Dienstag, 25. Februar 2014

Warum "Die Tribute von Panem" nicht zur Dystopie taugen.


Cover: Suzanne Collins: Die Tribute von Panem
Oettinger Verlag 
Wie das Leben so spielt, kommt es manchmal zu etwas verqueren Ereignissen im Leben einer internetaffinen Person wie mir, dass ein eigentlich kurzer Kommentar unter einem Video in Arbeit ausarten kann.

Im Dezember hatten die Zeitzeugin und die Chaosmacherin einen kurzen Geekplausch untereinander veröffentlicht, in dem die Beiden sich lediglich über ihre jeweiligen Neuanschaffungen ausgelassen haben. (Und wer mich kennt weiß, dass ich im Verlauf von diversen Podcasts und ähnlichen Dingen immer bestimmte Stichworte nutze, um zu dem Ganzen einen gesonderten Kommentar abzugeben.)

Dabei hatte ich dann einen kurzen Kommentar-Austausch mit Chaosmacherin gehabt, in dem es darum ging, warum ich die Trilogie rund um die Tribute von Panem nicht mit dem Label Dystopie versehen würde. Offenbar hat die gute Sumi dieser Punkt damals nicht mehr so wirklich zur Ruhe kommen lassen und im darauffolgenden Januar-Geekplausch bekamen die einberufenen Gäste dann die Frage, ob sie meine Position verstehen würden. (Tja, eigentlich war das Thema für mich im Dezember bereits abgehakt gewesen, aber wenn ich damit die Gedankenwelt des Internets wieder mal zum philosophieren bringen kann, sei's drum.)

Warum brauche ich aber so lange, für diesen Artikel? Der Punkt ist shclicht und ergreifend der: Ich habe keinerlei Detailerinnerungen an die Panem-Reihe mehr gehabt. (Offen gestanden: Ich finde das Buch im großen und Ganzen zu schlecht, als das es Großartig im Gedächtnis bleiben sollte, um dort Platz für wichtigere Dinge zu verschwenden.) Dementsprechend hatte ich erst einmal wieder Zeit gebraucht, um mich zumindest durch den ersten Band zu quälen.

Zuallererst einmal bleibt mein Punkt bestehen: Panem ist keine Dystopie, sondern etwas, das im weitesten unter der Rubrik Postapocalypse für mich läuft. (Es werden zwar Andeutungen gemacht, dass die Vergangenheit von Distrikt 12 möglicherweise auf utopischen Idealen aufgebaut haben könnte, aber hier geht es ja letzten Endes um die Dystopie-Frage. Und die kann man nicht einfach mit einem „es war eine gescheiterte Utopie, also ist es eine Dystopie“ beantworten.)

Das Thema der Dystopie ist Komplex. Von daher tendieren sehr viele Personen dazu, sich an den auffälligsten Merkmalen hochzuangeln. Und da muss man letzten Endes auf die Anfangzeilen des Wikipedia-Artikels verweisen, welcher wohl das große Missverständnis im Bereich Dystopie ausmacht:

Eine Dystopie (englisch dystopia, Gegenbildung zu utopia) oder Anti-Utopie ist in der Literaturwissenschaft eine fiktionale, in der Zukunft spielende Erzählung mit oftmals negativem Ausgang. Sie handelt von einer Gesellschaft, die sich zum Negativen entwickelt, und stellt somit einen Gegenentwurf zu Thomas Morus’ Utopia dar.

Lustiger Weise, muss man hinzufügen, ist ausgerechnet in dieser Kurzfassung bereits die Antwort darauf gegeben, warum Panem selbst nicht zur Dystopie hochgezogen werden kann:

Dem Individuum ist durch mechanisierte Superstaaten jegliche Freiheit genommen, die Kommunikation der Menschen untereinander ist eingeschränkt oder anderweitig gestört und das Bewusstsein der eigenen Geschichte und/oder eigener Werte gekappt.
(Die zentrale Hervorhebung findet hierbei durch mich statt. Einschließende Unds haben immer so einen wunderschönen Aspekt an sich.)

