Wer ist der Joker?
Das könnte man als so ziemlich die zentralste Frage im kompletten
Batman-Kosmos bezeichnen. Und hierbei muss man eventuell ein wenig
weiter ausholen: Denn eine wirkliche Antwort gab es in der Hinsicht
im Comic-Umfeld eigentlich nie. Sicher: Es gab die Graphic-Novel „The
Killing Joke“, auf die die meisten Filme dann auch irgendwie ihren
Bezug genommen haben. (Gerade wenn wir uns dafür den von Jack
Nicholson gespielten Joker in Tim Burtons Batman oder die
entsprechenden zentralen Szenen aus der Origin von Harley Quinn aus
Suicide Squad ansehen, hat man das Gefühl, dass hier sehr viele
Gemeinsamkeiten bestehen müssten.) Andererseits gibt es aber auch
die Idee, dass es noch nie einen Joker gab, sondern immer Drei
verschiedene Personen „Der Joker“ zeitgleich sind, welche bei
Bedarf ihren Wahnsinn über Gotham ausschütten. Und wir dürfen die
eindrucksvollen Szenen von Heath Ledger aus „The Dark Knight“
nicht vergessen, in denen der Joker immer wieder eine andere Origin
der Narben seines „Glasgow Smiles“ erzählt. Und auch die Serie
„Gotham“ erzählt die Geschichte zweier Zwillingsbrüder, die
über ein besondere Gas sich gegenseitig in den Wahnsinn treiben.
(Wobei einer von Beiden von Anfang an psychopathische Charakterzüge
zeigt.) In sofern ist die Idee, dass der Joker eigentlich keine
Person, sondern viel mehr eine Art die Persönlichkeit
überschreibendes Mem, eine Gehirn-Virus des Wahnsinns ist, irgendwo
immer schon Teil des Film-Kosmos neueren Datums gewesen.
Der Film Joker
erzählt uns die Geschichte von Athur Fleck. Einem erfolglosen Clown,
der davon Träumt als Comedien durchzustarten. Zeitgleich hat er
einen Gehirnschaden, der ihn immer wieder in den unpassensten
Momenten dazu bringt, lauthals loszulachen. Zeitgleich kümmert er
sich um seine pflegebedürftige Mutter, die ständig nachfragt, ob
eine Antwort auf ihre Briefe an Thomas Wayne angekommen sei. Und das
Ganze in einem Gotham, dass stilistisch irgendwo in den 70ern
angelegt sein müsste.
Auslöser für die
Geschichte dieses Films sind jetzt im Grunde zwei Szenen: Die erste
ist die bereits aus den Trailern bekannte Szene, in der dem auf der
Straße arbeitendem Athur das Schild von Jugendlichen gestohlen wird
und er daraufhin zusammengeschlagen wird, als er versucht das
entsprechende Schild wieder zurückzuholen. Die zweite Szene findet
in der U-Bahn statt. Drei mittzwanziger Wall-Street-Juppies versuchen
eine Frau zu belästigen, wobei Athur einen seiner Lachanfälle
bekommt und anschließend beinahe von den dreien erneut
Krankenhausreif getreten wird. Nur dass er diesmal mit einem Revolver
bewaffnet ist und alle drei erschießt und anschließend vom Tatort
flieht.
Was anschließend
folgt ist eine Mediale Überrepräsentation des von den Medien als
Moster dargestellten Killerclowns sowie einigen Bemerkungen von
Personen wie Thomas Wayne, die dazu führen, dass immer mehr sozial
abgehängte Individuen sich auf eine hochgradig anarchistische Art zu
einer Clown-Bewegung formieren, die durch die Straßen zieht und
Slogans wie „Kill the Rich“ skandiert.
Innerhalb dieser
ganzen Geschichte beginnt ein langsamer, aber stetig wachsender,
geistiger Zerfall bei Athur, der sich stellenweise in Phantasien über
eine Affäre mit einer Nachbarin flüchtet und irgendwann gar nicht
mehr so genau weiß, wem er jetzt eigentlich noch glauben soll. Am
Ende bleiben eigentlich nur noch zwei Wahrheiten übrig: Die Reichen
verdienen ihrem Erfolg einem großen, kosmischem Zufall, anstelle
harter Arbeit. Und auf der anderen Seite ist eigentlich jedes Leben
nichts anderes als ein beschissener Witz, über den nur niemand mehr
lachen kann. (Somit ist die gewaltige Pointe auch eigentlich ein Mord
vor laufender Kamera, der dann durch sämtliche Nachrichten geistert
und ständig wiedergekäut wiederholt wird.)
Und zeitgleich
brennen die Straßen Gothams, weil die Clowns ausrasten.
Für sich betrachtet
ist dieser Film auch keine klassische Erzählung, wie ihn so viele
andere DC-Filme ausmachen. Denn technisch gesehen muss man diese
Erzählung eigentlich „nur“ als eine Aneinanderreihung von
einzelnen Szenen betrachten, die zu allem Überfluß eher auf dem
klassischen „und dann“ basieren. Also einfach nur eine
Aneinanderreihung von einzelnen Szenen, in denen etwas passiert. Nur
dummerweise funktioniert diese Aneinanderreihung von Szenen in ihrer
eigenen Logik dermaßen gut, dass trotzdem eine funktionierende
Erzählung dabei rumkommt. Einfach deswegen, weil hier jegliche
Logik, die der „normale“ Zuschauer als „gutes Storytelling“
bezeichnen würde eh nicht mit dem Charakter des Jokers harmonieren
könnte.
Insofern lebt dieser
Film eigentlich nur davon, dass man in einer Aneinanderreihung von
einzelnen Szenen seine eigene, persönlich-vojoristische Ader am
geistigen Verfall des Jokers abarbeitet, ohne jemals wirklich auf die
Idee zu kommen, was die eigentliche Pointe dieses gewalltigen,
kosmischen Witzes ist, bei dem niemand mehr lacht. (Und im Grunde
stellt sich anhand der Ausgangsposition eine sehr zentrale Frage:
Gibt es überhaupt eine Szene, in der der Joker ein ehrliches Lachen
führt.)
Im Grunde möchte
ich zum Abschluss für mich bei diesem Film, den ich wirklich jedem
ans Herz legen möchte, ihn sich anzusehen, nur noch zwei Dinge für
mich festhalten: Ich möchte wirklich glauben, dass wir am Ende des
Films den Witz nicht verstehen. Und zum anderen glaube ich, dass auch
dieser Film nicht die Origin-Story des Jokers erzählt, sondern zum
großen Konglomerat des „Mems“ gehört, welches vermutlich vom
Joker selbst verbreitet wird um aufzuzeigen, dass jegliches Interesse
an seiner Herkunft auch nur ein einziger Witz ist, dessen Pointe
hochgradig subjektiv verstanden werden muss.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen