Montag, 24. November 2014

Rezension: Judith C. Voght: Geister des Landes 02: Gesichtslos

Cover: Die Geister des Landes 02

Gesichtlos

Verlag: Ammianus-Verlag
Und da hätten wir auch schon den zweiten Band der Trilogie rund um die Nerds in der Eifel. Die etwas komplizierten Erzählungen rund um Dora, Gregor, Fiona und Edi mitsamt den daraus erwachsenen komplizierten Beziehungen gehen weiter und werden dabei ausgebaut.

Inhaltlich kann man die Geschichte folgendermaßen kurz anreißen:
Im Grunde kann man sagen, dass die Beziehung zwischen Gregor und Fiona, die in einem wenig überzeugenden Moment sich zusammengefunden hatten, jetzt aus dem Kitt gerät, weil Fiona immer öfter ausweichend reagiert.
Dazu kämpft Dora mit ihrem „Job“ als Juffer. Und ansonsten beginnen die Jugendlichen langsam Kontakte mit der sie umgebenden, übernatürlichen Umwelt aufzubauen. Das dummerweise Fionas seltsame Träume dabei ständig eine unglaublich wichtige Rolle spielen, fällt weiterhin auf, wenn auch eher durch ihre schulischen Leistungen. Und gerade die unauffälligen Männer schlagen jetzt schon wieder zu, auch wenn es sie weniger in direktem Umfeld der Eifel, als vielmehr in Aachen umtreibt, wo Dora und Fiona einen Tanz mit den beiden Reitern Pest und Tod im Traum vollführen.
Und das Frau Wolter, die ja im letzten Buch als stilistisches Stilmittel des Deus ex Machina fungierte hier mit einem mal eine wesentlich geheimnissvollere Rolle zukommt, sollte auch nicht unerwähnt bleiben.
Das Ganze findet darin seinen Höhepunkt, dass die wölfischen Nazis, die im ersten Band nur eine kurze Einzelszene bildeten, hier ihren großen Auftritt als „der“ Bösewicht haben, die aus einem unerfindlichen Grund Fiona entführen.

Schuf der erste Band erst einmal einen Status Quo, der überhaupt ein Setting für die Situation ausformulierte und dabei eine Art wegrichtung erschaffen wurde, wird jetzt im zweiten Band ein wenig Bruchglas produziert. (Ich will nicht unbedingt behaupten, dass das Glas in Splittern am Boden liegt, aber die Ausgangslage von Band 1 wird hier durchaus kräftig zerstört und durch neue Aktzente ersetzt. So das am Ende jeder eine neue Rolle in der ganzen Geschichte genießen dürfte.)

Es bleibt zwar auch weiterhin unklar, was das Ziel der unauffälligen Männer ist, aber diese werden immer wieder mit neuen Zielen versehen. (Mittlerweile würde ich wirklich vermuten, dass ihr „Ziel“ irgendwo im Bereich der totalen Banalisierung der Welt liegt. So das am Ende Phantiasie keinerlei Rolle mehr spielt.)

Das alles bleibt in den sehr lesenwerten Schreibtstil von Judith C. Vogt gehalten, der sich einfach so runterlesen lässt. Und die damit verbundene Neuentdeckung des mündlichen Mythengutes eines ganzen Landstrichs, der so eigentlich kaum Beachtung geschenkt bekommen hat... solange man von seiner kriminellen Seite mal absieht.

Fazit

Eigentlich kann ich zu diesem Band nicht so viel sagen. Man hat nach dem lesen das Gefühl, dass hier eher etwas vorbereitet worden ist, dass mehr ein spektakuläres Finale werden soll, obwohl auf den Seiten des Buches natürlich auch so sehr viel passiert. Prinzipiell ist es schön, dass der Werwölfsmythos hier auf einer der anderen Erklärungen, als die übliche „Infektionskrankheit“ fußen. Und es ist interessant mitzubekommen, woran sich eventuell die Ziele der unauffälligen Männer festmachen lassen. Genauso wie natürlich das Geheimnis hinter Fionas Träumen aufgeklärt wird, um auf diesem Weg eine neue Rolle für Fiona vorzubereiten.
Aber: Das alles lässt am Ende den Leser dann doch mit einem sehr großen Fragezeichen zurück. (Und Band 3 lässt leider noch auf sich warten.)
Insofern ist der zweite Band von „Die Geister des Landes“ natürlich absolut lesenwert, aber man bemerkt nur leider zu stark, dass die Geschichte hier noch lange nicht zu Ende sein kann, sondern erst noch etwas vorbereitet wird, dass hoffentlich wirklich wie eine Bombe dann einschlägt. (Ansonsten wäre „Gesichtslos“ einer dieser undankbaren Bände in Trilogien die zwischen dem Anfang und dem Ende standen, weil da noch Platz war... oder so ähnlich.) Das ist Schade, weil es durchaus in der Jugendliteratur auch Beispiele gibt, wo der zweite Band eine deutlich befriedigendere Position für sich allein genommen und betrachtet, gefunden hatte. (Die „Libri Mortis“-Trilogie von Peter Schwind wäre so ein Beispiel, dass mir gerade spontan in den Sinn kommt.)
Insofern: Handwerklich durchaus gut gemacht. Eine einigermaßen passable Erzählung, die aber leider einem mit diesem üblen Gefühl des Lückenbüßertums zurücklässt, biss dann endlich der dritte Band erschienen ist und man entscheiden kann, ob der Abschluß wirklich vollkommen gelungen ist und somit die drei Bücher als Einheit wenigstens funktionieren.

Samstag, 22. November 2014

Vreitag: Vlogtaculum November'14 Dungeons


Tss... da Produziere ich doch tatsächlich einen Vreitag am Samstag. Tja, leider bin ich mit der Video-Bearbeitung nicht nachgekommen, nachdem ich die Aufnahme endlich geschafft hatte und anschließend festgestellt habe, dass ich mal wieder hoffnungslos überzogen hatte. Ich arbeite dran, aber so ganz einpendeln kann ich mich wohl noch nicht, wenn ich statt "BlahBlah" endwas mit Inhalt produzieren will. (Selbst dann nicht, wenn der Inahlt hochgradig satirischer Natur ist... und im Nachhinein betrachtet hätte ich auch noch mehr Ticker-Meldungen verzapfen können.) Was solls viel Spaß mit dem Konzept des "letzten Dungeon-Kraulers" (Ja, der Rechtschreibfehler ist seid mir dieser Satire-Dungeon durch den Kopf geistert fester Bestandteil des Konzeptes.)

Montag, 17. November 2014

Vanitas (Ein SLC für Vampire: The Masquerade)

Okay, irgendwie habe ich es gerade mal wieder mit dem Thema Kunst & Vampire. Diesmal war meine Inspirationsquelle aber ein wenig abseitiger, als es noch bei den beiden Gray-Brüdern der Fall war. Und zwar habe ich ein Lets Play zum Indie-Titel „The Cat-Lady“ gesehen. Innerhalb dieses Titels taucht der Satz „Ware Kunst hält ewig“ auf, während sich die Protagonistin des Spieles mit einigen Dioramen verfaulender Körper konfrontiert sind, welche nach bestimmten Vorbildern der Kunstgeschichte drapiert wurden. (Fixiert mit Drähten, und was man noch so braucht, um einen Körper in Form zu bringen, ohne ihn wirklich zu preparieren.)

Warum ist dieser spezielle Punkt also so problematisch? Wir wissen alle, dass es da mehrere Konzepte im Bereich der Kunst gibt: Zum einen ist Kunst weniger ein tatsächliches Objekt, sondern eine Idee, die unsere Wahrnehmung definiert. Und deswegen überhaupt erst zum Wert der Kunst wird. Dann gibt es aber jenseits dieses speziellen Umstandes auch noch den materiellen Aspekt von Kunstwerken als Artefakten. Die Monalisa ist seid Jahrzehnten im Lufre follkommen verzogen (und die Leinwand teilweise spröde und die Farbe brüchig geworden.) Sprich: Selbst wenn wir nur den klassischen Aspekt der figurativen Malerei heranziehen besteht grundsätzlich immer noch das Problem, dass diese speziellen Artefakte immer noch den umweltbedingten Herausforderungen gegenüber gestellt sind. (Nicht zuletzt, dass Beispielsweise ein Großbrand in einem Museum sogar das absolute Maximum an Beschädigung mitunter verursachen kann, gegen das man ankommen muss.)
Jetzt gibt es in der Kunstgeschichte ein stilbildendes Sujet, dass sich sehr gezielt mit dem Thema der Vergänglichkeit auseinandersetzt: Das Konzept der Vanitas-Symbolik. (Unter anderem gehören dazu Totenköpfe, ausgeblasene Kerzen, etc.) Hierbei geht es gerade um Nichtigkeit, Vergänglichkeit und Verfall. Gerade im Bereich der weltlichen, materiellen Güter.

