Montag, 22. Februar 2016
Mein ver*piep* Problem mit den ver*piep* Ethikpfaden!
Der diesmonatige Karneval dreht sich um das Thema der „Gesinnungen“ in Rollenspielen.
Jetzt ist es allgemein bekannt, dass dieses sehr grobe Schemata, das sich hinter dem Begriff der Gesinnung verbirgt, von vielen der hochgelobte Aspekt an dem D&D-Derivaten letzten Endes ist. Das kommt daher, dass die Gesinnung eines Charakters sehr schnell bestimmt, wie der Charakter auf bestimmte moralische Fragen reagiert. Und hier kommt es jetzt zu einem „kleinen“ Problem: Diese Doppelachse aus gut bis böse und rechtschaffen - neutral – chaotisch setzt eine bestimmte Vorstellung von moralischem Handeln bereits vorraus, die letzten Endes aus einem sehr konkreten Kontext entsprungen ist: Um genau zu sein handelt es sich hierbei um die westlich geprägte, religiös fundierte und durch die Aufklärung zementierte Moral des Christentums, wie sie am stärksten in den zehn Geboten ausformuliert wurde und durch zahlreiche Analogien innerhalb der Bibel ihre Erweiterung fand. (Und weil man als letztes Problem auf die Frage „Warum moralisch sein?“ auch zu Zeiten der Aufklärung keinen wirklich letzten Schluß gefunden hat, verblieb auch letzten Endes Imanuel Kant nur der Hinweiß der Furcht vor dem Jenseits als letzte Ausflucht über. Von der pascalschen Wette wollen wir hier gar nicht mal reden.) Die Gesinnungen sind also deshalb nicht zugänglich weil sie eine sehr einfaches, abstraktes Orientierungsmuster abgeben, sondern weil sie auf dem Aufbauen, was wir kennen und nach dem wir handeln. (Auch wenn manche Personen durch Sprachspiele ihr amoralisches Handeln als positiv verdreht darzustellen versuchen.)
Und genau dort beginnt letzten Endes mein persönliches Problem: Wir arbeiten in einer Werteskala, die nicht aus der Box von Gut und Böse herauskommt. (Will heißen: Wir denken darin und versuchen meistens auf eben dieser Werteskala unsere Handlungen in den Augen der vermuteten Allgemeinheit zu messen.)
Und in genau diesem Bezug kommt jetzt Vampire The Masquerade mit seinen Ethikpfaden ins Spiel. (Oder auch „Pfade der Aufklärung“, wenn wir den englischen Begriff einmal wörtlich übersetzen.) Prinzipiell haben diese für mich nämlich alle das gleiche Problem: Ich verstehe ihren jeweiligen Ansatz nicht. (Jap... auch ich habe bei einem meiner Lieblingssysteme gewisse Probleme.) Der Punt bei dieser ganzen Angelegenheit ist nämlich, dass alle in ihrer jeweiligen Art dem Prinzip des kathegorischen Imperativs folgen, indem sie die berühmte, 10stufige Hirachie aus Sünden aufbauen. (Klar ist dabei immer: Das Ziel von Vampire war irgendwo immer schon der jeweilige moralische Verfall, sprich die Verschlechterung der Gesinnung in der jeweiligen Skala, die dazu führt, dass man sich der 0 auf dem entsprechenden Wertesystem und damit dem entgültigen Verlust an die Bestie ganz allmählich annähert.)
Zeitgleich stellt sich aber auch das Problem ein: Aus diesem Sündenregister lässt sich nur sehr schwer eine Tugendenhyrachie ableiten, welche es einem wieder ermöglicht nach oben zu schreiten.
Das liegt aber auch daran, dass sich das System letzten Endes in zwei zusätzliche Motive aufspaltet: Moral und Überzeugung.
Während die Moral tatsächlich die weiterhin aufrecht erhaltene Konzeption eben religiös-intendierter, westlicher Moralvorstellungen darstellt (sorry for the pun.) Versucht der Überzeugungswert das zu emulieren, was im Wiederspruch zu diesen Werten steht... und vor allen Dingen entspringen aus diesen Bereichen erneut gewisse Wiedersprüche an sich.
Ich will es an einem sehr speziellen Beispiel festmachen: In der regulären „Via Humanitas“ ist es eine der absolut niederträchtigsten Totsünden einen Mord an einem Menschen zu begehen. (Ich rede jetzt rein von der mechanischen Seite her, an der gewürfelt werden muss, um den Fall an Menschlichkeit zu bestimmen.) Das Problem, dass ich mit dieser Situation dann allerdings habe ist, dass dieses Konzept von Mitleid (egal auf welcher Ebene es sich letzten Endes bewegt) gerade für andere Vampire nicht gillt. Der Tot eines Mitglieds der eigenen Art wird sogar Mitleidlos in Kauf genommen.
