Montag, 31. Oktober 2011

Rezension: China Mieville - UnLunDun

Cover: Chine Mievile - UnLunDun
Verlag: Del Rey
Mit Lewis Carrolls “Alice im Wunderland” und Lyman Frank Baums “Der Zauberer von Oz” wurde eine Thematik in die Jugendliteratur gebracht und weiterentwickelt, die man als Entwicklungsreisen innerhalb von chaotischen Welten bezeichnen könnte. Mit Un Lun Dun hat Mieville sich selbst ebenfalls dieser Thematik verschrieben und seine eigene Interpretation an Möglichkeiten aufgezeigt.

Die Geschichte dreht sich um Zenna und ihre Freundin Deeba, welche zu Anfang des Buches feststellen, dass sich um sie herum immer wieder seltsame Ereignisse abspielen und merkwürdige Personen in ihrer näheren Umgebung auftauchen. Dabei dreht sich alles um das seltsame Wort “Shwazzy”, das hin und wieder fällt und wie Zenna meint, eine Rolle spielt. Jedoch die genaue Bedeutung ist erst ab dem Zeitpunkt wirklich verständlich, als ein lebender Regenschirm die beiden Mädchen auf einen Weg aufmerksam macht, der sie in eine Unstadt, Un Lun Dun, bringt. Ein Ort an dem sich ganze Urwälder in Häusern verbergen, Mülltonnen geheime Kampfeinheiten bilden, Fischschwärme sich kollektiv dazu entscheiden an Land zu leben und fleischfressende Giraffen die Straßen heimsuchen.
Zenna und Deeba scheinen dabei eine besondere Art Besucher darzustellen, denn wie sich herausstellt erfüllt ihre Anwesenheit in dieser Stadt eine alte Prophezeiung, die sie ins Zentrum eines Kampfes befördert, der die Stadt schon länger heimsucht. Mit dem Shmock, dem größten Feind dieser Welt, sollen sie es aufnehmen. Doch schon sehr bald passiert etwas, das nicht hätte sein dürfen und Deeba sieht sich darum bemüht diese Aufgabe allein zu erfüllen, im Kampf gegen eine Uhr, die sie ihre Umwelt vergessen lässt.

Das China Mieville für skurrile Welten und Geschichten steht sollte mittlerweile jedem bewusst geworden sein. Die Tatsache das er in diesem Umstand hier eine weitere Variation zu einem fast schon uralten Thema aufgreift und seine eigenen Gedanken beisteuert ist dabei der Punkt, den man näher betrachten muss. Basisidee des ganzen ist das Spiel der Sprache. Besser gesagt Sprachgebrauch und Verständnisprobleme die daraus erwachsen. Bis zu einem Missverständnis der Wiedergabe eines gänzlich verfremdeten Begriffs.
Im Rahmen solcher Irritationen spielt Mieville scheinbar mit der alltäglichen Mythologie verdrehter Wahrnehmungen und Fehlurteile, deren Grundlagen teilweise Hysterie, teilweise nur simple Ignoranz darstellen und auf diesem Weg Gefahren in etwas sehen, das so nicht gegeben ist. (Die Paradoxie des Bedürfnisses von Freiheit und Sicherheit wird auf diesem Weg zum Beispiel in einem sehr abstrusen und ironischem Kontrast aufgezeigt, wenn als Lebensraum Dächer gewählt werden, die nur wenige Zentimeter über dem Erdboden erhoben sind, ohne Häuser darunter.)

Auf diese Weise entsteht ein Spiel mit verschiedenen Elementen, die in reiner Form einen verwirrenden Eindruck machen solange man sich nicht vor Augen führt was hier eigentlich thematisiert wird. Das Basiselement sind immer verschiedene Punkte des “nicht-Wissens” von Allgemeinbildung und Ersatzkonstrukte, die den Standpunkt erklärend verdrehen. Mieville baut daraus dann in einer Überspitzung einen Moment tatsächlicher Lebendigkeit und Kultur. Das ganze ermöglicht sich nur deshalb indem es in eine Welt jenseits “des Spiegels” im Übertragenen Sinn verfrachtet wird, die unserer Vorstellung eines Ortes des Vergessens entspringt. Die gewaltige Müllhalde eines Kollektiven Nicht-Bewusstseins, wenn man so will. Einzig und allein zu Betreten durch die fantastischen Elemente innerhalb eines Kinderspiels, das Ortswechsel innerhalb der eigenen Vorstellungswelt jeweils überhaupt erst ermöglicht.

