Montag, 28. Dezember 2015

Von ebay, von (Geld-)Werten, von zu hohen Erwartungen und vom Rest der Welt. Der Fehler der Sammlerpreisspekulation.

Ich bin ja jetzt nicht (mehr) unbedingt die am häufigsten streitende Person, online. Aber manchmal kommt es dann doch hin und wieder vor, dass ich mich immer noch mit der einen oder anderen Person in die Haare bekomme. (Problematisch wird sowas immer dann, wenn die entsprechende Person einen Austausch von Argumenten gleich als einen persönlichen Angriff zu werten scheint, aber sei es drum.

Ich werde für diese Ausführung keine Namen nennen. (Die Leute, die die Sache verfolgt haben, werden wissen über wen ich spreche, für alle anderen ist es eher Nebensächlich.)

Auslöser für diesen Artikel war einer der Zahlreichen Threads in Foren rund um das Thema „wie viel kann ich bei ebay dafür minimum Verlangen?“. Der Threadersteller hatte zu einem entsprechenden Zeitpunkt eine Auktion online erstellt und dabei einen verhältnismäßig niedrigen Ertrag aus der Auktion gezogen. Was aber von andere Stelle direkt als „unter Wert verkaufen“ kommentiert wurde. Und genau diese Ansicht ist dann doch ein wenig Problematisch, weil das Endergebnis von solchen Auktionen eher anders zu interpretieren sein sollte.

Zuallererst einmal muss ich dabei hier vermutlich erwähnen, dass ich in diesem Artikel ausschließlich über den Geldwert rede, weshalb vermutlich auch eher der Begriff des Preises im weiteren verlauf dieses Artikels häufiger auftauchen wird. Das Problem bei der gesammten Geschichte ist nämlich, dass Geld als abstraktes, an sich erstmal wertloses Medium nur eine bedingte Aussage zu irgendwas machen kann. (Um genau zu sein ist Geld lediglich ein mittelbarer Tauschgegenstand, der den Arbeitsaufwand entgegenwirken soll. Dass das an sich auch wieder ein problematisches Feld ist, kann man recht schnell erfahren, wenn man sich über die derzeitigen Fehler in der Schulbuchlehre der Wirtschaftswissenschaften ein wenig auseinandersetzt, aber das sei hier nur am Rande erwähnt, dass der „homo oeconomicus“ zusammen mit rational agierenden Banken eher in den Märchenbüchern der Gebrüder Grimm Sinn macht. Und zumindest die Banken auch nur als Hexe, die man in den brennenden Ofen schuppst.) Aber das hier soll kein Rant über die fehlerhaften Theorien unseres Wirtschaftssystems sein.

Vielmehr geht es doch um die Frage, wie man ebay-Ergebnisse zu bewerten hat? Zuerst muss man dabei wohl die Frage stellen, woher solche Erwartungshaltung, die eher deutlich höher sind, in erster Linie kommen. Wir reden hier immerhin von SecondHand-Produkten.
Zum einen ist da natürlich der übliche Fehler, das einige Leute der Ansicht sind, dass hier ihre jeweilige Vorstellung ins Gewicht fallen müsste, das auch ideelle Werte in irgendeiner Form in einen Geldwert übertragbar sein müssten. Und letzten Endes ist genau das das Problem: Der ideelle Wert bezieht sich auf private Erinnerungen. Freudige Momente, die man erlebt hat, und für die entsprechende Gegenstände einen gewissen, symbolischen Moment bekommen haben. Das Problem ist nur: Man verkauft letzten Endes den Gegenstand als Artefakt ohne solche Geschichten an jemanden, der die eigenen Erinnerungen nicht Aufrufen kann. Insofern ist gerade dieses Konzept vollkommen displaziert in einer solchen Diskussion. Und auch wenn es die meisten Leute mit einer solchen Erwartungshaltung vermutlich nicht zugeben wollen: Am Ende ist es natürlich genau das, was die größten Enttäuschungen in dem Bereich wachruft.