Ich will in diesem Artikel keinen übertriebenen literatur-geschichtlichen Ablauf festmachen. (Auch wenn ich befürchte, dass ich mit diesem Artikel hier einen der längsten Blogeinträge verfassen werde, die ich insgesamt in der Geschichte dieses Blogs in die Tasten zu hauen versuche.)
Warum betrachte ich Panem also nicht als Dystopie, obwohl es offenbar so viele oberflächliche Vergleichsmöglichkeiten gibt? Wo doch diese negative Gesellschaft eindeutig in der Zukunft liegt?

Das allein ist bereits ein wenig kompliziert erklärt. Zuerst einmal muss man sich der Tatsache bewusst machen, dass die Lage eines dystopischen Staatsentwurf nicht etwa zwecklos in die nahe bis ferne Zukunft gestellt wird. Dieser Zweck ist aber nicht zwingend der, dass man einen Gesellschaftsentwurf aus aktuellen, bedenklichen Tendenzen erschafft. (Dafür könnte man sogar einen entsprechenden fiktiven Kleinstaat in der Gegenwart erschaffen, der sich schneller in dieser Abwärtsspirale befindet.) Dieser Zweck ist eher tatsächlich geografischer Natur und liegt im Wortspiel „Utopia“ zu suchen. Um genau zu sein beziehe ich mich hierbei auf den grichischen Begriff der Outopia, was übersetzt soviel wie Nichtort bedeutet.

Zu den Zeiten, als Thomas Morus seinen Staatsentwurf der Utopie verfasste war es durchaus überzeugend, dass irgendwo auf der Welt ein unbekannter Platz existierte, wo Menschen nach bestimmten idealisierten Moralvorstellungen leben konnten. Aber: Der entscheidende Faktor dabei war Grundsätzlich immer, das die entsprechende Staatsmacht an einem unbekannten, nicht vorhanden Ort existierte. Ein „unentdecktes Land“, wie es Shakespear formuliert hatte.
Da die heutige Zeit, welche gerade durch eine annähernd 100% Kartografierung der Welt sich auszeichnet kaum noch Platz auf der Karte lässt, welche eine wie auch immer geneigte Tendenz für einen nicht Ort lässt, ist die Versetzung in die Zukunft für beide Genre notwendig geworden. Wobei die Dystopie als jüngeres Genre diesen Punkt noch notwendiger hatte, war sie doch bereits von diesem Umstand beinahe von Anfang an betroffen.

Daher sollte klar sein, dass ein negativer Staat in der Zukunft nur ein Mittel zum Zweck, nicht aber ein valides, hartes Argument für die Dystopie selbst ist. (Anders Ausgedrückt: Wenn ich eine Geschichte über den Wahlsieg von Angela Merkel verfasse und diese Geschichte in die Zukunft verfrachte wäre das keine Dystopie, sondern nur eine Geschichte über eine inkompetente Unsympatin in der Zukunft.)

Wenn man sich die Tribute von Panem einmal ansieht, so sollte man die entsprechend dahinter stehende Gesellschaft vielleicht auf ihre Grundfacetten einmal herunterbrechen, um das Buch für unsere Begriffe zuordnen zu können:

Wir haben ein postapocalyptisches Szenario, in dem sich eine durchaus diktatorische Gesellschaft gebildet hat, welche man (im besten Falle) mit einem olygarchen, dekadenten Warlordtum umschreiben kann.

Diese Gesellschaft nutzt eine Art von absoluter, brachialer Kontrolle, die über eine Art „Polizei“ in Form der „Friedenswächter“ geführt wird.

Einmal im Jahr findet das medial hochgefeierte Großereignis der sogenannten „Hungerspiele“ statt, welches als Gladiatorenkampf in alle Welt übertragen wird. (Zumindest innerhalb der Distrikte und der Kapitolstadt Panem selbst.) Dieses Ereignis ist eine Demütigung der Distrikt-Bevölkerung, welches in gewisser Weise nur unter Waffengewallt durchgezogen werden kann.

Ich gebe zu: Der mediale Aspekt (aber auch wirklich nur dieser) an den Hungerspielen könnte noch so gerade eben in seiner Funktion als Argument für die Dystopie-Theorie aufgefasst werden. Schlicht und ergreifend, indem man die derzeitige Tendenz jeder Form der Demütigung eines Individuums als Unterhaltugnswert bezeichnet wird. Da liegt es tendenziell nicht fern, auch den Tod eines Individuums zum Unterhaltungszweck zu machen. Allerdings gibt es hierbei ein Problem, dass in dem oben zitierten Satz rund um das jeweilige Wertesystem versteckt liegt: Das System der Tribute von Panem wird nicht als positiv von der Bevölkerung per se Wahrgenommen.
Das ist nämlich der zentrale Kniff, der Dystopien immer mit ausmacht.