Und dort machen wir jetzt einen kurzen Schwenk in Richtung Vampire, um genau zu sein werfen wir einen Blick auf den Clan der Nosferatu: Innerhalb dieses Clans gibt es eine spezielle Form von Persönlichkeit, die als Schlagwort nur als „Cleopatra“ bezeichnet wird. Hierbei handelt es sich um Frauen, welche in ihrer sterblichen Zeit von Ausgesuchter Schönheit waren und gerade deswegen zur Strafe für ihre Attraktivität den Kuss eines Nossis erdulden mussten. (Und dabei auf die eine oder andere Weise den Verstand verloren haben.) Das heißt in diesem Fall: Wie kann man diese beiden Seiten zusammenführen?

Nehmen wir das Grausame des Cleopatra Konzeptes mal übertragen auf einen normalen Verstand, der sich eher zu musischen Tätigkeiten hingezogen fühlt. Dabei spielt nicht einmal mehr das Geschlecht eine Rolle. Da der Kuss der Nosferatu die Opfer selbst auch erneut entstellt, werden auf diesem Weg gleich grundsätzliche Bedingungen für den Hang zum Verfall gesetzt: Unser Bildhauer aus dem Clan der Kanalratten versucht jetzt also seine Form von Kusnt zu erschaffen, indem er Klassiker der Kunstgeschichte nachstellt. (Mit echten Menschen.) Dafür entführt er entsprechend ausgewählte Subjekte, welche möglichst nahe an den ursprünglichen Vorbildern gelegen sind und beobachtet deren Verfall. Sieht dabei zu, wie die Schönheit verfällt.

Und da kann man den entsprechenden Ansatz jetzt tatsächlich auch für eine reguläre Vampire-Runde legen. Irgendjemand aus dem Umfeld der SCs ist entführt worden und harrt seiner Vorbereitung verarbeitet zu werden. Oder es tauchen mit einem Mal Dokumentationen dieses Verfalls auf. Oder die menschliche Polizei stolpert über eines der entsprechenden Kunstwerke von „Vanitas“ und die SCs müssen jetzt ebenfalls herausfinden, wie dieser Bedrohung für die Herde Einhalt geboten wird.

