Cover: Only the Monsterous The War Doctor 01 Verlag: Big Finish |
„At the heart
of the battle, where the blood of the innocents flow, and only the
monstrous survive…“
Als
mit der 2013er Episode „The Name of the Doctor“ die Zeitlinie des
Doctors betreten wurde, der Storyark rund um Clara Oswald als
„Impossible Girl“ aufgelöst wurde, bekam man mit nur wenigen
Sekunden einen Ausblick auf eine neue Person mit. Jemandem, vor dem
der Doktor sich am meisten fürchtete. Oder auch, um ein paar Zitate
aus der Folge herauszuschmeißen „All I did, was in the Name of
Peace and Sanity.“ - „Yeah. I know. But it was not in the Name of
the Doctor.“
Ich
rede selbstverständlich von der von John Hurt so wunderbar
dargestellten, bis dahin unbekannten wirklichen neunten Regeneration.
Dem War-Doctor. Bis auf diesen kurzen Auftritt hatte John Hurt ja nur
noch seine Zeit während seines eigentlichen großen Auftritts
gehabt, während Doctor
Who als Serie das fünfzigjährige Bestehen feierte. Der Punkt
bei der Sache war nur: Diese spezielle Inkarnation des Doktors
stellte das große Trauma da, vor dem die drei Nachfolgenden
Regenerationen, dargestellt von Christopher Eccleston, David Tennand
und dem kongenialen Matt Smith, immer davongelaufen waren. Die Frage
war also: Was genau hatte diesen Doktor, der das große Versprechen
gebrochen hatte und dadurch das Recht verloren hatte, der Doktor zu
sein, dazu getrieben an jenem letzten Tag des großen Zeitkriegs
Meilenweit durch die Wüste Gallifreys zu laufen und dabei im
vermeidlich einsamen Selbstgespräch sowohl den Timelords als auch
den Daleks zu erklären, dass beide Seiten gleichermaßen für diesen
letzten Akt der Verzweifelung verantwortlich waren? [Oder wie es das
Interface des Moments in der „Bad Wolf“-Erscheinung so wunderbar
karikiert hatte „No
More... no more... no more!“ (jeweils entsprechend
unterschiedlich sarkastisch betont.)]
Antworten
darauf bietet jetzt natürlich nicht das Muttermedium Fernsehen
selbst. Aber Doctor Who ist nicht umsonst ein dermaßen Jahrelanger
Kult geworden: Es gibt noch andere Wege eine Geschichte zu erzählen.
Und deswegen greife ich heute die von BigFinisch herausgebrachte
Hörspielreihe rund um den WarDoctor auf. „Only the Monstrous“
ist die erste Box von drei Angekündigten Geschichten im Pappschuber,
welche Hurt noch einmal die Chance gibt, in die von ihm dargestellte
Rolle zu schlüpfen. (Jeder Pappschuber enthält drei CDs mit der
eigentlichen Geschichte und eine zusätzliche CD mit „Making
off“-Material... zumindest habe ich das so verstanden. Falls ich
mich irren sollte werden wir das spätestens in der zweiten Box
vermutlich sehen.)
Doch
worum geht es eigentlich? Mitten während des Zeitkriegs (die genaue
Position ist bei einer Serie, die sich um Zeitreisen dreht letzten
Endes ja leider nicht unbedingt feststellbar) stehen zwei Brüder im
Geiste bei einer Selbstmordmission, für die sie sich freiwillig
gemeldet hatten, bereit, um eine Waffe abzufeuern, welche eine
angreifende Dalek-Flotte ausradieren soll. Nur unwesendlich später
erfährt die große Koordinatorin des Krieges, Cardinal
Ollistra, die Nachricht vom Ableben des Doctors. Etwa Zeitgleich
findet auf dem friedliebenden Planeten Keska ein Schwerverwundeter
Doktor, der sich weigert, bei diesem Namen angesprochen zu werden,
eine vorrübergehende Möglichkeit, friedvoll zu leben. Wenn auch nur
für Kurze Zeit, denn schon Bald finden die Timelords ihn erneut und
zwingen ihn nach Gallifrey zurückzukehren und seinen Platz ind en
Reihen der Streitkräfte der Timelords wieder auszufüllen. Das
Monster versucht den Strategiker Seratrix hinter der Schlachtlinie
der Daleks hervorzuholen und stolpert dabei nur über die Umstände,
dass die Zeit nicht unbedingt alle Wunden heilt, aber auch, dass der
Krieg sehr viel Leid mit sich bringt.