Hierbei muss man sich nämlich Zeitgleich einer weiteren Sache bewusst sein, der die Dystopie als Refernz zur Utopie immer mit beinhält: Utopien sind deshalb positive Gesellschaften, weil ihre Bevölkerung die Moral haben, bestimmte, positive Werte aufrecht zu erhalten, welche die utopische Gesellschaft überhaupt erst ermöglichen. (Was übrigens auch der Knackpunkt ist, der viele frühe utopische Romane wie Morus „Utopia“ oder Campanellas „Der Sonnenstaat“, zu proto-kommunistischen Gesellschaften werden ließ.)

Jetzt ist es natürlich eine weit verbreitete Ansicht, dass kommunistische Staatsformen nicht funktionieren können. (Respektive: Dieser Umstand wird aus dem Scheitern der sogenannten Übergangssysteme, den sozialistischen Staaten des Ostblocks abgeleitet.)

Daher schwingt in Dystopien auch immer die Frage mit, wieso ein derartiges System überhaupt aus dem Bewusstsein der Bevölkerung heraus funktionieren kann. Denn wenn man ein bestimmtes, heute als realistisch erachtetes Menschenbild zugrunde legt, müssten Menschen bestimmte Bedingungen, egal welcher Art, schnell ablehnend gegenüber stehen. Dauerhafte Entbehrungen, wie 1984 ausmachen, können nur durch die ständige Bedrohung eines Krieges, in dem sich die Gesellschaft befindet als akzeptabel angesehen werden. (Sprich: Der Bevölkerung steht der Arsch auf Grundeis, weil man vor der ständigen Bedrohung durch einen nicht näher bekannten, äußeren Feind zusammenrückt.) Brave New World schafft eine entsprechende Gesellschaftsform, in der jeder seinen zugewiesenen Platz akzeptiert, weil sämtliche Individuen von frühester Kindheit an entsprechend behandelt und Konditioniert werden, dass sie nicht dagegen aufbegehren.
Und um ein Beispiel für die entsprechenden kommunistischen Dystopien zu bemühen: In Stanislaw Lems „Rückkehr von den Sternen“ ist es eine Art Impfung, welche den Menschen sämtliche Aggressionen nimmt und dadurch eine klassenlose, friedfertige Gesellschaft schafft.
(Das diese Gesellschaften für uns der reinste Horror sind, wird dabei in der Regel durch das Stilmittel des Außenstehenden bemüht. Indem man einen Wilden in die Zivilisierte Welt „zurückholt“, der sich langsam den negativen Punkten der scheinbar perfekten Gesellschaft nähert.)

Dieser Punkt eines „moralisch sauberen Handelns“ fehlt vollkommen in Panem. Die Stimmung ist vielmehr bedrückend und von Angst beherrscht. Das Ganze geht sogar soweit, dass Katniss, die Handlungsprotagonistin, nicht aufgrund von irgendeinem Ehrgefühl sich als Tribut meldet, sondern aus einem Bedürfnis von Aufopferung und Nächstenliebe. Zum Teil gibt es sogar Andeutungen, wenn Katniss mit ihrem Stylisten Cinna spricht, das sich selbst die Bevölkerung innerhalb des Kapitols, der Stadt Panem, dem moralischen Verbrechen bewusst ist, das sie den Distrikten antun.

In all diesen Punkten fehlt also der zentrale Punkt der eine Dystopie ausmacht: Das Gefühl in einer sauberen Gesellschaft zu stehen. Statt dessen haben wir hier eher das genaue Gegenteil: Ein von oben kontrollierter Staat, in dem man lediglich froh ist, nicht zum Rand (den Distrikten) zu gehören.

Was hier also vollkommen demnach fehlt ist das utopische des Dystopischen. Was fehlt sind Menschen, die so handeln, weil sie es für etwas halten, für das es sich lohnt zu sterben.

