durchaus bespielen (falls sich die Spieler darauf einlassen) jedoch muss man immer im Hinterkopf behalten, wessen Kind die Science Fiction-Abenteuer allgemein immer schon waren und sich daran orientieren. Insofern trifft das Album ziemlich deutlich meinen Geschmack, da ich jemand bin, dessen Herz für die großen der Science Fiction schlägt, die sich irgendwie fast alle immer wieder in den dunklen Weltbildern einer fernen Zukunft wiederfinden. Ob es sich dabei um Realisten oder Pessimisten handelt sei mal dahingestellt. Erdenstern haben hier auf jeden Fall ein wunderschönes Werk hingelegt, das von der musikalischen Untermalung her für einige wunderbare Szenen am Spieltisch sorgen wird. In dieser Hinsicht kann man “Into the Grey” nur weiterempfehlen und Jedermann wärmstens ans Herz legen, sich das Ganze anzuhören.

Rezension: Stanislaw Lem - Rückkehr von den Sternen

Cover: Stanislaw Lem
Rückkehr von den Sternen
Verlag: List
Ich vertraue nicht auf Versprechungen und glaube nicht an Versicherungen, die sich auf einen sogenannten Humanismus berufen. Gegen eine Technologie hilft nur eine andere Technologie. Der Mensch weiß heute mehr über seine gefährlichen Neigungen als noch vor hundert Jahren, und nach weiteren hundert wird sein Wissen noch vollkommener sein. Möge er dann davon Gebrauch machen.

Stanislaw Lem – Summa Technologiae

Die Geschichte von der Rückkehr von den Sternen ließe sich eigentlich relativ simpel zusammenfassen: Hal Bregg, ein Kosmonaut, ist nach einem 10-jährigen Flug durchs Weltall nach Hause zurückgekehrt und will hier wieder leben. Wenn da nur nicht irgendwann mal jemand die Gesetzmäßigkeit aufgestellt hätte, dass für einen Gegenstand, der annähernd mit Lichtgeschwindigkeit fliegt die Zeit deutlich langsamer vergeht als für jemanden, der ohne Lichtgeschwindigkeit lebt. Auf der Erde sind nämlich während Breggs Abwesenheit annähernd 123 Jahre vergangen und er findet sich nicht nur in einer technologisch weiterentwickelten Welt wieder, sondern in einer Welt, die sich gänzlich verändert hat und so ziemlich gar nichts mehr von dem vorweist, was er eigentlich erwartet hätte.
Eines der ärgsten Probleme der Menschheit ist nämlich auf radikalem Weg gelöst worden: Durch ein besonderes Verfahren sind sämtliche Menschen einem ihrer ureigensten, bestimmenden Triebe entledigt worden: Dem Hang zur Gewalt. Und dementsprechend hat sich die Gesellschaft auf die Bregg trifft, radikalst auf den Kopf gestellt. Er, der technische Neandertaler wird geradezu verabscheut und verzweifelt beinahe daran. Doch wie das so ist: Jetzt muss er sich in sein Schicksal fügen und versucht dies auch, wobei er weitestgehend den Problemen aus dem Weg zu gehen versuchen will. Das Problem wird nur in dem Moment verzwickt, als er sich in eines dieser unglaublich sanften, vor ihm teilweise ängstlich zurückweichenden Wesen verliebt.