Montag, 10. November 2014

Rezension: Judith C. Vogt: Die Geister des Landes 01: Das Erwachen

Cover: Die Geister de Landes 01:
Das Erwachen
Verlag: Ammianus-Verlag
Ich habe mal wieder etwas, das im weitesten Sinne in die Kathegorie des Jugendbuchs gehört in die Finger bekommen und durchlesen können. Diesmal handelt es sich dabei um den ersten Band der Trilogie „Die Geister des Landes“ von Judith C. Vogt (sonst eher als DSA-Autorin bekannt). Zeitgleich handelt es sich hierbei um das Erstlingswerk der entsprechenden Dame.
Handlungsort ist der Raum, der weitestgehend mit dem Begriff „die Eifel“ versehen wird. Protagonisten sind die vier Jugendlichen Dora, Edi, Fiona und Gregor.
Aufhang des Ganzen ist, dass Fiona seid einger Zeit seltsame Träume bekommt, die sich im Anschluss darauf als Wahr herausstellen. Und in ihrer Verzweiflung hatte sie sich anschließend an die Truppe aus den übrigen Dreien gewendet, welche in ihrer Funktion als „Nerds“ verschriehen genug waren, um sich auch mit fantastischeren Erscheinungen zu beschäftigen. Das Endergebnis aus ihren Unternehmungen ist, dass sie sich in einen Sog um eine Rätselhafte Geheimorganisation bewegen, welche mitten am Arsch der Welt mystische Sagengestallten ins hier und jetzt holt und diese amoklaufen lässt.
Was wir dabei haben ist eine Geschichte moderner Jugendlicher, die in einem Landstrich groß werden, der zwar reich an Sagen und Legenden ( bis zu einem gewissen Grad ist) aber auch als „Arsch der Welt“ verschriehen ist. Das erwähne ich deswegen, weil man hier vergleiche zu einigen anderen Autoren Teilweise ziehen kann. Anders als Beispielsweise die Eifelkrimis eines Jaques Berndorfs, der sich ja wirklich mit seinen Landschaftsbeschreibungen wirklich jedes Mal erneut in der Farbenvielfalt verliert, erhält hier die Landschaft an sich mit einem mal einen leicht tristen Eindruck, welcher dem Alter der Protagonisten und deren Wahrnehmung ihrer Umgebung geschuldet ist. Zusätzlich in dem Bereich kommt es dann natürlich irgendwo zu dem, was man allgemein als „Teendrama“ bezeichnen kann. (Sprich: Die „Herzdame“ der Konstellation angelt sich einen der Jungs und es wird dabei Unverständnis geerntet.) Vor allen Dingen, wenn erst nach dem Zusammenkommen die Interessen des neuen Partners mehr oder weniger durch zufall erkannt werden. Diese Interessen sind dabei natürlich der „Nerdkulture“ geschuldet und damit ist das in Deutschland sehr Populäre Rollenspiel DSA als Freizeitbeschäftigung tatsächlich namentlich erwähnt. Und auf diese Weise kommt langsam eine Art Spiel zustande, in dem es zum einen um popkulturelle eingefärbte Themen geht, die sich aus älteren Konzepten Aufbauen (Wikka-Rituale, die aus irgendeinem Grund dann tatsächlich magisch wirken), aber auch zu ungewöhnlichen Gegenspielern führen. (Hierbei ist das Spiel irgendwo zwischen verschiedenen Ideen irgendwo angesiedelt zu betrachten. Die Gegenspieler sind Massenmenschen, die sich der aufmerksamen Wahrnehmung entziehen. Auf ihre Weise magisch dadurch, aber teilweise von den Zielen her genau auf das Gegenteil jeglicher Magie aufgerichtet.)
Kritisch muss man dabei allerdings noch einen Punkt mit einfügen: Da die Protagonisten Jugendliche sind, muss hier irgendwo dem Problem der eingeschränkten Mobilität rechnung getragen werden. Insofern wird auf diesem Weg eine Art Deus-Ex-Machina-Lösung ins Spiel gebracht, die aber für den weiteren Verlauf der Geschichte in Andeutungen einen wichtigen Part darüber hinaus bekommt.

Fazit

Zuerst einmal muss man sich darüber im Klaren sein, das der Begriff „Jugendbuch“ hier eine Abenteuergeschichte mit einem sehr klaren Fokus auf ein Zielpublikum irgendwo in dem Bereich 12 bis 18 nahe legt. (Das ist für eine weitere Bewertung der Geschichte zwar nicht unbedingt Notwendig zu wissen, sollte aber im Hinterkopf behalten werden, was die eigene Erwartungshaltung anbelangt.) Die Geschichte befindet sich in dieser Hinsicht natürlich auf einem Level, der Themen anders angeht, als es bei einer rein erwachsenen Zielgruppe der Fall wäre. Gelungen ist gerade eben deswegen der Umgang mit den entsprechenden Themen, die gerade auf die Lebenswelt entsprechender Jugendlicher abzielen. (Und wer erwachsen gehaltene Themen mag muss sich da eher an die Dresden Files-Reihe von Jim Butcher halten.)
Womit wir eigentlich auch schon bei dem großen Clou der Geschichte wären: Wir bewegen uns hier im weitesten Sinne nämlich in einem Ausläufer der Urban Fantasy, solange man diesen Begriff der Urbanität mit der städtischen Prägung der Gegenwart gleichsetzt. Das heißt zwar nicht, dass diese spezielle Geschichte in einem urbanem Setting spielt, aber hier ein gewisser Zeitgeist mitschwingt, in dem es gerade um das Problem auch geht, dass wir eben bewusst von Mythenwesen umgeben sind. Die Lösung dabei ist ein Überlappen von Welten, die ansonsten strickt getrennt waren, aber jetzt und in dieser Gegend mit einem mal eine Einheit aufgezwungen bekommen. Wie das funktioniren soll, muss dieses Buch nicht streng Wissenschaftlich erklären, es bedient sich einer Art von magischem Wunder. Und dieser Aspekt des Wunderns ist es gerade, der die Gruppe jugendlicher Nerds als Protagonisten der Geschichte überzeugen lässt: Als Gruppe sind sie in dieser Konstellation und aufgrund ihres Hintergrundes bereit sich auf diese Wunder einzulassen. (Es gibt sogar im Buch immer wieder kleinere, versteckte Hinweise, welche Gründe für diese ansonsten eher kindliche Begeisterung für eine solche phantastische Welt aufzeigen.) Auf diese Weise ist ein solcher Ausbruch aus der Rationalität der Welt möglich und schafft dadurch nicht die ansonsten üblichen Probleme bei Geschichten dieser Art, wo häufig gerade bei einem urplötzlichen „Glauben“ der handelnden Figuren der s.g. „Sense of Wonder“ zeitweise überstrapaziert wird.
Alles in Allem also eine sehr gut gemachter Auftakt für eine Trilogie, die zwar bei ein paar Stellen eventuell knarzt (Fionas Beweggründe sich ausgerechnet an dieses Außenseiter-Trio zu wenden, sind für mich so z.B. nicht vollkommen einleuchtend) allerdings kann man solche Sachen dann bis zu einem gewissen Grad doch noch akzeptieren.
Übrigens muss ich noch hinzufügen, dass der „Sagenhafte Anhang“ am Ende noch ein zusätzliche sehr schöne Idee für jemanden ist, der weder mit der Eifel noch mit der dortigen Mythenwelt wirklich verbunden ist. Hier werden auf ein paar Seiten die einzelnen im Buch auftauchenden Mythenwesen und deren Hintergrund erklärt, genauso wie ein paar Hinweise gegeben werden, wo aus kreativen Gründen Umdeutungen Seitens der Autorin gemacht wurden.
Insgesamt handelt es sich also um einen wirklich schönen Ansatz im Gesamtpaket, der, solange man sich a.) auf das Genre und b.) auf das Thema einlassen kann ein paar schöne Stunden Lesevergnügen bereiten kann.