Alles was hier beschrieben wird ist lediglich, dass ein Mensch, dem man eine Waffe vorhält, bereit ist alles zu tun, um den Mann mit der Waffe nicht dazu zu bringen, abzudrücken. (Und dabei bedient sich die gute Frau Collins eventuell bestimmten, plakativen Stilmitteln der großen Autoren, die Anti-Utopien verfasst haben. Aber das reicht letzten Endes nicht, um das Label Dystopie zu erfüllen.)

Wenn wir hier mal im Positivem festhalten wollen, was „Die Tribute von Panem“ ausmacht, so haben wir hier eine Geschichte der Adoleszenz, in der es darum geht, das aus verzweifelten Situationen Helden geboren werden. Leicht mit ein paar Teenie-Romance-Faktoren gewürzt. Das alles verpackt in einem Postapoclyptischen Roman, der als Setting eine dekandente Warlord-Gesellschaft beschreibt.

Aber bei den Tributen von Panem handelt es sich beim besten Willen nicht um eine Dystopie. Dafür fehlen die zentralen Merkmale.

Mittwoch, 5. Februar 2014

Rezension: Jenseits des Weltuntergangs (Der Zerbrochene Stern 4/6)

Cover: Jenseits des Weltuntergangs
Der zerbrochene Stern 4/6

Verlag: Ulisses Spiele
Die Jagd nach dem McGuffyn geht weiter, wie man so schön sagt. Bislang hatten wir ja bereits Die Scherben der Sünde, Im Schatten der grauen Jungfer und Der Asylstein aus dem „Der zerbrochenen Stern“-Abenteuerpfad durch genommen und dabei unterschiedliche Sichtweisen auf das Ganze dabei gehabt.

Bevor ich hierbei jetzt in irgendeiner Weise mit Infernal Teddy zu streiten Anfange, halte ich einen bestimmten Punkt erst einmal fest, der definitiv das große Merkmal dieses Pfades in erster Linie ist: Der zerbrochene Stern ist ein reiner Dungeoncrawler im allerklassischten Sinne: Die Monster sind weniger im Sinne von passenden Kontexten ausgewählt, als vielmehr im Sinne einer möglichst bunten, heterogenen Mix zu präsentieren, der eventuell mehr die Liebe zu den Monsterhandbüchern ausdrücken will, als eine präzisen Guss von zusammenhängen anzusehen.

Das trifft jetzt auch wieder auf den Band Jenseits des Weltuntergangs zu, der mir hier in PDF-Version vorliegt. Wir wissen ja bereits, das der zerbrochene Stern hierbei eine Ansammlung von Splittern eines Artefakts ist, das jeweils eine spezielle Todsünde unseres Kulturkreises wiedergibt. Und da die Todsünden ein religiöses Thema sind, geht (lustigerweise) in diesem Band tatsächlich um einen religiösen Ort: Zentrum der gesamten Handlung ist eine Klostergemeinschaft, respektive, was von dieser übrig geblieben ist. Dieses Kloster war dabei ein Zusammenschluss sämtlicher Religionen Golarions (sofern sie sich dazu durchringen konnten an diesen Ort einen Vertreter zu schicken), die friedlicher Koexistenz zueinander lebten.

Aufhänger des Ganzen ist dabei die Rückkehr eines ehemaligen Mitgliedes dieser Gemeinschaft an seinen ehemaligen Wirkungsort, den der entsprechende Elf vor einhundert Jahren verlassen hatte, nachdem er die Vorsitzende Äbtin in einem Anfall von geistiger Umnachtung erschlug, im Exil auf einen speziellen Dämonenkult traf und dabei mit der Scherbe des Neides.

Jetzt will er das Kloster übernehmen und verfällt dabei einem zusätzlichen Faktor der Versuchung, der sich innerhalb der Kathakomben des Klosters verbirgt: Einer Apokalypsenpforte. (Was übrigens dann auch das Titelbild in dieses Bandes darstellt: Den Schlimmsten anzunehmenden Unfall, den eine solche Pforte auslösen kann: das sie sich öffnet, und ihre Form der Apokalypse auf die Welt aus lässt.