Der zweite Punkt in dieser Erwartungshaltung ist ein Mischmasch, in den verschiedene Phänomene zusammenfallen.
Zum einen wäre da der Sammlermarkt, gerade der Comic-Sammlermarkt während der '90er. Damals sind sehr viele Hefte mit einem Mal von einem unglaublicher Wertsteigerung betroffen gewesen. (Die eine künstliche Blase war.) Was jetzt genau die entsprechende Blase zum Platzen gebracht hat, ist letzten Endes egal. (Vermutlich waren es auch einfach zu viele „Spezial-Editionen“ auf einmal, die die entsprechenden Sammlerpreise in sich kollabieren ließen. Man könnte jetzt natürlich über den Weg einer „künstlichen Verknappung“ im Sinne der Preisgestalltung argumentieren, das nicht jeder alles haben kann. Das Problem dabei ist nur: Wirklich funktioniert hat so etwas im Sinne von Second-Hand-Artikeln nur während der 90er. Damals gab es monatlich erscheinende Preiskataloge, welche atuelle Preis-Entwicklungen durch nur bedingt nachvollziehbare Kathegorien und Kanäle festhielten und auf diesem Weg eine Orientierungshilfe vor Ort waren. (Wobei dieses „vor Ort“ bereits den kompletten Wirkungsradius der eigenen Mobilität definierte. Ein Comic-Laden in der eigenen Stadt konnte bereits selbst Luxus sein.) War war also auf die komunale Ebene begrenzt, um nach solchen Dingen zu suchen und/oder sie zu finden. Mit dem Internetzeitalter bricht dieser Bereich auf, da die Welt im eigenen Wohnzimmer ein- und ausgeht.
Und genau in diesem Zusammenhang wird die verknappende Ressource also nicht durch den Geld- sondern dem Zeitfator definiert: Wie viel Zeit hat man, um einen Gegenstand loszuwerden?
Letzten Endes ist nämlich die Natur ebays als Auktionshaus hier nicht der entscheidende Faktor. Da die Funktion eines Festpreises hier genauso gewährt ist, wie die Festlegung eines Startgebots, ist jeglicher Hinweiß auf ein vermeitliches Außenbild kein valides Argument gegen die Ergebnisse von Auktionen, was die Aussage über den Geldwert eines hier angebotenen Objektes betrifft.
Nur sollte man sich eher der Tatsache bewusst sein, dass es vielmehr so ist, dass bestimmte Objekte einfach nicht so sehr gefragt sind, wie andere. (Zumal ja bestimtme WoD-Artikel über ebay-Auktionen auch wirklich unglaubliche Preisentwicklungen erzielt haben.) Nur: Man kann nicht auf eben diese Preisentwicklungen spekulieren und daher von Anfang an mit einem „das ist die Erwartungshaltung von Wert“ argumentieren und dann bei einem deutlich geringeren Auktionsergebnis sagen, man währe gezwungen gewesen den Gegenstand „unter Wert“ zu verkaufen. Viel mehr hat der Augenblick bereits aufgezeigt, dass der Wert des Gegenstands nicht der erhofften Erwartungshaltung entspricht. (Ganz davon ab, dass ebay in manchen Bereichen sehr eindeutig vom Publikum her die Eigenschaften einer Spielhalle aufweist. Aus irgendeinem Grund beginnen manche Leute wie die Bekloppten kurz vor Auktionsende sich gegenseitig in die Höhe zu bieten. Wenn diese Faktoren bei einem Ergebnis allesamt also nicht einspielen ist die Behauptung eines „unter Wert verkauft haben“ also schon per se falsch.)

Noch schwieriger wird es in der Gegenwart auch noch, diese einstigen Sammler-Mondscheintarife in irgendeiner Weise zu rechtfertigen, wo durch PoD-Angebote in einer unglaublich ausgereiften Weise hochqualitatife Druckerzeugnisse zum Neupreis angeboten werden. Auf diesem Weg fällt die Nachfrage der Nutzer-Community, welche solche Bücher gekauft hätte, um sie am Spieltisch zu gebrauchen und nicht um sie ins Regal zu stellen, weg. (Zumindest solange die entsprechenden Personen sich der Tatsache bewusst sein, das am Ende des PoD-Prozesses ein Buch und nicht eine Klebebindung aus dem Copy-Shop steht.) Das war zumindest der Teil, der zu WoD-Spitzenpreiszeiten, den Sammlerpreis mit in die Höhe hat schrauben lassen.

Es bleibt in diesem zusammenhang also nur die ernüchternde Erkenntnis: Die Verknappung von Gegenständen in Form eines Begrenzten Aktionsradius fällt so gesehen erst einmal weg, da die entscheidenden Dreh- und Handlungsorte, welche die Preisstruktur bestimmen online offen und für jedermann zugänglich und einsehbar sind.

In diesem Zusammenhang könnte man natürlich über die moralische Schiene argumentieren, das Problem dabei ist nur: Welche moralische Komponente kommt zum Tragen, solange wir über die Preisstruktur eines Gegenstandes argumentieren?
Wegfallen täte nämlich der in diesem Fall (wir reden hier von Büchern aus zweiter Hand) der Ansatz, das man über den Preis die Arbeit des Erstellers zu würdigen versucht.
Haltbar hingegen (und das tatsächlich als einziges Argument auf der moralischen Ebene) ist der Punkt, in dem wir die Frage nach der Nachhaltigkeit stellen. Wir leben in einer Überflussgesellschaft mit begrenzten Ressourcen. Das heißt, dass man nur mit einer gewissen Selbstreflektion der Medienträgerschwemme an Artefakten durch Verzicht auf „Neuheit“ gegenübertritt und freiwillig zur SecondHand-Lösung greift. Allerdings, und dem muss man sich dabei klar sein: Natürlich ist hier nicht zu rechtfertigen, dass man dabei auch noch bestraft wird, sinnvoll zu handeln. Ein Gegenstand aus zweiter Hand kann demnach zumindest solange wir ihn als Gebrauchsgegenstand begreifen, nicht auch noch teurer Sein, als der gleiche Gegenstand aus im Neuzustand aus dem ersten Markt. (Ein Punkt der übrigens immer dann ins Gewicht fällt, wenn entsprechende Versandhäuser aus dem Reseller-Setor entsprechende Aktionen bewerben und dann die Preise mit der entsprechenden direkten Konkurrenz verglichen werden.)

Es bleibt also auch hier die entsprechende Erkenntnis nur übrig: Jede Form von Preisvorstellung braucht einen Abnehmer, der bereit ist den Preis zu bezahlen. (Und wir müssen dabei auch in den entsprechenden sauren Apfel beißen und sagen: Die Exististieren in sehr vielen Fällen nicht.)

Natürlich beschränken sich einige Sammlercommunities in bestimmten Fällen auf bestimmte Eigenschaften, die ein Objekt, dass in Massenware erstellt wurde, wieder zu etwas besonderem macht. Im Falle von Schallplatten sind das die Strichcodes von bestimmten Pressungen. Im Falle von Büchern sind es die entsprechenden Auflagen.)
Wir haben allerdings im Rollenspielsektor zwei kleinere Probleme, was das betrifft: Die Gegenstände, die eine Aura haben, sind bereits bekannt, da sie - wenn überhaupt – über die entsprechenden Verkaufplattformen eindeutig hohe Preise erzielen. (Und die Verkaufsplattform ist das entsprechend kritisierte Auktionshaus mit dem „Schnäppchenruf“.)
Die Communitie existiert also. Und sie weiß, was sie will. Und Auktionen generieren dabei Situativ, aus dem Moment heraus die Erwartungshaltung, die man haben sollte. Die Wunschvorstellung, die natürlich deutlich höher ist, kann man zwar auch hier und da gelegentlich an den eindeutigen Angeboten mit festpreisen ablesen. Nur: Diese Angebote sind seid Jahren immer gleich geblieben. Es muss also hier ein eindeutige Negation der Frage aufgezeigt werden, ob der erwünschte Mondscheintarif tatsächlich der Wert des Gegenstandes ist. Denn letzten Endes gillt für alle diese Bücher die gleiche Prämisse: Es sind identische Objekte aus einem Massenfertigungsprozess, welche aber nur mit einer endlichen Anzahl angefertigt wurden.

Jedenfalls kann man ebay eines Nachsagen, was dabei sehr unangenehm letzten Endes ist: Die Preisgestalltung im Sammlerbereich hat sich durch das Online-Zeitalter deutlich realistischer ausgependelt, auf einem vollkommen demokratisiertem Weg. Jedenfalls so stark, dass ein „unter Wert“-Argument nicht mehr haltbar ist, wenn durch eine Auktion nicht der Wunschpreis erziehlt wurde, den man sich eigentlich erhofft hätte. (Und bei dem manche behauptet hätten, dass sie sonst nicht darunter verkaufen würden.)

Um jetzt wirklich noch mit einer wahren Polemik auf den Sammlermarkt zu kommen, bleibt eigentlich nur ein Satz aus einem alten Dilan-Song übrig: „The times they are a'changin'“ … und ergänzend dazu: so get over it!

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