Cover: Spielleiterwillkür von Mhaire Stritter (Handbücher des Drachen) Verlag: Ulisses Spiele |
Ein Bisschen zur
Erklärung der Reihe: „Die
Handbücher des Drachen“ sind als Konzept entstanden, nachdem
Ulisses Spiele „Die
Handbücher des Kobolds“ aus dem amerikanischem Übersetzt
hatte. (Und dabei einiges an Schelte einkassierte, weil sie bei der
Setzung anscheinend eine Schriftgröße verwendet haben, die eher in
Richtung 8 oder noch geringer tendierte, so das die Schriftstücke
allerhöchstens in PDF-Form lesbar wurden.) Der Drache ist deswegen
hier namensgebender Patron geworden, weil das Maskottchen von Ulisses
eine eben solche, feuerspeiende Echse ist.
Spielleiterwillkür
von Mhaire Stritter ist dabei einer der beiden Hardcover aus diesem
Triptichon, welches sich aus der Sicht deutscher Autoren mit dem
Thema „Theorien über das Rollenspiel“ beschäftigt. Auf
insgesamt 160 Seiten breitet Mhaire, welche innerhalb der deutschen
Szene als das Gesicht von Orkenspalter
TV bekannt ist, ihre Sichtweise auf das Thema Rollenspiel aus
ihrer eigenen Sichtweise aus. Ergänzt wird das durch Kommentare
Seitens unterschiedlicher „namhafter Personen aus der deutschen
Rollenspielszene“. Namentlich sind das: Oliver Hoffman, einer der
Gründer des Verlages Feder & Schwert, sowie der Erfinder von
Engel. Moritz Mehlem, selbsternannter Old-School-Papst und begründer
des Gratis Rollenspieltages. Michael Minger, Stellvertretender
Verlagsleiter von Ulisses Spiele, ehemaliges Gesicht von DorpTV und
eine von zwei Stimmen des DorpCasts. Andreas Gruner, der aus der
Nadurion-Community stammt, einer Fan-Site über DSA. Außerdem gibt
noch Heinz Featherly, misantrophe Plüsch-Eule und in seiner Funktion
als Running Gag Maskottchen von Orkenspalter TV seine göttergleichen
Weisheiten von sich. (Böse Zungen würden behaupten, dass die zweite
Hälfte von Orkenspalter TV, Nicolas Mendrek, einfach nur in den
Kommentaren rumtrollen wollte.)
Um erklären zu
können, warum es sich bei Spielleiterwillkür handelt, macht es wohl
am ehesten Sinn zu schreiben, worum es sich bei dem Buch nicht
handelt: Es ist keine methodische Abhandlung über typische Werkzeuge
des Spielleitens, welche von eine wie auch immer gearteten
theoretische Basis unterfüttert wurde.
Mhaire Stritter geht
– mit der Ansicht über die Jahre sehr viel aus ihren eigenen
Fehlern als SL gelehrnt zu haben – in diesem Buch weitestegehend
Anekdotisch und Unterhaltsam auf unterschiedliche Themen ein, welche
die Methode des SL-Jobs betreffen, immer unter der Prämisse, dass
sie hier ihren eigenen Spielstil, den sie als stärker narrativ und
eher regelleicht geprägt umschreibt, für ihre Sichtweise
heranzieht. (Aus diesem Grund sind die anderen Kommentatoren in dem
Buch vertreten, welche die von Mhaire gestellten Thesen unter einer
anderen Prämisse mit ihren eigenen Erfahrungen entsprechend
abgleichen und dabei jeweils sich kritisch äußern dürfen.)
Und das ist auch
schon ein sehr zentraler Punkt, den man sich vor Augen halten sollte:
Was hier vorkommt ist zwar durch die Bank weg sehr stark idiologisch
aus einer äußerst subjektiven Perspektive eingefärbt, allerdings
sind sämtliche Personen, die an dem Buch mitgeschrieben haben vom
Tonfall her zivil. Es gibt zwar durch die Bank weg wiedersprüche,
aber keinerlei Schläge unterhalb der Gürtellinie. Jeder beteiligte
– mal Abgesehen von Heinz – ist sich hier der Tatsache bewusst
gewesen, das seine jeweilige Position ersteinmal nur für die jeweils
eigene Person gegolten hat. (Das heißt, dass es durchaus an mehreren
Stellen Formulierungen wie „es ist für mich unverständlich, dass
...“ gibt, aber halt eben immer mit den entsprechenden Argumenten
unterfüttert, wenn notwendig, warum man für sich selbst die
entsprechende Position so vertritt. Was ungeheuer erfrischend ist,
wenn man vergleichbare Ansätze über ein Jahrzehnt in diversen
deutschsprachigen Foren verfolgt hat, in denen dann sehr schnell die
jeweilige Person angegriffen, aufs übelste Beschimpft und/oder auch
indirekt bedroht wird. Der Inhalt der Kommentare passiert tatsächlich
auf Augenhöhe.)
