Ich bin gerade dabei einige Recherchen
für ein anderes SLC-Konzept zusammenzutragen, dass mich in den
letzten Tagen herumtreibt. Allerdings fiel mir dabei eine Kleinigkeit
auf: Dämonen aller Art treiben sich immer wieder in meinem Kopf
herum... aber irgendwie ist mir der große Verführer dabei die ganze
Zeit entgangen.
Also... gehen wir mal ein wenig wild
assoziativ vor: Zum einen gibt es da das berühmte Stück „Paradise
Lost“ von John Milton, in dem es um die große Rebellion von
Luzifer geht. (Besondere Berühmtheit hat es dabei deswegen, weil
Luzifer eine sehr lange Tirade als Monolog über seine Motive von
sich gibt. Nützlich, um ihn als Freiheitskämpfer gegen
festgefahrene Strukturen zu begreifen.) Dann gibt es da noch die
Darstellung Al Pacinos in „The
Devil's Advocat“, wo zwar die Darstellung des Charismatischen
Mannes sehr überzeugend ist, die allerdings ein paar Probleme
aufweist. Nicht zuletzt stellen die Roling Stones in „Sympathy
for the Devil“ den Teufel
als einen Mann von Welt vor, der sich selbst in die Geschichte
einführt.
Um dem ganzen noch einen weiteren
Aspekt rund um das Thema des großen Verführers beizumengen erwähne
ich auch noch Brad Pitt in seiner Darstellung des Tyler Durdon aus
dem Film Fight
Club. (Doch dazu gleich ein wenig mehr.)
Der zentrale Punkt bei der Sache ist,
dass ich dieses Klischee des „Teuflischen Anwalts“ nicht wirklich
überzeugend finde, um ein brauchbares Konzept zu bedienen. Insofern
sehe ich zwar ein paar Elemente aus „The Devil's Advocat“
durchaus als nützliche Ansätze an, was Stilmittel betrifft, aber
den Anwalt an sich zum Teufel zu erheben finde ich eher unbrauchbar.
Der Punkt dahinter steckt hinter einem bestimmten Aspekt: Der
empfundenen Ungerechtigkeit, die daraus entspringt, wenn aus einem
Gerichtsbeschluß ein nicht von der Allgemeinheit akzeptiertes
Ergebnis entsteht, dass aber auf den Fundamenten einer höheren
Logik, kurz „dem Recht“, fußt. (Oder, wie es ein Bekannter von
mir einmal ausdrückte, der zu dem Zeitpunkt noch Jura studierte:
„Recht hat nichts mit Gerechtigkeit zu tun.“) Insofern bliebe
eigentlich noch übrig, dass wir eventuell das Gerichtsverfahren mit
einem „religiösen Ritual“ gleichsetzen, wo der sterbliche Sünder
einem göttlichen Urteil gegenübersteht, über dessen jeweiligen
Ausgang er keinerlei Einfluss erhält. (Dementsprechend nehmen
Anwälte mit einem mal die Aufgabe von Engeln wahr, welche im Rahmen
ihrer Aufgabe rituelle Handlungen durchführen. Dafür würde auch
die Tatsache sprechen, dass Anwälte in Kleidung auftreten –
gemeint sind Anzüge – zu denen wir zwar erzogen werden, sie toll
zu finden, die aber bei genauen Hinsehen nur folgendermaßen
beschrieben werden können: häßliche Beleidigung fürs Auge! Und
ich bin mir durchaus bewusst, was es heißt, wenn ich hier mit einem
Mal Anwälte mit Engeln analog sehe.
Und das ist dann genau der Punkt, wo
die Rolle von Al Pacino in „The Devil's Advokat“ als auch „Tyler
Durdon“ ins Spiel kommen: Auch wenn Pacinos Teufel aus irgendeinem
Grund als Anwalt Gesetzt ist, spielt er dennoch in erster Linie den
großen Verführer. Eine Rolle, die ebenfalls auf Durdon zutrifft:
Beide Figuren sprechen in einer Abwechslung aus Charisma und
Sexappeal einen eher animalischen „ehrlicheren“ Trieb in ihren
Opfern an, der weniger aus einem simplen Befolgen von Regeln
generiert wird, als viel mehr ein Machen eigener Regeln darstellt.