Anders als bereits erwähnte Vorbilder nutzt Mieville dabei allerdings nicht die konstruierte Vorstellung eines Fensters, sondern bemüht sich mehr um den Wechsel zwischen den Welten im Sinne einer größeren Anstrengung.

Alles in allem zusammengefasst schafft es Mieville zwar nicht mehr den Vorbildern gerecht zu werden, deren Ansätze zum Teil wesentlich aktiver auf Fragen der Metaphysik innerhalb der Philosophie zurückgreifen, baut aber immerhin einen Thematischen Spiegel zu unserer eigenen Zeit auf. In soweit ist das Spiel der Elemente in dieser “Alice”-Variation zwar nicht gleichwertig, aber immer noch spannend zu lesen und ausgereift genug um sich selbst ein deutliches Momentspiel mit der Kultur in der es erstand zu gewährleisten. Wer die Welten Mievilles mag kommt also auf seine Kosten und für Personen, die Mieville einfach nur kennen lernen wollen ist dies hier sicherlich ein hervorragender Einstieg, da sich bei allem positivem “Wahnsinn” hinter dem Ganzen in nur einem Band die große Bandbreite der Welten an Ideen, die Mieville konstruieren kann andeutet.

Das Mievilles Wahnsinn Methode hat ist insofern nichts Neues und spiegelt sich auch in diesem Buch nur zu gut wieder das den Leser wie immer fordert sich auf eine andere Sichtweise einzulassen, anstelle den ewig gleichen, teilweise abgeschmackten Standardbildern zu konsumieren. Das ist gut und schlecht zugleich dennoch bleibt es außergewöhnlich und sollte versucht werden.

Montag, 24. Oktober 2011

Rezension: Erdenstern - Into the White

Cover: Erdenstern - Into the White
Die Diskussion über das Für und Wider des Einsatzes an Musik während Rollenspielsitzungen dürfte bereits jedem über den Weg gelaufen sein. Und wie bei jedem anderen unbeantwortbaren Streitgespräch dieser Art, dürften die Gründe für und gegen einen solchen Einsatz grundsätzlich durch ihre Mannigfaltigkeit glänzen.

Fakt ist aber ebenso, dass die Befürworter durch eine ständige Suche nach entsprechendem Material immer wieder auffallen und dabei im Laufe der Jahre einige Namen immer wieder auftauchen, wenn entsprechende Fragen im Netz gestellt werden. Erdenstern ist ein solcher Name, der mit der Reihe der Bibliothek der Fantastischen Musik in Deutschland seit mehreren Jahren mittlerweile fest im Sattel sitzt. 2010 erschien mit “Into the White” der damals als offizieller Abschluss der Serie geltende Tonträger, dessen Thematik in den kalten, weißen Norden den Zuhörer entführen sollte.

Rein äußerlich betrachtet ist es die übliche, grafische Qualität: Unter dem Album-Titel sieht man ein zentriert gehaltenes, diesmal beflügeltes Logo, das Assoziationen in Richtung Eis und Schnee wecken soll, wobei es sich auf einem weiß-gräulichem Grund befindet, der in die gleiche Richtung geht und durch eine leicht malerische Struktur in den Akzenten glänzt.

Der Inhalt besteht aus 21 Tracks in den gewohten Längen aus drei bis vier Minuten (und einigen Sekunden), welche eine hohe, qualitativ dichte atmosphärische Klangwelt mit sich bringen die vereinzelt durch gesang begleitet werden. Mal erinnert dies an indigene, folkloristische Klangwelten (Dog Sled), manchmal in seinem choralen Patos an etwas anderes (The white Guard). Wie immer liefert Erdenstern dabei auf der Rückseite ihres Booklets auch die dazugehörigen Hilfestellungen in Form von Schlagworten, welche Beschreiben sollen in welche Richtung das entsprechende Stück gerade gehen soll. (Und somit auch einem eher unvorbereiteten SL dabei geholfen werden kann, sich mit einem Blick auf die CD zu orientieren, welche Stimmung er gerade passenderweise wachrufen möchte).

Soviel zu den objektiv festhaltbaren Faktoren.
Jetzt zum Subjektivem.