Und bevor wir uns
Mißverstehen: Natürlich wird hier einiges über manche Werkzeuge
besprochen, auf die man als SL zurückgreifen kann. Allerdings ist
das eher über Themen geschrieben, die mehr auf den Aspekt eines
„Woher Ideen nehmen“ als „Wie methodisch einen Plotaufbau
planen“. (Wer also eher die grundtheoretische Methodik einen
Relationship-Mappings oder ähnlichem erwartet hatte, sollte eher zu
den Üblichen Verdächtigen von Dominik Wäsch oder Robin Laws
greifen.) Das Buch kommt daher vollständig aus der Praxis heraus.
(Was nicht heißen soll, dass die theoretischen Abhandlungen nicht
auf praktischer Erfahrung aufbauen würden. Mhaires Art über Dinge
zu schreiben ist nur mit einer gänzlich anderen Zielsetzung
aufgebaut, die halt eben mehr den Handwerklichen Touch aufweisen.)
Und für diesen Ansatz passt auch der anektdotische Ansatz wurderbar,
auf den immer wieder zurückgegriffen wird um aufzuzeigen, wie man
aus den entsprechenden Fehlern, die man selbst bauen kann, eventuell
für die Zukunft etwas lernen könnte. (Insbesondere kann das auch
bedeuten, dass man machmal einen gewissen kleineren Umschwung in der
Basisplanung einbringen sollte, weil mittlerweile zu offensichtlich
und voraussehbar ist, was jetzt wirklich das eigentliche Ziel an der
ganzen Sache war.) Und gerade das macht das Buch so unglaublich
sympathisch.
Zur optischen
Gestaltung: Das Cover, welches eine (mMn) sehr Magierlastige, stark
an Pathfinder erinnernde, Abenteurergruppe zeigt, die sich einem
Angriff von Untoter stellt ist Handwerklich durchaus ansprechend
gestalltet. Irritierend bei der ganzen Sache ist nur, dass man gerade
Mhaire eher mit dem Rollenspiel „Numenera“ verbidnet und daher
eher etwas in die Richtung erwartet hätte. (Ulisses als Herausgeber
der ganzen Geschichte hin oder her.) Der Grund bei dieser Sache ist
wohl, dass bestimmte „Dankeschöns“ des Crowdfundigs tatsächlich
einzelnen Personen die Möglichkeit eröffneten ihre Abenteurergruppe
an SCs auf dem Cover zu verewigen. (Gleiches gilt für die
Illustrationen im Buch, was dazu geführt hat, dass ich meine Daniel
Neugebauer von System Matters wiedererkannt zu haben.) Der Rest sind
dann diverse, zu den jeweiligen Stellen passende Fotografien, welche
zu einem Großteil den Videos der Orkenspalter entnommen worden ist.)
Das passt zwar alles, ist aber zuweilen – wie im Beispiel des
Covers – auch ein wenig kontextuell hochgradig irritierend.
Fazit
Viel mehr als das,
was ich oben gesagt habe kann man eigentlich gar nicht zu dem ganzen
Schreiben: 160 Seiten voller SL-Tipps mit der anekdotischen Note. Das
ganze ist keine theoretische Abhandlung über die Methodik, weißt
aber trotzdem auf eine ganze Reihe sehr praktischer Methoden hin. Und
das alles in einem sehr unterhaltsamen Schreibstil verfasst. Das
begeistert zwar sicherlich nicht jeden, bietet aber durchaus genügend
Stoff für alle möglichen interessierten Leute an, um einen Blick
wert zu sein. Ich bereue die Ausgabe jedenfalls nicht.
Ich bin nicht "selbsternannt". ;-)
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