(Und das ist auch der Punkt, der mit dem großen Problem des
Gerechtigkeitsempfindens einhergeht: Wenn die übergeordnete Instanz
Recht spricht befolgt sie bestimmte Regeln, die das gesammte Spiel
ausmachen. Diese sind absoluter und beachten nicht wirklich den
konkreten Fall an sich. Das Problem, das sich hieraus entwickelt ist
nur, dass zeitgleich auch noch dieser seltsame Aspekt des Übergangen
werdens mit hineinspielt. Diese unglaublich rechtschaffende Wut
gegenüber der bodenlosen Ungerechtigkeit, welche dann eben nicht die
eigene Position darstellt.) Das ist ein animalisches Moment, welches
vom Teufel in gewisser Weise angesprochen wird. Archaischer und
wilder. In gewisser Weise der Trieb, der die Ekstase auslöst. (Ich
hätte wohl noch erwähnen sollen, dass ich auch diese entsprechende
Interpretation von Dionysos aus der Fernsehserie „True Blood“
ebenfalls im Hinterkopf habe.) Und das ist eigentlich auch das, was
diese etwas überkanditelte, sehr plüschige Kleidung Tyler Durdons
in den letzten Minuten von Fight Club wiederspiegelt: Etwas
provokativ Animalisches. Wenn auch deutlich unzivilisierter, als das
was ich mir im Moment mit unserem kontemporären Teufels-Konzept
gerade vorschwebt.
Und gerade darauf kommt es dabei an:
Wenn wir nämlich den Teufel mit dem Bild gleichsetzen, dass die
Stones in „Simpathy for the Devil“ kreiren, dann ist gerade das
äußere sehr entscheidend. Insofern bedarf es eines von fornherein
stilvollerem Äußeren. (Allerdings wirklich Stilvoll und nicht das
Ende vom Besen, wie es konservative Geister gerne als schick
missgedeutet sehen wollen.)
Der Punkt bei der gesammten Sache ist
jetzt folgendes Bild, dass sich mir bei solchen Überlegungen
erschließt: Wir haben hier einen Mann, dessen gesammtes
Erscheinungsbild auf Weltgewandheit abziehlt. Er ist sehr darum
bemüht direkten Kontakt zu den Personen seines „Interesses“ zu
erstellen. Der zentrale Punkt dabei ist, dass der Teufel also einen
direkten, sehr persöhnlichen Kontakt aufnimmt und sein Ziel
einlullt. Anschließend läuft das Ganze über die Verführung der
niederen Triebe ab. Das Ziel von Nicolas Natas ist eher in Richtung
anarchischem Chaos zu sehen. Welcher Methoden er sich dabei bedient,
muss man an den tiefsten Sehnsüchten der jeweiligen Person
festmachen, die das Objekt seiner jeweiligen Begirde gerade ist. Fest
steht nur, dass sein Kontakt dabei ganz langsam dem Wahnsinn
anheimfällt. (Und vermutlich sich am Ende auf einem
Selbstzerstörerischem Trip befindet.)
Passenderweise könnte man in diesem
Zusammenhang auch das Bild des Tieres aus der Offenbarung
des Johannes nutzen, um ein paar Dinge zu erklären. (Und nutzt dabei
das „Anti-Christen-Bild“, welches im „The Devil's Advocat“
erklärt wird: Nicht der Sohn des Teufels ist der Anti-Christ sondern
ein inzestuös gezeugtes Kind dieses Sohnes. Der Grund dabei ist, das
Tiere etwas sehr Irdisches ist. Und gerade ein Tier, das eine
Kopfwunde überlebt, ist dabei etwas deutlich bedeutsameres, wenn es
irdischerer Natur ist.)
Und
da kommt dann auch die Option mit dem „Fight Club“ (respektive
dem „Projekt Chaos“) als zusätzliche Möglichkeit hinzu. Der
Teufel braucht Mittelsmänner, die auf seine Verführungen bereits
hereingefallen sind. Und die auf diesem Weg auch eine Einführung des
„neuen Opfers“ in eine Welt aus Chaos und Möglichkeiten
hergiebt. Von daher ist der Teufel als Option eines SLCs mMn ein sehr
umfangreicher Ansatz, mit dem man zwar arbeiten kann, geradezu
Arbeiten sollte, der aber kein typisches Klischee sein darf. Einfach
weil er in mythologischer Hinsicht einfach zu viele Optionen und
Fragen aufwirft, die gerade eben nicht das typische Chaos darstellen,
was man sonst mit den meisten, „normalen“ Höllenvorstellungen
verbindet.
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