Montag, 3. November 2014

Rezension: Felix A. Münter: The Rising 01: Neue Hoffnung

Cover: Felix A. Münter
The Rising 01
Neue Hoffnung
Verlag: Mantikore
Zugegeben: Mit dem Genre der Postapokalypse bewege ich mich gerade auf literarischem relativem Neuland. (In subjektiver Hinsicht, was meine persönliche, bisherige Leseerfahrungen anbelangt.) Halten wir also insofern einfach mal ein paar kurze Überlegungen fest: Postapocalypse beschreibt als Genre eine Welt die bereits in ihrer Vergangenheit eine Katastrophe erlebt hatte und dadurch einen fundamentalen Wandel erleiden musste, der die Gesellschaft in sich zusammenbrechen ließ. Die Menschheit existiert zwar weiterhin in dieser aus diesem Ereignis entstandenen Welt, kämpft aber mit dem nackten Überleben innerhalb der Trümmer der ehemaligen Zivilisation. (Innerhalb solcher Geschichten sind duchaus Themen wie Wiederaufbau oder aber aus der durch das Ereignis entstandenen Punkt X erwachsenen barbarischen Gesellschaften, die von z.B. von Warlords dominiert werden. Aber: Wir haben es bei solchen Geschichten weder mit dem Begriff der „Endzeit“ (der ohnehin ein sehr schwammiges Konstrukt ist, dass kaum mit Inhalt zu füllen ist) noch mit irgendetwas zu tun, dass auch nur am Rande mit dem Begriff „Dystopie“ zu tun hätte. (Dieser Begriff setzt zwar eine in der Zukunft gelegene, negative Gesellschaft ins zentrum der Erzählung, aber: Der Fokus einer solchen Narration liegt eindeutig in der Frage, wie es dazu kommt, dass eine solche Gesellschaft von allen Mitgliedern als positives Ergebnis getragen und Unterstützt wird.)

