Sonntag, 6. April 2014

Warum Photoshoptutorials für Lomografie einen Wiederspruch in sich darstellen.

Foto: Hauke Weymann
Bild wurde mit einer Holga 120 CFN aufgenommen
Okay, dieser Artikel mag jetzt gerade ein wenig "Kleinkariert" wirken, aber der Künstler in mir schreit gerade innerlich einfach nur vor Wut, wie dämlich jemand sein kann, der eine solche Artikel-Überschrift verzapft. (Und wenn man google nötigt ist dieser Irrglaube anscheinend gar nicht mal so selten, sondern extrem weit verbreitet.)

Warum regt mich das im Augenblick auf? Ich vertrete doch diesen extrem "liberalen" Kunstbegriff der Warhnehmung. Das liegt letzten Endes daraun, dass diese Tutorials bestimmte Effekte, die Abfallprodukte der Lomografie ausmachen, in den Fordergrund setzen. Ja, in der Lomografie nutzt man Fotokameras. Ja, diese Fotokameras produzieren bestimmte Artefakte, welche durch besondere Farb- und Lichtqualitäten sich auszeichenen. Nein: Auf diese Artefakte kommt es bei der Lomografie absolut nicht an.

So wie ich Lomografie sehe und begreife, bediehnt sich der verwenden dieser billigen, qualitativ schlechten Kameras eines besonderen Tricks, was ihr selbstverständnis anbelangt: Die Fotografie geschieht aus der Hüfte, ohne Blick auf den Sucher und was in ihm sich befindet. Ein Katalog mit lomografischen Artefakten, den ich vor Jahren mal in der Hand gehalten hatte, trug den Titel "Don't think, just shoot". Ich nutze diesen Titel, um eine Interpretation des lomografischen Prozesses an sich begreifbar zu machen: Dadurch, dass man nicht durch den Sucher blickt, sondern die Kamera in eine Richtung hält und abdrückt, ist das Foto an sich beim ganzen Prozess der Lomografie nur folge einer performativen Handlung. Bei dieser performativen Handlung geht es aber nicht um die Auswahl eines Motivs, wie es die Fotografie ausmacht, sondern um das bewust werden des eigenen Körpers innerhalb eines spezifischen Raumes zu einem bestimmten Zeitpunkt.
Das heißt, dass nicht die Fotografie in irgendeiner Weise von Bedeutung beim Lomografieren ist, sondern der Moment in dem ich den Auslöser drücke, weil meine Körperhaltung mit der Kamera in der Hand, die ich in der Hüfte halte, mir den entsprechenden Impuls gibt, weil es sich richtig anfühlt.

Aus dieser Handlung heraus entspringt dabei natürlich, weil selbst ein rein performativer Umgang mit einem Fotokamera letzten Endes ein Akt des Fotografierens ist, das Artefakt des Fotos selbst. Diese geknippsten Bilder allerdings zeigen vom Motiv her selbst keinerlei bedeutungsfollen Abbildungen. Das Motiv war von Anfang an ohne jegliche Bedeutung.

Und jetzt kommt innerhalb des perfomartiven Umgangs mit Lomografien das ins Spiel, was die Photoshop-Tutorials fehlerhafter Weise als "lomografischen Stil" bezeichnen. Die analogen Kameras der Lomografie, seien es jetzt die sowjetische Lomo-LCA oder die chinesische Holga bestechen in der Regel durch Fabrikationsfehler noch und nöcher. Unter anderem führt das dazu, dass die Filme, welche in diese Kameras eingelegt werden nicht vollständig Lichtdicht im Kamera-Gehäuse ruhen, was unter anderem zu Farbfehlern im Endeergebnis führen kann.
Natürlich könnte man jetzt behaupten, dass gerade diese Farbfehler das besondere Empfinden im ästhetischen Erlebnis von lomografischen Artefakten ausmacht. Das Problem hierbei ist aber, dass die propagierte Selbstverständlichkeit wieder ein performativer Umgang mit den Artefakten ist. Technisch betrachtet besagt das, was die Community der Lomografie von sich selbst behauptet nämlich aus, dass man die beim Lomografieren entstanden Bilder zwar bewusst auswählt, um eine Präsentation damit durchzuführen. Aber: Diese Präsentation hat dabei weniger den Charakter einer fotografischen Präsentation, sondern eher den Charakter der Präsentation eines Atlas-Verfahrens. Man sortiert die Bilder, dass sie zu einem stimmigen Gesamtergebnis hinsichtlich der eigenen Intuition im Rahmen des eigenen Bildumgangsspieles werden.

So, wie ich diese Angelegenheit sehe, werden die Fotos als nicht als Bilder, sondern als Bausteine betrachtet, welche in ihrer objektiven Farblichkeit ein stimmiges Ergenis als Gesamtheit und nicht als wiedergegebene Einzelmotive von sich geben.