Das Problem bei der Sache ist nämlich, dass wir hier immer noch von Musik reden. Von Musik, die Stimmungen wachrufen soll, während sie den Hintergrund einer Spielrunde beschallt. Und da ist Into the White ein Zwischending, das irgendwo zwischen den Stühlen sitzt. Denn eine der großen Grundfragen dürfte sicherlich sein: Was erwartet man vom hohen Norden? Und wie setzt sich dies dann in Klangwelten um? Und vor allen Dingen: Wie schafft man es, dass dieser Umstand sich dann auch bei allen gleichermaßen festsetzt? Eine 100%ig zufrieden stellende Übereinstimmung als Endergebnis wird es da sicherlich nicht geben. (Während ich dies hier schreibe läuft gerade der Track Nr. 12 – Cold Steel – und ich persönlich kriege die ganze Zeit über Bilder von Raumschlachten nicht vor dem inneren Auge vertrieben). Insofern ist die Winterthematik ein sehr undankbares Thema, aber durchaus auch ein Thema, dass halt immer spezielle, andersartige Querbedürfnisse braucht und daher durchaus auch Thematiken der anderen Alben Erdensterns noch einmal vereinzelt aufgreifen und neu interpretieren muss, damit sie in den speziellen Kontext passen. Insofern wecken ein paar der Tracks durchaus Assoziationen in die entsprechenden Richtungen von großer Weite, jedoch ist der Eis-Touch bei Dingen, die dann mystischer oder kriegerischer Natur sind nicht ganz so stark gegeben. (Auch wenn Snow Queen – Track 16 – durchaus in seiner verstörenden Art Weihnachtsstimmung wachrufen kann).

Fazit:

Taugt das Album was? Ja.
Schafft es das angekündigte Ziel zu erreichen? Jain.
Wie bereits im subjektiven Part angesprochen, handelt es sich bei dem Winterthema um einen gesonderten Sammelteil vieler verschiedener Themen, die bei jeder Person eine andere Sichtweise wachrütteln. Zwar schaffen es die meisten Stücke immerhin ein Gefühl von gehobener Weite, im Sinne einer weiten Reise wachzurütteln, jedoch ist das ein Thema der Reise, nicht der Kälte oder des Schnees. Insofern bleibt das Album in vielen Dingen ein problematischer Versuch. Man möchte fast freudestrahlend sagen: Gradios Gescheitert! Und Erdenstern für das Werk begeisterten Beifall zollen.
Die Stärke wie die Schwäche des Albums ist definitiv die Tatsache, das Eiswüsten keine prägenden Motive haben sondern letzten Endes Freiräume darstellen in denen Dinge stattfinden. Erdenstern füllen insofern diese Freiräume mit ihren ungeheuer dichten Klangwelten, laden aber den Zuhörer dazu ein, mit seiner eigenen Fantasie auf Streifzüge zu gehen, die ihn in die Irre führen.
Verloren inmitten von Eis und Schnee sozusagen.

Mittwoch, 19. Oktober 2011

Auf einen guten Start.

Tja, da treibe ich mich jetzt seid Jahren im Internet herum und stolpere immer wieder über das Problem der Frage: "Wo zur Hölle kann ich meine Überlegungen zu diesem oder jenem Thema unterbringen?"

Klar, Foren sind eine Möglichkeit. (Ebenso das gute alte Tagebuch, für ganz persönliche Gedanken, die niemanden was angehen.) Aber was ist mit verrückten Dingen, die ich wirklich irgendwo zentralisiert mal zusammengefasst sehen will? Das soll jetzt dieser Blog hier langfristig werden. Die kranken Ideen, die ein Rollenspieler nach Laune anhäuft. Vielelicht läuft das ganze nicht Automatisch jeden Tag oder jede Woche rund, aber wir werden sehen, was dabei rumkommt.

Wer ich bin? Nun, ich bin Orakel. Ein Student am Rande des Nervenzusammenbruchs. Ein Künstler aus Entschluss. Eine Leseratte und schlicht und ergreifend Wahnsinnig!

Und seid langen Jahren ein Rollenspieler. In diesem Sinne haben sich einige Bücher im Laufe der Zeit bei mir angesammelt und unmengen an Zeugs ist bis Heute einfach nur angelesen aber unbespielt ins Regal gewandert.)

Ich hoffe das ich mir hier eine Ausgangsplattform schaffen kann. Nach und nach diverse, interessante Notizen und Szenario-Schnipsel anbieten kann. Und wer weiß? Eventuell kann ich ja den einen oder anderen auch Inspirieren und zu guten eigenen Ideen verhelfen.

Ach ja: Wie man am Titel des Blogs sich eventuell denken kann bin ich ein Fan des Rollenspiels Unknown Armies. Es wird nicht nur darum gehen, aber ihr könnt durchaus damit rechnen, das einer der Schwerpunkte da zu finden ist.