Cover: China Mieville Kraken Verlag:PAN Books |
Die Geschichte des
Buches Kraken dreht sich um Billy Harrow, einem Mitarbeiter des
British Museum of Natural History in London. Der Mann ist ein
besonders Fähiger Präparator, der eine ungewöhnliche Begabung
hegt, die Entsprechenden Ausstellungsstücke in Formaldehyd zu
konservieren, so dass sie ungewöhnlich beeindruckend in ihren Tanks
wirken. Außerdem hegt er seinen Arbeitskollegen gegenüber den
Scherz, dass er der Prototyp des ersten Retortenbabys sein. Der
Mensch, der noch im stillen Kämmerlein künstlich befruchtet wurde,
ehe man mit einem anderen Baby an die Öffentlichkeit ging.
Eines der besonderen
Schmuckstücke, die Billy selbst Präpariert hat, ist ein
Riesenkalmar, der
zeitgleich so etwas wie das besonders touristenwirksame
Puplikumsmagnete der Sammlung des Darwin Centers. Der Tank mit diesem
Architeuthis dux steht
im
selben Raum wie die wissenschaftlich natürlich deutlich
bemerkenswertere Sammlung an Präparaten, die Darwin von seiner
Expedition mit der Beagle mitgebracht hatte, jedoch kriegt diese
selbstverständlich deutlich weniger Aufmerksamkeit, als der
Riesenkalmar.
Während einer seiner üblichen Führung entdeckt billy dann, dass
ausgerechnet dieser spezielle
Tank mit dem riesigen Tintenfisch unverständlicherweise verschwunden
ist.
Dieses
Ereignis ruft die FSRC
(Fundamentalist and Sect-Related Crimes Unit) der
Metropolitan Police auf
den Plan, welche seit der großen Milleniums-Panik rund um das Jahr
2000 auf dem Plan steht und seitdem abstruse Weltuntergangskulte
untersucht und diesen auch noch irgendwas entgegenstellen will. Diese
Polizeieinheit, bestehend aus einem normalem Bullen, einer Frau mit
ungewöhnlichen Begabungen und einem Profiler, der der Fähigkeit zu
Glauben nachtrauert, stoßen Billy eher unbeabsichtig in eine eher
seltsame Richtung
und ehe er sich versieht ist er mitten drin in einem Krieg einer Art
okkultem Untergrunds voller abstruser Weltuntergangssekten,
Stadtmagiern, jahrhundertealten Killern und lebendigen Tättoos, die
allesamt ein Ziel haben: Des verschwundenen Riesenkalmars habhaft
werden, um die jeweils eigene Version einer Apocalypse in die Tat
umzusetzen. Mit
anderen Worten: Jeder will die Welt brennen sehen. Nur jeweils aus
einem anderen Grund.
Mievilles
Geschichten als durchgeknallt zu bezeichnen ist nichts neues, das
dürfte bereits aus dem Ansatz der „New Weird“-Zugehörigkeit
sich ergeben. Das
ist letzten Endes auch das, was diesen sehr stark an Mysterie-Serien
der 90er erinnernden Roman letzten Endes ausmacht:
Wir
haben Magier, welche die Stadt London selbst Beschwören, lebendige,
perosnifizierte Genius Loki von Museen und anderen öffentlichen
Plätzen, lebendige Tattoos, Chaos Nazis, die eine etwas andere
Agenda verfogen und dabei näher an den Symboliken dran sind, die
ihre Vorbilder uminterpretiert haben, einen lebendingen,
personifizierten Ozean, etc. Das alles wird mit der Frage nach
religiösen Zielen verknüpft und dabei tielweise auch aufgezeigt,
dass glaube nicht zwingen Logisch ist, aber am Ende vermutlich doch
irgendwie die Welt verändert. Das
ganze arbeitet mit diesem Grundsätzlichen, urbanen Setting, welches
London mehr oder weniger darstellt, ohne dabei wirklich zu genau ins
Detail zu gehen. Man kann vermutlich einige der Namendlich genannten
Plätze tatsächlich auf einer Karte wiederfinden, aber im großen
und ganzen bleibt die Geschichte Vage. Schon allein, weil die
Ortschaft London eigentlich keine direkte Rolle für die Erzählung
an sich spielt. (Sie funktioniert zwar in weiten Teilen aufgrund
einiger Gruppen deswegen, aber letzten Endes ist der Urbane Raum da
eher das zentrale Augenmerk… ach ja: Ein wenig Plotttwisterei macht
die konkrete Lokalisation von London auch noch notwenidg.)
Von
daher gibt es eigentlich gar nicht so viel bei der ganzen Sache zu
erzählen, was in die eine oder andere Richtung bei einer Bewertung
anbelangt: Es ist Mieville, der ienfach mal wieder das gemacht hat,
was er am besten kann: Verrückte Ideen zusammenspinnen und dabei am
Ende eine gute Geschichte erzählen, die eher ungewöhnlich ist. (Und
das macht halt eine Menge Spaß zu lesen.)
Fazit
Ich
mag Mievilles Art Geschichten
zu erzählen. (Aber da können sich vermutlich bereits einige
denken.) Ich kann aber auch verstehen, dass diese Vorgehensweise, die
Mievilles Geshcichten letzten Endes ausmacht, anderen Leuten zuwieder
ist, weil es sie überfordert, sich auf so etwas gänzlich anderes,
jenseits der konvetionellen Symbollogik, einzulassen. Kraken ist
daher so ein Buch, dessen Wurzeln man durchaus in den 90ern
vermutlich einordnen sollte: Hohe Anteile von Mystery, wenn auch mit
ein paar etwas anderen Elementen, als man sie normalerweise bei
Mulder und Scully erwartet hätte. Außerdem liegen hierbei eher
eindeutig die Underdogs im Fokus, was ebenfalls einen etwas anderen
Stil ausmacht. (Es gibt in gewisser Weise zwar viele mächtige
Individuen, die gegeneinander Krieg führen, aber selbst diese stehen
sich eher gegenseitig im Weg, anstelle miteinander
zusammenzuarbeiten.) Von
daher ist auch das hier nicht mehr dieses Typische 90er Jahre „alle
ziehen an einem Strang“ Gedöhns,
was eine funktionierende,
große Verschwörung voraussetzt. (Nicht zuletzt deswegen, weil große
Gruppen nicht ohne Verräter funktionieren.)
Von
daher ist gerade das hier das Schöne: In der Geschichte geht es
darum, wie jeglicher Versuch der Geheimhaltung den Bach runter geht.
(Und
das alles aufgrund zunehmendem Fanatismus auf allen Seiten.)
Von
daher bleibt als Qualität auf der Haben-Seite festzuhalten: Die
Geschichte sprießt geradezu über vor Ideen, sie ist hochgradig
Skuril und dabei gut erzählt. Und sie spielt die ganze Zeit über
mit dem Thema, wie eine Weltanschauung in der heutigen Zeit
funktionieren kann. (Wobei
sie grundsätzlich die abstrusesten Beispiele aufgreift.)
Wobei
ich eine Sache noch erwähnen muss: Es ist ja durchaus bekannt, dass
Mieville seinen Hintergrund mit der Rollenspielszene hat.
Kurioserweise erinnert mich das Thema des Romans Teilweise an die
Elemente des Rollenspiels Unknown Armies. Das macht es für mich nur
umso spanneder, könnte aber für einige Leute auch weiterhin ein
Hinweiß auf eine mögliche Überforderung
mit dem Roman-Setting
sein.
Alles
in Allem aber ein runder, sehr Lesenswerter Mieville mal wieder.
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