Montag, 23. Mai 2011

Rezension: Drachen über Larm (Abenteuer für Labyrinth Lord)

Cover: Drachen über Larm
Verlag: Mantikore Verlag
Aller guten Dinge sollen ja bekanntlich drei sein und so bringt mit Drachen über Larm der Manticore-Verlag jetzt seine dritte Veröffentlichung für sein Rollenspiel Labyrinth Lord heraus. Allerdings ist man erstmal ein wenig erschrocken, wenn man das im Vergleich zum Grundregelwerk und den Larm Chroniken geradezu magersüchtig-dünne Heftchen in der Hand hält. Wobei der geringe Umfang dieses Mal auch Programm ist: Es handelt sich nur um ein einziges Abenteuer, mehr nicht. Die knapp 32 Seiten sind mit einem Einband aus stabilem Karton versehen und weisen ein durchaus streitbares Cover in leichtem Comic-Stil auf, das einen der namensgebenden, mit Pfeilen gespickten Drachen beim Nachtflug zeigt. Moritz Mehlem wirft mal wieder ein Abenteuer für Charaktere der Stufen 1-2 in den Ring, das aber diesmal die volle Tödlichkeit des LabLord-Systems offenbaren soll und sich somit wohl eher an Spieler richtet, die entweder bereits anderweitig einige Abenteuer mit LabLord hinter sich gebracht haben, alte D&D-Veteranen sind, oder zumindest die Larm-Chroniken erlebt haben.

Aber worum geht es? Kurz gesagt: Der Aufhänger ist ein großer, weißer Drache, der das kleine Dörfchen Larm heimsucht um dort Schafe zu reißen, bis es den Dorfbewohnern zu bunt wird und sie sich zu wehren beginnen. Doch da dies nicht genug ist, fallen im Anschluß auch noch Echsenmenschen über die armen Herden her und verschleppen einzelne Schafe in die nahen Sümpfe. Genau diese Umstände führen erneut dazu, dass eine Expedition von Abenteurern in selbige geschickt wird um herauszufinden, warum eine dermaßen große Horde an Echsenwesen aus der entsprechenden Richtung für Ärger sorgt und schließlich über ein Dorf der Echsenmenschen stolpert, die Drachen als Götter anbeten.
(Hierbei muss man allerdings erwähnen, dass eine Karte des Echsenmenschendorfes Ssirres aufgrund irgendwelcher mysteriöser Umstände nicht ins Heftchen geschafft hat. Mittlerweile steht sie zumindest auf dem Blog von Moritz Mehlem zum Download bereit. Die Website des Mantikare-Verlag soll wohl noch folgen.)

Das alles ist weitestgehend in der üblichen LabLord-Manier mit Zufallsbegegnungen und den dazugehörigen weiteren Daten versehen, auch wenn letzten Endes das Vorhandensein der beiden anderen deutschen Produkte vorausgesetzt wird. (Mit Azurmolch, Donnerbaum und Mantiskrieger werden aber auch drei neue Monster für LabLord vorgestellt werden.)

Fazit

Zugegeben: Viel ist es nicht, was auf den 32 Seiten an eigentlichem Material zu finden ist. Jedoch muss man dabei hinzufügen, dass es sich hier vermutlich um eine Reaktion auf die in letzter Zeit sehr laut gewordenen, kritischen Stimmen handelt, die LabLord und damit auch die komplette Spielweise ausschließlich als System für Dungeoncralws hinstellen (wenn man sich das Regelwerk durchsieht scheint es auch für diesen Zweck geziehlt abgestimmt zu sein).
Allerdings heißt die Grundthematik (anders als in den meisten Abenteuern der Larm-Chroniken) hier nicht „Dumme Kreatur macht Rabatz in Höhlensystem“. Ein Dungeoncrawl als Möglichkeit ist zwar weiterhin enthalten, ähnlich wie die Möglichkeit alles durch simple, stumpfe Gewallt zu lösen, jedoch ist das nicht der Hauptgrund hinter der ganzen Idee. Das Abenteuer ist mehr auf die Aspekte Interaktion und Verhandlungsgeschick ausgelegt, um scheinbar auch andere Interessensgebiete der unterschiedlichen Spieler und Spielleiter hier zu bedienen.

Ob dieses Abenteuer wirklich ein tolles Erlebnis ist, muss sich in der Praxis zeigen. Einfach so aus dem Handgelenk geschüttelt, wie den durchschnittlichen Dungeoncrawl, bekommt man das Abenteuer sicher nicht, aber es dürfte auch nicht zu viel Aufwand für einen SL sein, um das Ganze vorzubereiten. Insofern handelt es sich bei Drachen über Larm durchaus um ein nettes Abenteuermodul.
Unschön an der ganzen Geschichte ist allerdings die Tatsache, dass ein Monster auf der Wegstrecke auftauchen kann, das den Kampagnen-Band der Larm-Chroniken voraussetzt. Dadurch dass Larm zwar in gewisser Weise als einziges Settingbuch für LabLord in Deutschland derzeit (noch) als vorhanden erwartet werden kann, ist dieser Umstand nicht ganz so schlimm. Da aber LabLord selbst ja ein generisches System für jede beliebige Welt sein will und Drachen über Larm durchaus kein so zentral ausschließlich in Larm funktionierendes Abenteuer ist, wäre es durchaus schön gewesen, wenn die wilden Hunde als solche entweder auch noch im Abenteuer mit Werten hinterlegt worden wären, oder aber anderweitig zugänglich gemacht würden. (Je mehr Abenteuer erscheinen desto komplizierter wird es langfristig einfach, wenn jedes Abenteuer erstmal wieder einige zuvor erschienene Publikationen voraussetzt, in denen man dann „nur“ mal eben irgendein Vieh nachschlagen muss.) Wie gesagt: Das ist Zukunftsmusik, aber bei solchen „Kleinigkeiten“ sind dann langfristig die Details der interessante Part.

Insofern versucht Drachen über Larm einen Spagat zwischen der großen Klopperei und mehr Möglichkeiten für Charakterspiel, als es zuvor der Fall war. Gerade Zweiteres setzt aber auch die entsprechende Bereitschaft sowohl von Seiten des SLs als auch der Spieler voraus. Aber dadurch, dass genau diese Möglichkeiten als Lösungsansätze direkt mit eingeplant worden sind, sieht man auch, dass die bereits in Foren langsam aufkommende Kritik zumindest ernstgenommen wurde und hier neue Ansätze LabLord zu nutzen aufgezeigt werden. (Für einige andere Leute fehlt da zwar die Feingranulierung im Bereich der Attribute, aber es ist machbar). In diesem Bereich ist es zwar keine großartige Story mit vielen Kniffen und großen Wendungen, sollte aber immerhin ein paar nette Spielabende mit sich bringen.