Fazit:
Science Fiction ist für mich schon lange nicht mehr die Space Opera, wie sie von Star Trek, Star Wars oder auch (wenn wir aktueller sein wollen) Andromeda formuliert wird. Um genau zu sein haben mich die erstgenannten sogar eher langfristig für eine Zeit lang gänzlich von dieser Lektüre vertrieben. Das ich jetzt hier überhaupt über eben dieses Genre schreibe, ist Autoren wie Lem oder Gibson zu verdanken, die mit einem deutlich soziologischerem Auge an das Thema herangegangen sind. Das Problem dabei ist, dass die Geschichten dabei durch die Bank weg einen starken dystopischen Charakter haben. Bei “Rückkehr von den Sternen” handelt es sich um eben einen solchen dystopischen Roman, der sich zum einen mit der Frage beschäftigt was passiert, wenn jemand mit einem extrem niedrigen, technischen Hintergrund auf Technologien trifft, die für ihn bereits in die Natur der Magie fallen. Genauso wie mit der Frage nach der menschlichen Natur, was diese Ausmacht und was passiert, wenn man eine zentrale Charakteristika in eben diesem Wesen radikal verändert. Das ungewöhnliche bei dieser Sache ist, dass dabei eine ungewöhnliche Gesellschaft am Ende entsteht, die trotzdem irgendwie Lebensfähig ist, aber zeitgleich auf seine Weise nur deswegen existieren kann, weil sie keinerlei anderen Input mehr erhält. Anders ausgedrückt: Der Frieden, den man sich von der Zukunft wünscht und der alle miteinander verbinden soll, wird auf seine Weise hart erkauft sein und auf diesem Weg für eine entsprechend allgemeinere Vorstellung irgendwie erschütternd. Und genau hier spielt Lem auch mit verschiedenen Ebenen von Vorstellungen, die bis in die heutige Wissenschaftsethik aktuell geblieben sind: Das Problem, dass man die Bedeutung und die Wirkung eines technischen Prinzips nur schwierig abschätzen kann, wenn man es nicht einsetzt. Zeitgleich stellt sich hierbei auch dar, dass man lediglich auf den zweiten Blick eine scheinbar erfolgreiche Lösung wirklich richtig beurteilen kann. Auf diesem Weg bleibt meistens eine weit gehaltene Sichtweise aus verschiedenen Blickwinkeln wohl leider doch notwendig.
Rückkehr von den Sternen, oder wie es in früheren Übersetzungen noch hieß – Transit – ist ein sehr schön geschriebener, spannender Roman der mit seinen kritischen Gedankenspiel auf mehreren Ebenen zum Nachdenken anregt. Nicht nur über die Möglichkeiten und Albträume, die die Wissenschaft verursacht, sondern auch über gesellschaftliche Gegebenheiten und Konzepte. Jedoch muss man sich für diese spezielle Art der Science Fiction begeistern können, um damit etwas anzufangen.

Dienstag, 8. November 2011

Rezension: Spiel der Türme (Pathfinder Abenteuermodul)

Cover: Pathfinder Modul Spiel der Türme
Verlag: Ulisses Spiele
“Pathfinder Modul – Spiel der Türme – Ein Abenteuer für Stufe 9″ steht auf dem Cover des 32 Seitigen Hefts, das Ulisses Spiele zur Spiel 2011 herausgebracht hat. Das Cover selbst zeigt eine Magierin, die sich in einem Kampf gegen mehrere Rabenwesen der eigenen Haut erwehrt, alles im Pathfinder eigenen Bilderstil, der ja bereits weitestgehend durchs Web gegeistert sein könnte. Ein besonderes Schmankerl dabei ist, dass auch der Innenteil in eben diesem aufwendigen, vollfarbigen Druck weiterhin aufrecht erhalten worden ist und das Abenteuer auf der optischen Ebene schon mal durchaus Pluspunkte ergattern kann.

Worum geht es also? Zur Vorgeschichte des Abenteuers berichtet der Heftrücken: “In ganz Golarion nutzen varisische Wahrsager das mystische Turmkartendeck, um das Schicksal zu lesen und die Zukunft zu deuten. Nur wenigen ist es aber gelungen, die geheimnisvollen Karten im selben Umfang zu meistern wie die längst verstorbene Sonnorae, eine Bardin aus dem Zeitalter der Finsternis.