Und genau da beginnt in gewisser Weise das große Problem mit den Ethikpfaden: Sie tanzen irgendwo zwischen den Extremen aus gläubiger Unwissenheit (was in gewisser Weise mit Schwäche von der Darstellung her assoziiert wird) und physischen oder psychischem Machtgewinn, welcher aus dem Prinzip der eigenen Überlegenheit durch „Stärke“ gewonnen wird. Jedoch habe ich bis jetzt keinen Ethikpfad gefunden, der aus dem Kainsmythos als bloße Existenz Gewissheit zieht und auf diesem Weg eine … sagen wir … ungewöhnliche Tugend sucht. (Viel mehr bleibt es bei allen diesen Wegen des Glaubens oder der Überzeugung auf der Ebene permanenter Unwissenheit.) Und dadurch bleiben die meisten Ethikpfade letzten Endes in ihrem Versuch Alienhaft zu wirken, auf einer sehr verqueren Ebene grundsätzlich Menschlich.
Mein Problem, also der Punkt, wo ich bei der Beschäftigung mit den jeweiligen Pfaden immer einen unlösbaren Knoten ins Gehirn bekomme, ist die Tatsache, dass die jeweiligen Sündenhirachien neben ihrer eigenen Gut-Böse-Skala sich noch einmal auf einer eigenen Skala von Gut und Böse bewegen, was die jeweilige Zuordnung aus einer all zu menschlich-christlichen Perspektive angeht. (Und zwar aufgrund der Tatsache, dass jeder dieser Ethikpfade ausschließlich über den Machtanspruch definiert wird.)
Formulieren wir es einfach mal Anhand eines sehr zugänglichen Beispiels: Kannibalismus gilt im westlichen Kulturkreis als „Todsünde“. (Die Herkunft dieser Idee leitet sich aus der christlichen Vorstellung ab, dass am jüngsten Tag die Toten aus ihren Gräbern fahren werden und sich dem jüngsten Gericht stellen müssen. Daraus erschließt sich aber auch der Umstand des Totenkultes, der dazu führt, dass die sterblichen Überreste einer Person zumindest in der römisch-katholischen Doktrin nicht verbrannt werden dürfen, um die Unversehrtheit des Körpers zu diesem Ereignis zu gewährleisten.) Innerhalb der Camarilla gibt es aus eben diesem Umstand die Todsünde der Diablerie, welche nicht nur geächtet sondern auch mit dem Tod bestraft wird. (Sprich: Wir haben hier ein Gesellschaftliches Stigma, dass sich aus der entsprechenden ursprünglich religiösen Lehre ableiten lässt. Das hat aber an sich nichts mit der Via Humanitas zu tun, welche zumindest in der kontemporären Form sehr stark mit bestimmten Prinzipien von Mittleid spielt.)
Auf der anderen Seite aber gibt es Ethikpfade, die ganz klar in ihrer Sündenstatistik die Diablerie einfordern. Das Argument, dass hierbei zu Tage kommt, ist der Umstand, dass es in barbarischeren Kulturkreisen als wesentlich galt, Macht aus dem Verzehr erschlagener Gegener zu gewinnen. (Ein Umstand der bei den entsprechenden Stämmen aber auch zu einer Ausbreitung von Kreuzfeld-Jacob führte.) Diableristen mehren ihre Macht durch den Konsum ihrer Feinde.
Jetzt gäbe es aber auch noch die Möglichkeit, als denkbares Zwischending, dass man gerade Weil man weiß, dass einem nach dem endgültigen Ableben als Vampir nur noch die ewige Verdammung erwartet (also die Gewissheit einer göttlichen Strafe aus dem Kains-Mythos zieht), diesen Umstand aus Mitleid dem gefallenen Individuum gegenüber zu verhindern sucht. Man macht sich selbst zu einem Seelengefäß für viele. Macht würde aus dieser Art der Überzeugung erst einmal nicht das springende Element sein. Und genau da bliebe die Frage über: Wie könnte ein solcher „Seelensammler“ seine Sünden aufbauen?
Eventuell wäre es gerade dieses fehlende Zwischending, dass zumindest mir das komplette Gesinnungssystem der Vampire-Philosophie so unzugänglich macht. Ich kriege einfach nicht eingeschätzt was eine Tugend ist, an die man sich festhällt, um wieder auf die Beine zu kommen. (Ich weiß noch nicht einmal im wirklich leben in jeder Situation, was die moralisch richtige Entscheidung ist... von daher muss ich wohl von Glück reden, dass die Null in meiner Menschlichkeit nicht aus einer reißenden Bestie besteht.)
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen