Montag, 26. September 2016

Ein SLC-Konzept: Nicolas Natas der Ältere (universell Einsetzbar, kontemporär)

Ich bin gerade dabei einige Recherchen für ein anderes SLC-Konzept zusammenzutragen, dass mich in den letzten Tagen herumtreibt. Allerdings fiel mir dabei eine Kleinigkeit auf: Dämonen aller Art treiben sich immer wieder in meinem Kopf herum... aber irgendwie ist mir der große Verführer dabei die ganze Zeit entgangen.
Also... gehen wir mal ein wenig wild assoziativ vor: Zum einen gibt es da das berühmte Stück „Paradise Lost“ von John Milton, in dem es um die große Rebellion von Luzifer geht. (Besondere Berühmtheit hat es dabei deswegen, weil Luzifer eine sehr lange Tirade als Monolog über seine Motive von sich gibt. Nützlich, um ihn als Freiheitskämpfer gegen festgefahrene Strukturen zu begreifen.) Dann gibt es da noch die Darstellung Al Pacinos in „The Devil's Advocat“, wo zwar die Darstellung des Charismatischen Mannes sehr überzeugend ist, die allerdings ein paar Probleme aufweist. Nicht zuletzt stellen die Roling Stones in „Sympathy for the Devil“ den Teufel als einen Mann von Welt vor, der sich selbst in die Geschichte einführt.
Um dem ganzen noch einen weiteren Aspekt rund um das Thema des großen Verführers beizumengen erwähne ich auch noch Brad Pitt in seiner Darstellung des Tyler Durdon aus dem Film Fight Club. (Doch dazu gleich ein wenig mehr.)
Der zentrale Punkt bei der Sache ist, dass ich dieses Klischee des „Teuflischen Anwalts“ nicht wirklich überzeugend finde, um ein brauchbares Konzept zu bedienen. Insofern sehe ich zwar ein paar Elemente aus „The Devil's Advocat“ durchaus als nützliche Ansätze an, was Stilmittel betrifft, aber den Anwalt an sich zum Teufel zu erheben finde ich eher unbrauchbar. Der Punkt dahinter steckt hinter einem bestimmten Aspekt: Der empfundenen Ungerechtigkeit, die daraus entspringt, wenn aus einem Gerichtsbeschluß ein nicht von der Allgemeinheit akzeptiertes Ergebnis entsteht, dass aber auf den Fundamenten einer höheren Logik, kurz „dem Recht“, fußt. (Oder, wie es ein Bekannter von mir einmal ausdrückte, der zu dem Zeitpunkt noch Jura studierte: „Recht hat nichts mit Gerechtigkeit zu tun.“) Insofern bliebe eigentlich noch übrig, dass wir eventuell das Gerichtsverfahren mit einem „religiösen Ritual“ gleichsetzen, wo der sterbliche Sünder einem göttlichen Urteil gegenübersteht, über dessen jeweiligen Ausgang er keinerlei Einfluss erhält. (Dementsprechend nehmen Anwälte mit einem mal die Aufgabe von Engeln wahr, welche im Rahmen ihrer Aufgabe rituelle Handlungen durchführen. Dafür würde auch die Tatsache sprechen, dass Anwälte in Kleidung auftreten – gemeint sind Anzüge – zu denen wir zwar erzogen werden, sie toll zu finden, die aber bei genauen Hinsehen nur folgendermaßen beschrieben werden können: häßliche Beleidigung fürs Auge! Und ich bin mir durchaus bewusst, was es heißt, wenn ich hier mit einem Mal Anwälte mit Engeln analog sehe.