Wie ich bereits
schrieb handelt es sich hierbei um drei CDs, die zusammen eine große
Geschichte erzählen, welche aber wiederrum aus einzelnen Episoden
besteht. Im Grunde genommen wird eine Welt Präsentiert, die bislang
von jeglichen Konflikten unberührt war, um zu erklären, wie der
Doktor jetzt zu ticken scheint. Der Punkt ist nämlich, dass aufgrund
des Momentes, in dem er seinen Namen ableht, er zwar weiterhin hilfe
Stellungen anbietet, aber den finalen Schritt zwischen Vernichtung
und friedvoller Sicherheit nicht mehr selbst unternimmt. Er ist zu
sehr in dem Krieg (und den taktischen Verschwörungen und Intrigen
von Cardinal Ollistra) verwickelt, als das er noch von einem ruhigen
Gewissen für sich selbst sprechen kann. Ansonsten möchte man Fast
sagen: Eigentlich wäre dieses Geschichte ein Kammerspiel, mit ihren
wenigen, wenn auch sehr starken Protagonisten, die sich zu
verschiedenen Zeitpunkten in der Zeit der Timewars treffen, aus den
Augen verlieren und erneut begegenen und eigentlich weiß man bis zum
Schluß nicht so ganz, wer jetzt eigentlich den Verstand in dieser
ganzen Situation verlohren hat. (Von den Daleks mal abgesehen. Die
sind die ganze Zeit über genocidal Megalomaniacs wie eh und je.)
Der Punkt bei der
Sache ist: In diesem Auftackt der Geschichten rund um den War Doctor
wird eine Geschichte erzählt, in der es weniger um die Frage geht,
wer die Guten und wer die Bösen sind. Es geht hierbei viel mehr
darum, dass jede Handlung eines Individuums unter bestimmten
Gesichtspunkten instrumentalisiert werden kann, wenn man rechtzeitig
die richtigen Informationen zur Fehlinformation irgendeiner der in
diesem Krieg verwickelten Parteien überliefern kann.
Und aus dieser
Tatsache folgt eigentlich der Punkt, dass der Doktor, der immer eine
eigene Position für sich selbst darstellt, einem Entschluß treu
bleibt und seine eigenen Handlungen aus dieser spezifischen
Perspektive sehr geradeheraus durchführt.
Ein besonderer
Zusatz dabei ist die neue Figur der „Cardinal Ollistra“, welche
von Jacqueline Pearce gesprochen
wird. Diese Figur stellt in ihrer Halsstarrigkeit einen wunderbaren
Gegenpart zu John Hurts War Doctor liefert, weil sie natürlich die
taktische, operative Seite der Gallifreyschen Armee darstellt und mit
beinahe jedem Wort als eine herablassende Person herüberkommt, die
lediglich Bauern auf einem Schachbrett hin und her schiebt. Sie ist
die Person, welche in allen Punkten die Oberhand behält und in
diesem Fall auf Lange Sicht vermutlich in der kurzen Serie sehr genau
den moralischen Verfall der Time Lords widerspiegeln wird.
Untermalt
wird das alles noch mit einer Neuinterpretation
des Doctor Who Themes, welches sehr schön in das Bild der
Kriegssituation hineinpasst und den Zuhörer entsprechend auf diese
neuen Abenteuer einstimmt.
Fazit
Only
the Monstrous ist eine unglaublich dichte und atmosphärisch
bedrückende Erzählung mit sehr vielen interessanten Figuren. Man
weiß hierbei nie so genau, welche Seite welche Person eigentlich
vertritt und bekommt dabei ständig dieses unglaublich unangenehme
Gefühl eines Kloßes im Hals, während sich mehr und mehr offen
legt, wie viele unterschiedliche Interessengruppen hierbei eigentlich
im Spiel sind, dass es fast schon herzerwärmend währe, dass
wenigstens die Daleks sich als das erweisen, was man tatsächlich von
ihnen auch erwartet. Als Auftakt für eine Serie, in der es
Thematisch vermutlich um den Fall von Gallifreys Timelords auf der
moralischen Ebene geht, ist Only the Monstrous ein wunderbares Stück
Hörspielkunst, dass sich eine Menge sehr guter Sprecher aus dem
englischen Raum sichern konnte. (Insoferns ist das hier natürlich
nichts für „hier spricht man deutsch“-Aktivisten.) Wer aber vor
dieser kleinen Sprachhürde nicht zurückschreckt erhält mit dieser
Box über 3 Stunden gute Unterhaltung auf die Ohren. (Plus ein wenig
MakingOff Material zusätzlich. Ob man das jetzt Mag, muss man für
sich selbst entscheiden.)
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