Aus Furcht, dass ihre Geschichtensammlung mit ihr sterben würde, erschuf Sonnorae innerhalb ihres Turmkartendecks eine Halbebene für ihre Erzählungen. Mit der Zeit entwickelten diese Geschichten ein Eigenleben und verschmolzen mit den Bildern der Karten. Doch nicht alle Geschichten haben ein gutes Ende und das Geschichtenvolk, das im Turmkartenreich wohnt, hat längst eigene Motivationen und Pläne entwickelt, strebt nach Macht und will sogar in die wahre Welt fliehen.“

Das Abenteuer selbst bietet als Auftakt, dass die Spielgruppe mit dem Auftrag einen vermissten Gelehrten zu suchen schließlich selbst in eben dieses Taschenuniversum gerät. Hier können sie dann den verschiedenen Figuren aus den Erzählungen der Bardin begegnen, die aber allesamt ein Problem für die Spieler vereinen: Wollen sie wieder aus der Turmwelt heraus, müssen sie irgendwie mit eben diesen Figuren klarkommen und sich auf die eine oder andere Art auseinandersetzen (Kampf inbegriffen).

Hier beginnt eigentlich das Problem der ganzen Geschichte: Das Abenteuermodul liefert einem eine Gruppe von einzelgängerischen Individuen, den sogenannten Verschwörern, die das Turmreich beherrschen, zusammen mit Werten, einigen wenigen aktuellen Beziehungsgeflechten und wenigen skurrilen Ortschaften, an denen man die Personen finden kann. Innerhalb dieser Beziehungen entsteht etwas, dass man als Microplot bezeichnen könnte. Und die wenigen Ortschaften sind dabei kaum großartig ausgestaltet. Es wirkt so, als wenn keine größeren Zwischenereignisse innerhalb dieses Szenarios geplant seien, und die Spieler einfach nur von Punkt a nach Punkt d über die Punkte b und c reisen sollten. Dazwischen herrscht ein größeres Vakuum ohne gesonderte Ereignisse (wenn man von ein paar wenigen Begegnungen an NSCs jenseits der Verschwörer absieht, die ein direktes Anhängsel zu den HauptNSCs sind, quasi die Vorzimmerdamen). Man weiß zwar was als Idee hinter dem Taschenuniversum des Turmkartenreichs steckt, wie seine Bewohner funktionieren und woher sie ursprünglich stammen, aber das war dann auch schon Alles.

Fazit:
Ich bin mir nicht wirklich sicher, wie ich dieses spezielle Abenteuer einordnen soll. In meinen Augen ist an der ganzen Geschichte eigentlich zu wenig dran, um wirklich als einzelnes Abenteuer zu funktionieren. Im Grunde genommen haben wir hier das Metagerüst für einen kurze Kampagne. Wir haben ein paar Kreaturen mit ganz besonderen Eigenschaften in verschiedenen Situationen und einen großen, bösen Obermotz am Ende. Eigentlich wäre das ja schon fast genug, wenn irgendwo ein wenig mehr Stringenz im Aufeinandertreffen der einzelnen Figuren läge. Der in diesem Sinne surrealistisch wirkende Charakter macht das Ganze zwar nicht unbedingt schlecht, weil die Art der Welt insgesamt eben ungewöhnlich ist, aber genau deswegen fehlt innerhalb des ganzen die alltäglich wirkende Komponente, die den Ausbruch aus diesem kunterbunten Flickwerk ermöglicht. Insofern muss der SL noch ein wenig mehr Arbeit in die ganze Geschichte stecken, indem er eventuell zwei bis drei zusätzliche Seitenlinien in diesen Hauptstrang mit einfließen lässt, aber danach sollte sich wohl auf jeden Fall eine ziemlich überragende Kampagne daraus zimmern lassen, die nur vor Verrücktheit so glänzen würde. Aber dazu bedarf es vermutlich wie so oft ein gewisses Gespür, was hineinpasst und dem Geschmack der Spieler entspricht.

Wie gesagt: Ich persönlich finde die Ideen, die in dem Abenteuermodul enthalten sind wirklich toll. Jedoch kann ich mir nur bedingt einen wirklich runden Charakter am Spieltisch vorstellen, wenn man nur das Material aus dem Heft aufgreift. Aber das sind dann wie so oft diese kleinen Probleme, die am Spieltisch entschieden werden.
Die Bestnote kann man dem Abenteuer sicherlich nicht geben. Aber aufgrund einer ganzer Menge interessanter Ansätze, die Ideen durchaus auch beflügeln können, ist das Spiel der Türme sicherlich sehr Nahe an dieser angesiedelt.