Das alles findet man auf dem Gelände der bereits erwähnten Klosterruine, das derzeit ein hübscher Tummelplatz für allerlei Kreaturen wie Mumien, entsprechend dazugehörige Gruftkönige, Rotkappen und sonstigen Dämonen und Monstern. Wie bereits gesagt: Das alles ist ein bunter, wenn auch nicht unbedingt konsistent wirkender Mix, der vermutlich die bereits weiter oben vermutete Liebeserklärung an die Monsterhandbücher ist.

Dazu stehen wie immer gesondert die wichtigsten NSCs und die im Abenteuer vorkommenden Gegenstände in einem gesonderten Eintrag vorhanden.

Wichtig sind aber erst die darauf folgenden Kapitel, was die Frage nach einem „nach diesem Band“ anbelangt:

Einen gesonderten Blick kann man nämlich durchaus auf das Kapitel „Vor dem Sündenfall“ werfen, wo die Qilophs vorgestellt werden. Diese Wesen stammen aus einer Zeit vor jeglicher Ordnung. Es handelt sich hierbei in gewisser Weise um eine Art apokalyptische Brut, die sowohl den Anfang jeglicher Zeit darstellt, als auch scheinbar gerne das Ende sein würde. (Und um den Aufschrei zu vermeiden: Dieses Kapitel ergänzt den Eintrag aus dem Monsterhandbuch II. Man braucht also beide Bücher um die Viecher vollständig zu haben. )

Groetus ist hingegen das Kapitel rund um das Thema Religionen. Um genau zu sein: Hiermit wird im Grunde die Apokalypse-Sekte Golarions speziell Thematisiert. Groetus ist ein Gott, dessen genauer Ursprung und Werdegang nicht bekannt ist. Und scheinbar handelt der Gott auch aus dem Verborgenen heraus, ohne größere Organisationen dabei zu Erstellen. Alle seien Priester sind Wahnsinnig und Verfolgen letzten Endes nur ein Ziel: Das unausweichliche zu Erwarten, ohne es Aufhalten zu wollen.

Das alles wird mit entsprechenden Informationen über das rituelle Leben der einzelnen Gläubigen des Groetus, sowie deren Fähigkeiten (Sprich: Zauber) und Beziehungen zu anderen Religionen erläutert.

Die Kurzgeschichte ist eine weitere Fortsetzung der Ereignisse, die schon in den letzten Bänden Angefangen wurde. Ob es sich lohnt, diese zu verfolgen, sollte jetzt mittlerweile wirklich jeder für sich entschieden haben. Da das dabei hier nur noch in Spoilern abzuhandeln wäre, kann ich nicht viel mehr dazu sagen.

Und natürlich wäre ein Abenteuerpfad-Band nichts ohne das Bestiarium, wo der Monsterkatalog wieder mal um ein paar hübsche Aspekte ergänzt wird.

Diesmal mit dabei sind:

Die Cephalophore: Eine Statue, die ihren Kopf in Händen hält. Es handelt sich hierbei um Konstrukt-Wächter von Tempelanlagen.

Kyton Ostiarius: Ein Ostiarius ist ein Höllengeschöpf. Um genau zu sein: Er ist ein Wächter von Pforten zur Unterwelt. Und er hat die Aufgabe, menschliche Wesen zu korrumpieren, so das sie zuerst ihre Artgenossen mit den Ideen der Ostiarii verführen und dann in der immer währenden Dunkelheit des „Reichs der Schatten“ endgültig zu Opfern der kythonischen Lebensformen werden. (Und ja: Wenn man sich die Illustration des Biestes ansieht, sieht das Ganze sehr stark danach aus, als währe es von der Verfilmung von Clive Bakers Hellraiser inspiriert.)

Der Quilloph Gongoriner ist dem Kapitel über die Quilophen anscheinend geschuldet hier ebenfalls vertreten: Ein weiterer Quilloph, der ein wenig was von einer tentakelbewaffneten Krabbe hat.

Seelenbegleiter Ker: Hier haben wir eine Art Friedhofswächterin. Es ist ein Externar, der sich als schwarzgekleidete, verschleierte Frau präsentiert. Keres beschützen abgelegene Friedhöfe in der Nacht vor den Übergriffen von Grabschändern.

Die Stimme des Weltenendes erinnert ein wenig an einen Mönch, der mit einem Morgenstern ausgerüstet ist. Auch hier handelt es sich um eine Verschuldung der Thematik des Bandes: Anders als der Quilloph handelt es sich hierbei aber um eine Kreatur des Gottes Groetus. Um genau zu sein: Es ist ein Herold eben jenes.

Den Abschluss bildet dann noch – wie so oft – die entsprechende Battlemap der wichtigsten Orte in diesem Abenteuer. Diesmal handelt es sich ausschließlich um die Battlemap des Klosters, über das sich die Gruppe fortbewegen kann.

Den Abschluss mache ich diesmal deswegen mit meinem Lieblingsthema, der optischen Aufmachung des ganzen, weil ich hiermit tatsächlich ein kleines Problem habe: Die übliche Foliantästehthik der normalen Buchseiten von Pathfinder ist wie üblich Standard. Gut gemacht und deswegen nicht zu bemeckern. Das Problem hingegen sind diesmal wirklich die Illustrationen: Ich habe bei diesem Band wirklich sehr lange und mehrfach mir die Dinger angesehen, nachdem mir irgendwann etwas spanisch vor kam. Und leider muss ich hier etwas eindeutig festhalten: Die Zeichenstile sind in diesem Band dermaßen unterschiedlich, dass es bricht. Wir kennen diesen typischen Pathfinder-Stil, der sich irgendwo zwischen dem malerischen Strichen eines Pinsels bewegt und der sehr detaillierten Verliebtheit der zeichnerischen Linie. In den anderen Bänden, die ich bislang zu Pathfinder in der Hand hatte war all dieses immer bandmäßig so ausgewählt, dass die entsprechenden Illustratoren irgendwie zusammenpassten und das Endergebnis wie aus einem Guss wirkte. Hier kommt in ein paar Bildern eine neue Varianz hinzu, die das Auge stört: Es ist zwar immer noch eine Pathfinder-Illustration, das will ich nicht bestreiten. Aber sie wirken in diesem Fall eher dem Comic-Bereich entsprungen, als Tatsächlich dem Pathfinder-Chick. Lustigerweise muss man dabei hinzufügen, das es sich dabei fast ausschließlich um die Bilder von Quilophen handelt, welche eine solche karrikarturenhafte Wirkung auf den Betrachter haben.

Fazit

Ich will nicht vollständig meine Vorschusslorbeeren aus der ersten Rezension zu diesem Abenteuerpfad zurückziehen. Ich habe bereits am Anfang dieser Rezension gesagt, wo ich diese Abenteuer mittlerweile Einordne. Und Grundsätzlich trifft das mal wieder auch auf dieses Abenteuer zu: Es handelt sich um einen kunterbunten Dungeoncrawl. Unter diesen Bedingungen ist er auch eindeutig gut gemacht.

Und vor allen Dingen ist der Aufmacher in diesem Bereich wesentlich überzeugender Aufgemacht, als es scheinbar in den Vorrausgegangenen beiden Bänden der Fall war. (Ich würde sogar soweit gehen: Hier haben wir selbst ohne den Aufhänger des McGuffin ein Abenteuer, das eindeutig für sich funktionieren kann, weil die Motivation des Korrumpierten Hauptanthagonisten der Handlung durchaus überzeugen kann.)

Das Problem allerdings ist halt trotzdem das kunterbunt im Mix: Wie ich schon sagte wirken die einzelnen aufgegriffenen Kreaturen als zu willkürlich ausgewählt, so als hätte hier ein Fan der Monsterhandbücher sich nicht an den Wahlspruch „weniger ist mehr“ halten wollen und zusätzlich zu den bereits erwarteten Dämonenhorden auch noch unbedingt die Brüder Grimm und Aliens einbauen wollen. (Bitte dieses Bild im übertragenen Sinn verstehen. Es kommen keine fliegenden Untertassen vor.)

Wer sich also in dem Bereich noch einmal Gedanken machen will, was die Monsterauswahl anbelangt, findet hier trotzdem ein brauchbares Abenteuer. Wer allerdings auch nur auf fröhliches Monstermetzeln im Dungeon steht, findet hier seine Freude. Und das sind auch eindeutig die beiden Hauptgruppen als Zielpublikum dabei.

Wer sich aber nicht in diesem Zielpublikum bewegt sollte sich Gedanken zu dem Ganzen machen, ob es ihm wirklich zusagt. Schlecht ist das Abenteuer, aber wie gesagt nicht, es gibt nur ein paar Kritikpunkte, die es noch ein wenig runder hätten machen können.

