Montag, 10. Juli 2017

Vampire im wirklichen Leben [Karneval der Rollenspielblogs]


Erinnert ihr euch noch an die ungewöhnlich bunt angestrichene, irgendwie an griechische Statuen erinnernde, großbrüstige Venusfigur auf dem Hinterhof des Erbdrostenhofs in Münster? Nein?
Nun: Dann seid ihr eindeutig nie Mitglieder der münsteraner Vampire Live Domäne „Chronik Schattenspiel“ gewesen. Innerhalb dieser speziellen Interpretation von Münster in einer Welt der Dunkelheit kam es zu einem Ereignis, dass dafür verantwortlich war, dass eine entsprechende Statue aus weißem Mamor auf dem Hinterhof des Erbdrostenhofs geparkt wurde, was wiederum dafür sorgte, dass zwei ehemalige Ventrue-Ghulinnen in einer Nacht-und-Nebelaktion unter Aufsicht ihres malkavianischen Herren eine korrigierende Anpassung nach historischem Vorbildern durchführten.

Der Grund, warum ich diese kleine Anekdote aus den Analen meiner langjährigen Laufbahn als Malkavianer mit kunsthistorischem Hintergrund zum besten gebe ist der diesmonatige Karneval der Rollenspielblogs. Der gute Thilo von der Nerd-Wiki will also was über das Rollenspiel im wirklichen Leben hören? Das kann er haben.
Live-Rollenspiel hat ja diesen kleinen Vorteil, den wir im Zusammenhang des Pen&Paper-Hobbys normalerweise in dieser Form nicht haben: Die Charaktere werden von den Spielern in ihrer performativen Art und reinen Körperlichkeit dargestellt. Spontan und in reiner Improvisation.
Unter regulären Bedingungen heißt das aber auch: Die Mitglieder der Domäne treffen sich einmal im Monat, um Vampire zu spielen. An einem Ort, der über die Kontakte der jeweiligen Mitglieder der Domäne organisiert werden kann und der dann meistens etwas anderes darstellen muss. (Vom bereits erwähnten Erbdrostenhof hatten wir dabei auch noch gelegentlich einen Saal des Hotels Kaiserhof oder die fiktive Lokalität Namens „Crokodile“.) Dieses „So tun als ob“, welches ja in vielerlei Hinsicht tatsächlich den Kern unseres Hobbys darstellt funktioniert natürlich so lange, wie man sich nur unter sich befindet.

Jetzt kommt allerdings noch eine Kleinigkeit hinzu, die Münster ausmacht: Die Stadt hat nicht nur eine weltberühmte Kunstakademie, die regelmäßig Studenten aus Korea anzieht und eine alle zehn Jahre stattfindende, die ganze Stadt umschließende Ausstellung, die international im selben Atemzug mit der Dokumenta in Kassel und der Bienale in Venedig genannt wird. (Und zufölligerweise dieses Jahr wieder die Leute in Scharen gen Münster pilgern lässt.) Nein: Einmal im Jahr findet eine große „Nacht der Museen“ statt. Innerhalb eines festen Zeitraumes der sehr spät anfängt und noch viel später aufhört sind beinahe sämtliche Museen & Galerien kostenlos der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. (Und das Picasso-Museum deswegen überrannt.)

Jetzt muss man sich der Logik hinter Vampire stellen: Eine der grundlegend wichtigsten Überlebensregeln ist die Maskerade. Wer dagegen verstößt ist so schnell Tot, dass er nicht mehr großartig „Kain“ schreien kann. Darauf aufbauend ist fürs Vampire Live die Nacht der Museen also eine unglaublich spannende Möglichkeit für eine sehr spezielle Übung in Maskerade: Die jeweiligen Spieler sehen sich dazu gezwungen, sich mit den jeweiligen Exentriken ihrer jeweiligen Charaktere innerhalb einer wirklichen, uneingeweihten Umgebung darzustellen. (Und das kann durchaus zu einigen kuriosen Ergebnissen führen.)

Ich will jetzt natürlich nicht leugnen, dass wir - zumindest solange die einzelnen Mitglieder ihren Wohnort innerhalb Münsters hatten - uns auch so regelmäßig außerhalb des monatlichen Treffens auch einfach so Nachts auf der Straße getroffen haben, um Vampire im kleinen Kreis zu spielen. Aber gerade die komplette Domäne auf einmal zusammenzutragen ist dann doch nochmal etwas ganz besonderes. Da sind dann die beiden Ahnen, welche ihr jeweils komischen Verhaltensweisen besonders in den Vordergrund stellen. Der Malk, dem man auf keinen Fall losen Papierblätter in die Hand drücken darf und irgendwo dazwischen alle anderen versponnenden Personen in ihrer jeweils auffälligen Kleidung. Und die Frage, die sich dabei stellt ist immer: Fällt so etwas auf?
(Die Antwort, die wir irgendwann mal aus einer anderen Quelle erhalten haben, lautet „Ja!“.)


Insofern ist es also durchaus ein spannender Ansatz, ein wenig wirkliches Leben ins Live zu bringen. (Man muss dann nur den entsprechenden Ort und Platz haben, um damit zu experimentieren… und man sollte es natürlich nicht eskalieren lassen.)

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