Der Roman „Neue Hoffnung“ von Felix A. Münter, der den Autakt für eine Reihe mit dem Namen „The Rising“ darstellt, ist eindeutig dem Genre der Postapokalypse zuzuordnen. Die Hintergrundwelt hat innerhalb ihrer Vergangenheit einen Moment erlebt, in dem der gesellschaftliche Zustand, der nur noch als „DAVOR“ bekannt ist, in den jetzigen Zustand, der als „DANACH“ bezeichnet wird sich gewandelt hat. Was genau passiert ist, kann mitlerweile niemand mehr genau erklären, fest steht aber, dass dieses Ereignis nicht länger als etwa 40-50 Jahre in der Vergangenheit liegen kann. Die Natur ist zu diesem Zeitpunkt dabei, die von der Menschheit in Anspruch genommene, domestizierte Fläche wieder für sich in Anspruch zu nehmen. Die Überlebende Menschheit lebt innerhalb der Ruinen der ehemaligen Zivilisation in kleinen Siedlungen oder schlägt sich anderweitig durch die Landschaft. (Wobei man eher von der Hand in den Mund lebt, als wirklich leben kann.) Folus der erzählung liegt in diesem Band auf den Erlebnissen von Eris, dem Anführer einer kleinen, vierköpfigen Söldnergruppe, die Außerdem aus der Scharfschützin Sal, dem Arzt Perry und dessem noch jungen Enkel Tyler besteht, welche davon lebt entweder durch die Lande zu ziehen und Handelskaravanen zu beschützen, oder wenn es harte Zeiten sind, selbige zu überfallen. Bei einem dieser Überfälle fällt ihnen ein Fragment aus der Zeit „DAVOR“ in die Hand in Form einiger mobiler Datenspeicher. Das seltsame dabei ist, dass diese Datenspeicher einen ungeheuren Wert zu besitzen scheinen, weil mehrere Interessengruppen an eben diesen rätselhafter Weise ein großer Interesse von der Art zeigen, für die man tötet, obwohl kein lebender Mensch mehr einen funktionierenden Computer seid Jahrzehnten in seinem Besitz mehr gesehen hat.

Prinzipiell ist diese Geschichte erst Einmal den modernen Abenteuerromanen zuzuordnen. D.H., dass hier eine spannende Geschichte erzählt wird, welche vereinzelte Macken haben kann, aber in ihren Grundzügen immer der Unterhaltung dient. Punktuell kommt dabei aber immer wieder die Frage auf, mit der sich gerade das Genre der Postapokalypse immer auseinandersetzen muss: Warum ist diese Welt vor die Hunde gegangen? Wieso sind die Menschen nicht mit Wiederaufbau beschäftigt? Und genau in diesem Punkt springt dann innerhalb der Geschichte ein immer wieder aufkommender, andeutungsweise sehr schöner, aber nicht ganz unstrittiger, kritischer Blick auf die globalisierte Welt des „DAVORS“. (Also unsere Gesellschaft.) Ich will aufgrund der Natur dieser Rezension als Rezension nicht zu viel verraten, aber: Wie uns die immer noch nagende Weltwirtschaftskrise angezeigt hat, handelt es sich um einen Dominoeffekt aus sehr komplizierten Monokulturen. Insgesamt aber rangt sich die Geschichte um die Jagdt nach einem McGuffin, der hier als „Datenträger“ bezeichnet wird und von einem Punkt a nach Punkt b transportiert werden soll. Dabei sind die Protagonisten, welche bestimmte Fuktionen innerhalb ihrer Gruppe erfüllen, noch nicht so sehr ausgearbeitet, wie sie es sein könnten, sondern wirken für den Augenblick noch innerhalb der Konstellation an Ereignissen als reagierende Masse, anstelle von aktiv handelnden Personen gefangen. (Da „Neue Hoffnung“ aber die erste Hälfte eines Zweiteilers darstellt, will ich in dem Bereich noch nicht so viel in diesen Umstand hinein deuten. Es kann noch einiges passieren.) Für den Augenblick wird innerhalb der Gruppe erst einmal eine Art „Status Quo“ erschaffen, in dem die Welt in ihrem Ist-Zustand aufgebaut wird, und die derzeitigen Beziehungen der einzelnen Gruppenmitglieder zueinander, sowie ihrer jeweiligen Vergangenheit miteinander und innerhalb dieser Welt in teilweise nur groben Strichen angedeutet wird. (Ein paar Fragen bleiben dabei offen, da sie aufgrund der Begrenzug von 338 Seiten noch nicht bis zum letzten Ausgeführt werden können. Und ein paar Rätsel müssen ja auch offen bleiben, da die Geschichte nicht mit den beiden bereits erschienenen Büchern zu Ende erzählt wurde.) Das eine Liebesbeziehung in dem Ganzen mit drinsteckt ist wohl irgendwo dem Klischee verschuldet. Es macht Sinn, solange es für das fortlaufende Drama von Bedeutung werden kann. Genauso wie aus dem Schüler-Mentoren-Verhältnis, dass zwischen Tyler und Perry bis jetzt angedeutet wird, noch eine stärkere Beziehung erwachsen kann. Unter diesen Umständen betrachtet überzeugt „Neue Hoffnung“ allein noch nicht, aber: Sollten die hier aufgebauten Andeutungen zufriedenstellend aufgelöst werden, kann aus der Geschichte als Ganzes noch eine sehr gute, Geschichte erwachsen, zumal der Schreibstil des Autors sehr flüssig zu lesen ist.