Und wie gesagt: Im Ästhetischen Sinne ist dieser Band beinahe ein Tiefschlag, was aber jetzt vermutlich jammern auf hohem Niveau ist. Das zeigt aber auch, dass man von der Stilikone Pathfinder nicht nur perfekte Bilderkathaloge erwarten kann. (Und das sollte man eventuell wieder als besondere Qualität im Hinterkopf bewahren.)

Dienstag, 4. Februar 2014

Rezension: Im Inneren des Albtraums (Der zerbrochene Stern Teil 5/6)

Cover: Im inneren des Albtraums
Der zerbrochene Stern 5/6

Verlag: Ulisses Spiele
Diesmal wird es anscheinend Schlüpfrig bei der Scherbensuchern: Die Nebenaufgabe in diesem Abenteuer bietet als eine von zwei möglichen Entlohnungen lebenslangen, kostenlosen Zutritt in einem Bordell für die Charaktere.

Bevor ich es vergesse: Im inneren des Alptraums ist der nunmehr fünfte Teil des Abenteuerpfades rund um die Splitter des zerbrochenen Sterns. Und um genau zu sein: Hierbei werden gleich die letzten Beiden, noch fehlenden Scherben präsentiert. Hauptaufhänger ist dabei die Scherbe des Zorns… und Cthulhu.

Hauptsächlich bewegen sich die Charaktere in diese Abenteuer in einem Gebiet, dass einfach nur als „Schulddorn“ bezeichnet wird. (Und natürlich eine direkte Verbindung zu den Runenherrschern Thassilons aufweist.) Hier hat eine blaue Drachin eine unglaubliche Armee an Riesen, welche ausschließlich aus Feuer- und Hügelriesen besteht, zusammen gescharrt. (Um die Mentalität der entsprechenden Kreaturen vernünftig darstellen zu können, könnte hierbei natürlich der Almanach der Riesen eine kleine Hilfe sein. Und da zweifelt das Orakel noch am Nutzen des entsprechenden Bandes.)

Technisch betrachtet kann man zu diesem Band eigentlich nicht so viel sagen: Man Kämpft sich durch eine Ausgrabung von Riesen, durch deren Lager und dann ganz allmählich durch die entsprechenden Dungeons nach Unten. Immer wieder einem „Bossgegner“ zwischendurch erreichend, der sich gesondert als Problem herausstellt.

Und sobald man weiter in die Tiefen dieses speziellen Dungeons Eindringt, um so absurder und abstruser wird das Ganze, denn diese Ruine ist eigentlich eine Querverbindung in den Cthulhumythos. Am Ende können die Charaktere sogar einen Ausflug ins Reich der Alpträume, nach Leng machen. (Und dementsprechend finden sich immer wieder Anspielungen auf die eine oder andere Größe von H.P. Lovecraft Werk.) In diesem Fall will ich eigentlich gar nicht zu viel verraten, denn auch wenn hier sehr viele Bilder entsprechend unseren Vorstellungen des Alptraums Lovecrafts bildlich vorkommen: Eigentlich lebt der Horror dieser Geschichten ja gerade vom Unbeschreiblichen der Wesen. Jenseits des menschlichen Verstandes. Nur so viel: Was man hier vorfindet ist zwar eindeutig Kunterbunt und entsprechend aufbereitet, aber es ist so kurios, wie es Lovecraft zuweilen angedeutet hat.

Und vor allen Dingen sollte hier jetzt eindeutig eine Sache klar sein: Die Suche nach den sieben Todsünden hat hiernach zwar ein Ende gefunden. Aber die Geschichte um den zerbrochenen Stern ist noch nicht zu Ende.

Wie üblich folgt dem eigentlichen Abenteuerplott die NSC-Gallerie, welche prominent von Cadrilkasta, der Drachin vom Frontcover angeführt wird.

Auch werden wie üblich Artefakte aufgeführt, die man während des Abenteuers erbeuten kann. (Wobei hier schon sehr eindeutig der Lovecraft-Bezug bei den Aufgeführten Gegenständen offensichtlich ist.)