Was diese Fotoshop-Tutorials jetzt aus diesem Ramen heraus machen ist folgendes: Sie rücken anstelle des performativen Prozesses des spielerischen Umgangs mit Bausteinen mit einem Mal wieder das Motiv in den Fordergrund. Was ich im Ramen eines solchen Prozesses also mache ist die gezielte Auswahl eines Fotos, dessen Motiv ich in diesem Zusammenhang als Lomografie geeignet bestimme und dementsprechend bearbeite. Dadurch werden aus Bausteinen, mit denen man Spielt wieder einzelbilder, denen man in gewisser Weise einen mystischen Eigentwert zugesteht. Aus dem lomografischen Leben des Moments wird wieder ein fotografischer Prozess der Motivauswahl. Und dieser Umstand ist überaus bedenklich.

Es ist klar, dass gerade digitale Fotografen gerne die Optik der Lomografien wieder für sich gewinnen würden, jedoch ist dieser Photoshop-Weg dabei die falsche Philosphie. Hier sollte eher Einfluß auf die Produzenten von digitalen Kameras genommen werden, um dafür zu sorgen, dass auch die digitale Welt den entsprechenden Lebensstil der analogen Lomografie durchleben kann.

Ich denke nicht, das jeder meine Ausführungen hier vollständig nachvollziehen kann oder will, aber diejenigen, die sich mit der Thematik der Photografie und gerade in diesem Zusammenhang mit den stilgebenden Selbstverständnissen der letzten Jahrzehnte auseinandergesetzt haben, sollten ein paar Möglichkeiten bekommen haben, noch einmal über das Thema in seiner Gesamten Problematik nachzudenken.

Denn gerade in der Lomografie ist nichts so ernst wie die bedeutungslosigkeit des Motivs.

Dienstag, 1. April 2014

Rezension: Die Auferstehung des Runenkaisers (Der zerbrochene Stern 6/6)

Cover: Die Auferstehung des Runenaisers

Verlag: Ulisses Spiele
Wir hatten uns in den vergangenen 5 Teilen des Abenteuerpfades „Der zerbrochene Stern“ durch allerhand Katastrophen gekämpft, die mit dem gefallen Tassilon und seiner ehemaligen Herren, der Runenherrscher irgendwie etwas zu tun hatten. Um genau zu sein, jagten wir die ganze Zeit nach 7 verschiedenen Splittern eines zerstörten Artefakts, das mehr oder weniger die Funktion eines McGuffins einnahm hinterher.

Das hier ist jetzt der letzte Teil: Die Auferstehung des Runenkaisers.

Um was geht es? Technisch betrachtet macht man hierbei einen kleinen Ausflug in die Vergangenheit, bevor die Runenherrscher Tassilons sich erhoben hatten.

Das Abenteuer beginnt mit einer großen Feierlichkeit, welche das erneute Zusammenfügen des Sidehedrons darstellt. Und damit beginnen dann die Probleme für Magnimar.

Denn die Mühselig zusammengesammelten sieben Teile des großen McGuffins wieder vereint wurden erhebt sich die Stadt Xirr vom Meeresgrund und verursacht Katastrophen in tsunamischen Ausmaßen. Da Magnimar als Folge davon auch von boshaften Kreaturen überfallen wird, müssen die SCs sich der Vergangenheit von Tassilon und dem einwirken der Runenherrscher Stellen. Es verschlägt sie in den aufgetauchten Kristallpalast des Runenherrschers Xirr, der auf seine Rückkehr wartet.

Prinzipiell heißt das also, dass auch dieses Abenteuer erneut auf die gleiche Weise stattfindet, wie zuvor: Mit einem Dungeoncrawl. (Ich hatte ja schon bezüglich des letzten Teils „Im inneren des Alptraums“ angemerkt, dass man als Spieler langsam aber sicher das Tageslicht vermisst. Immerhin weißt auch dieser Dungeon jetzt wieder die (zumindest subjektiv wahrgenommene) durchdachtere Vorgehensweise auf, welche ja in einem anderen Band gefehlt hatte. Thematisch ist jedes Monster mit einem eindeutigen Grund platziert worden, der passt. Und selbst die ein bis zwei unpassenden Wesen haben einen echten Grund anwesend zu sein.

Nach den bereits üblichen Einträgen bezüglich besonderer Gegenstände und NSCs folgt hierbei dann ein für diesen Abenteuerpfad eigentlich recht wichtiges Ding: Vorschläge, wie man das bisherige Ende noch einmal etwas ausschmücken kann und nach dem bestandenen Endkampf mit den bis hierhin erreichten Ergebnissen und Auswirkungen weitermacht. (Und das macht hierbei durchaus Sinn, und sei es nur um Entweder eine neue Gruppe kleinerer Anfänger-Helden nochmal durch die Nachwehen zu jagen, oder aber die großen Helden von Magnimar jenseits des Ganzen beschäftigt zu halten.)