Fazit

Da es sich hierbei um die erste Hälfte eines Auftakts einer Geschichte handelt, die sich weiter aufbauen will, kann ich für den Augenblick noch keine Grundsätzliche Basiskritik bis ins letzte Detail verfassen. In sofern betrachten wir hier erst einmal ein paar Grundsätzliche Fragestellungen für den Anfang. Die da wären: Funktioniert die Geschichte? Baut sie die für den Anfang gesetzten Zielmerkmale halbwegs überzeugend auf? Wie überzeugend ist der „Settingrahmen“?
Unter diesen Grundlagen kann man sich nämlich durchaus eine Meinungsbildung fürs erste aufbauen. Wie ich schon festgestellt habe, bleibt die Geschichte erst einmal in der Tradition klassischer Abenteuerromane enthalten. Das heißt die Geschichte baut ein paar mutige Helden auf und erschafft ein paar miese, niederträchtige Bösewichte, welche als amoralische Übermacht dargestellt werden. In dieser Hinsicht ist sehr schnell klar, wer die Sympathieträger sind und wer die „Bösen“. (Passend ist dazu, dass die Geschichte in Amerika spielt, es fehlen insofern fast nur noch weiße und schwarze Hüte, um diesen optischen Hinweis noch zu vervollständigen.) Das ist der Punkt, warum die Charakterentwicklung noch ein wenig zu wünschen übrig lässt. Eigentlich sind wir innerhalb der phantastischen Literatur auch schon deutlich stärkere Grauzonen gewöhnt. Der Punkt dabei ist aber, dass für den Augenblick aber erst einmal wie gesagt ein gänzlich neues Setting in seinem Status Quo vorgestellt wird und daher mehr Wert auf die Ereignisse innerhalb dieser Welt, die das Geschehen selbst für den Augenblick bereiten, an dem die eigentliche Zielsetzung dieser Geschichte entsteht, aufbereitet werden. Insofern funktioniert „Neue Hoffnung“ für den Augenblick erst einmal, da man bereits erahnen kann, dass hier einiges Mehr noch passieren könnte, solange der zweite Band wirklich halten kann, was der erste verspricht. Schön ist dabei auch, dass mit einiger Mühe zumindest eine Erklärung geliefert wird, wie die Postapokalypse zu einem solchen Verfall führen konnte. (Wie gesagt: Das Genre selbst hat einen ganzen Haufen Skeptiker mittlerweile an den Start gebracht, die immer wieder darauf hinweisen, dass ein „Aufbaubemühen“, um alten Luxus wieder neu zu erschaffen, doch deutlich überzeugender sei.) Das unsere vom Blendwerk des Luxus geprägte Gesellschaft aber selbst das Problem ist, dass einen Wiederaufbau nicht ermöglicht, ist dabei meistens nicht im Gespräch. Insofern überzeugt dieses Setting erst einmal.
Ob das gesetzte Ziel der Geschichte selbst aber wirklich überzeugt kann ich für den Augenblick noch nicht sagen. Ich warte da wirklich lieber den zweiten Band ab, um ein endgültiges Urteil zu treffen.
Für den Augenblick bleibt aber festzuhalten: Sehr schöne, schnörkellose Abenteuergeschichte in einer verrottenden Welt, in der überleben das wichtigste Gut zu sein scheint. Das Setting hat genügend Farbe, um lebendig zu wirken, auch wenn die Protagonisten erst einmal noch zu sehr in ihrer Rolle feststecken. Dazu kommt noch ein angenehmer Schreibstil, der das lesen zu einer Freude macht. Insofern: Guter auftakt, aber mit einem noch zu fiesem Cliffhanger, um ein sinnvolles, endgültiges Urteil zu treffen.