Für Leute die sich allerdings nicht direkt mit dem Traumlandezyklus von Lovecraft auskennen (schämt euch) gibt es darauffolgend einen Artikel, der sich so kurz wie möglich und so umfassend wie Nötig mit dem Land der Träume auseinandersetzt – also ist hierbei durchaus für alle unwissenden gesorgt.

Mit dem Kapitel Lissala wird eine Göttin Thassilons vorgestellt, welche im heutigen Golarion eigentlich keine Bedeutung mehr hat. Da aber das komplette Abenteuer in einer Ruine des Reiches der Runenherrscher abspielt, bekommt sie hier noch einmal eine sehr wichtige Bedeutung. Sie steht für Wissen und für die sieben Formen der thassilonischen Runenmagie: Sprich, ihre Disziplinen stellen den Stern dar, der von den Charakteren bis hierhin zusammengesammelt wurde.

Und wie es für ein solches Religionskapitel notwendig ist, werden auch hier wieder alle wichtigen Dinge über eventuelle Gläubige preisgegeben.

Wie immer werden mit den Chroniken der Kundschafter ein weiterer Teil der fortlaufenden Episodengeschichte aufgeführt, welche hier erzählt wird und die mit dem Abenteuerpfad als Aufhänger dienenden Gilde der Kundschafter beleuchtet.

Das Bestiarium ist, dem Lovecraft-Motto dieses Bandes verschuldet, mit eben jenen Kreaturen befüllt worden, welche den Mythos ausmachen.

Nur um Namen zu nennen: Wir finden hier die Dhole, den Flugkraken, Kurschu die Unsterbliche (Äußerlich wirkt diese Chreatur wie eine Spinx, die den Körper einer Menschenfrau abbekommen hat.)

Außerdem hat der Nachtdürre hier einen Auftritt.

Wie üblich sind die wichtigsten Orte in diesem Abenteuer als Abschluss als Battlemaps aufgeführt.

Fazit

Ich habe mich ja im Zusammenhang mit „Jenseits des Weltuntergangs“ ein wenig über die Tatsache mockiert, dass die hier auftauchenden Kreaturen zu willkürlich gewählt worden seien. Nein: Ich wiederhole diesen Punkt nicht hier.

Ich sage nur, dass hier, im Vergleich zum Vorgängerband, diese Aufzählung des Ganzen thematisch abgerundeter Wirkt. Man hat definitiv das Gefühl, dass dieser Dungeoncrawl durchdachter Konzipiert worden ist, was eine thematische Auswahl der Monster anbelangt. Riesen, die einem Drachen folgen, Kreaturen, die durchaus etwas mit dem Cthulhu-Mythos zu tun gehabt haben können, und der Drache, der den Auftakt gemacht hatte, zum Abschluss.

Wie man der McGuffin-Jagdt, welche den kompletten Adventurepath ausmacht gegenübersteht sollte hier und jetzt mittlerweile niemandem mehr etwas ausmachen: a.) wer bis hierhin gespielt hat, kann mit der Suche nach den Scherben etwas Anfangen und b.) ist die Suche mit diesem Band auch abgeschlossen (wenn auch nicht der komplette Zusammenhang der Pfades an sich. Da kommt noch was.)

Und vor allen Dingen stimmt eines hier wieder: Die Illustrationen wirken wieder aus einem Guss. (Als alter Lovecraftfan hätte ich mir zwar lieber mehr Andeutungen, als wirklich konkrete Darstellungen gewünscht, aber das ist wohl letzten Endes unsere Kultur des offensichtlichen, die hier greift.)

Ich finde den Band soweit schön, muss aber festhalten: Wer diesen Adventurepath durch hat, sollte definitiv erstmal von Dungeons die Nase voll haben. Wir haben sie während des kompletten Spiels in allen Formen, Farben und Abstrusigkeiten durchlebt und können jetzt mit absoluter Gewissheit sagen, das Pathfinder sich seiner Tradition der Dungeons & Dragons bewusst geworden ist. (Weswegen hier wohl auch die erste Pathfinderpublikation laut Chefredaktuere vorliegt, die einen Drachen auf dem Cover hat.)

Das Abenteuer ist also definitiv ein weiteres mal etwas für Fans des Dungeoncrawls, aber den meisten restlichen Runden sollte diese Abenteuerart vermutlich am Ende des Pfades (also dem nächsten Band) dann wirklich erstmal zu den Ohren herauskommen.