Und das ist dann genau der Punkt, wo die Rolle von Al Pacino in „The Devil's Advokat“ als auch „Tyler Durdon“ ins Spiel kommen: Auch wenn Pacinos Teufel aus irgendeinem Grund als Anwalt Gesetzt ist, spielt er dennoch in erster Linie den großen Verführer. Eine Rolle, die ebenfalls auf Durdon zutrifft: Beide Figuren sprechen in einer Abwechslung aus Charisma und Sexappeal einen eher animalischen „ehrlicheren“ Trieb in ihren Opfern an, der weniger aus einem simplen Befolgen von Regeln generiert wird, als viel mehr ein Machen eigener Regeln darstellt. (Und das ist auch der Punkt, der mit dem großen Problem des Gerechtigkeitsempfindens einhergeht: Wenn die übergeordnete Instanz Recht spricht befolgt sie bestimmte Regeln, die das gesammte Spiel ausmachen. Diese sind absoluter und beachten nicht wirklich den konkreten Fall an sich. Das Problem, das sich hieraus entwickelt ist nur, dass zeitgleich auch noch dieser seltsame Aspekt des Übergangen werdens mit hineinspielt. Diese unglaublich rechtschaffende Wut gegenüber der bodenlosen Ungerechtigkeit, welche dann eben nicht die eigene Position darstellt.) Das ist ein animalisches Moment, welches vom Teufel in gewisser Weise angesprochen wird. Archaischer und wilder. In gewisser Weise der Trieb, der die Ekstase auslöst. (Ich hätte wohl noch erwähnen sollen, dass ich auch diese entsprechende Interpretation von Dionysos aus der Fernsehserie „True Blood“ ebenfalls im Hinterkopf habe.) Und das ist eigentlich auch das, was diese etwas überkanditelte, sehr plüschige Kleidung Tyler Durdons in den letzten Minuten von Fight Club wiederspiegelt: Etwas provokativ Animalisches. Wenn auch deutlich unzivilisierter, als das was ich mir im Moment mit unserem kontemporären Teufels-Konzept gerade vorschwebt.

Und gerade darauf kommt es dabei an: Wenn wir nämlich den Teufel mit dem Bild gleichsetzen, dass die Stones in „Simpathy for the Devil“ kreiren, dann ist gerade das äußere sehr entscheidend. Insofern bedarf es eines von fornherein stilvollerem Äußeren. (Allerdings wirklich Stilvoll und nicht das Ende vom Besen, wie es konservative Geister gerne als schick missgedeutet sehen wollen.)

Der Punkt bei der gesammten Sache ist jetzt folgendes Bild, dass sich mir bei solchen Überlegungen erschließt: Wir haben hier einen Mann, dessen gesammtes Erscheinungsbild auf Weltgewandheit abziehlt. Er ist sehr darum bemüht direkten Kontakt zu den Personen seines „Interesses“ zu erstellen. Der zentrale Punkt dabei ist, dass der Teufel also einen direkten, sehr persöhnlichen Kontakt aufnimmt und sein Ziel einlullt. Anschließend läuft das Ganze über die Verführung der niederen Triebe ab. Das Ziel von Nicolas Natas ist eher in Richtung anarchischem Chaos zu sehen. Welcher Methoden er sich dabei bedient, muss man an den tiefsten Sehnsüchten der jeweiligen Person festmachen, die das Objekt seiner jeweiligen Begirde gerade ist. Fest steht nur, dass sein Kontakt dabei ganz langsam dem Wahnsinn anheimfällt. (Und vermutlich sich am Ende auf einem Selbstzerstörerischem Trip befindet.)

Passenderweise könnte man in diesem Zusammenhang auch das Bild des Tieres aus der Offenbarung des Johannes nutzen, um ein paar Dinge zu erklären. (Und nutzt dabei das „Anti-Christen-Bild“, welches im „The Devil's Advocat“ erklärt wird: Nicht der Sohn des Teufels ist der Anti-Christ sondern ein inzestuös gezeugtes Kind dieses Sohnes. Der Grund dabei ist, das Tiere etwas sehr Irdisches ist. Und gerade ein Tier, das eine Kopfwunde überlebt, ist dabei etwas deutlich bedeutsameres, wenn es irdischerer Natur ist.)

Und da kommt dann auch die Option mit dem „Fight Club“ (respektive dem „Projekt Chaos“) als zusätzliche Möglichkeit hinzu. Der Teufel braucht Mittelsmänner, die auf seine Verführungen bereits hereingefallen sind. Und die auf diesem Weg auch eine Einführung des „neuen Opfers“ in eine Welt aus Chaos und Möglichkeiten hergiebt. Von daher ist der Teufel als Option eines SLCs mMn ein sehr umfangreicher Ansatz, mit dem man zwar arbeiten kann, geradezu Arbeiten sollte, der aber kein typisches Klischee sein darf. Einfach weil er in mythologischer Hinsicht einfach zu viele Optionen und Fragen aufwirft, die gerade eben nicht das typische Chaos darstellen, was man sonst mit den meisten, „normalen“ Höllenvorstellungen verbindet.

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