Unvermeidbar ist in diesem Band wohl das darauf folgende Kapitel über die Runenherrscher von Thassilo. Auf je einer Seite wird hier auf den Hintergrund der korrumpierten, ehemaligen Schüler des Runenkaisers eingegangen. Begleitet von Hinterlassenschaften und Relikten. (Eines der tragenden Themen Golarions ist ja der Umstand, das die vor langer Zeit gefallenen Herrscher Thassilons zurückzukehren drohen.)

Im Kapitel „Kind eines fernen Sterns“ findet die Kurzgeschichte „Die Chroniken der Kundschafter“ ihren Abschluss.

Und auch im Bestiarium erwarten uns erneut einige verschiedene Personen:

Azata, Raelis: Eine Celestische auf der Suche nach Geshcichten über Wunderbares und Heldenmut.

Die lebende Rune ist ein Wesen, dass sich selbst ständig Neubildet und dabei zu Symbolen magischer Macht wird, während es sich umschreibt.

Mechanismus, Meschanischer Drache: Hierzu muss man eigentlich nicht mehr all zu viele Worte verlieren. Es ist ein Drache. Nur das er nicht lebt, sondern eine Konstruktion ist.

Mezlan: Eine Art formloser Klumpen, der sich in eine humanoide Gestallt verwandeln kann. Irritierender Weise handelt es sich hierbei um eine Art künstlich erschaffene, magische Lebensform.

Und den Abschluss bildet wie immer eine entsprechende Ansammlung an Karten, welche den Kristallpalast wiedergeben.

Kurz zum Abschluss noch ein Wort zur Aufmachung: Das Cover ist Okay, dafür, dass hier im Grunde zwei Illustrationen überlappt wurden. (Der Hintergrund ist der Kampf um Magnimar nach der Tsunamiwelle. Im Vordergrund sieht man das mechanische Reliquium, welches die heutige Form des Runenkaisers, Xin, darstellt. Soweit so gut: Hierbei handelt es sich eigentlich um ein paar sehr gute, ansprechende Illustrationen.

Sobald man dann aber ins innere geht sind die Illustrationen erneut eher durchwachsen. Es sind ein paar sehr schöne darunter (wie gesagt: Unter anderem stellt das Cover ein paar sehr schöne Bilder da), aber an einigen Stellen stören dann ein paar sehr bemüht wirkende Konturlinien, welche vor allem Gesichter zwar beschreiben sollen, dann aber eher wie Fremdkörper aussehen.

Fazit:

Gott… insgesamt betrachtet bin ich im Moment ein wenig gereizt, wenn ich diesen Abschluss des Adventurepfades rund um den zerbrochenen Stern beurteilen soll.

Zugegeben: Er ist rund und wirkt stimmig. (Und die Tatsache, das man ein wenig mehr über den Runenkaiser hierbei erfahren kann ist durchaus einen lohnenswerten Blick wert.)

Aber: Subjektiv betrachtet macht sich hierbei jetzt wirklich eine extreme Übersättigung breit. Es ist der xte-Dungeon, der auf den xten-Dungeon folgt. Mir ist durchaus bewusst, dass es sich hierbei um den klassischen Spielstil handelt, der noch vor allen anderen Abenteuermethoden gerade in der D&D-Szene sich ausgebreitet hat. Aber diese Anhäufung macht dann fast schon wieder Lust, einfach die Flucht zu ergreifen und hiernach etwas zu starten, dass nach Möglichkeit sehr viel Zeit über den Wolken voraussetzt. (Gibt es sowas wie Luftschiffe auf Golarion? Ich bin mir gerade nicht sicher.)

Von daher mag das hier jetzt ein wenig verstimmt klingen, da ich selbst kein Dungeoncrawler bin.

Wie gesagt: Ich erkenne das Ganze vom Handwerklichen als sehr gut gemacht an. Wer sich wirklich mit solchen Herausforderungen gerne herumschlägt dürfte eine Menge Spaß mit „Die Auferstehung des Runenkaisers“ haben, aber irgendwie betrübt mich das Ganze ein wenig.

Und wie gesagt: Ich habe ein wenig das Gefühl, dass meine bisherige relativ hohe Begeisterung für die Illustrationen von Pathfinder gerade nachlässt, weil ich bei sehr vielen Bildern den Stil als nicht so Rund wahrnehme. Das kann jetzt Jammern auf hohem Niveau sein, aber ich habe halt das Gefühl.

Von daher ist mein Eindruck hierbei, wie bereits gesagt sehr durchwachsen. Spielt das Abenteuer, wenn ihr die entsprechenden Voraussetzungen mögt. Aber auch nur dann, denn wie bereits gesagt: Diesmal handelt es sich auch nur wieder um Höhlen, nur mit deutlich höherem Glitzerfaktor.