Montag, 9. April 2018

Rezension: Mohiro Kitoh: Shiina, ein Mädchen mit Leitstern (Naru Taru Band 01)

Cover: Mohiro Kito
Naru Taru 01
Verlag: Egmont Manga & Anime
adult
Ich bin gerade wieder ein wenig in den Geschmack gekommen, ein paar der Manga-Serien erneut aufzugreifen, deren Namen immer wieder mal aufgetaucht sind, als ich 2002 mich überdrüssig nach etwas anderem als dem typischen US-Comic umgesehen habe. „Naru Taru“, eine der Manga-Serie, die damals noch aktiv produziert wurden, habe ich jetzt nach langer Zeit (und viel Zögern) doch noch aangefangen und zumindest einmal angelesen. (Und ehrlich gesagt: Ich bin gerade ein wenig überrascht, dass gerade der erste Band schon einige Andeutungen Macht, die eher düsterer Natur sind.)

Die Geschichte von Naru Taru dreht sich im Kern um Shiina, einem Mädchen, dass während eines einwöchigen Ferienbesuchs bei ihren Großeltern auf einer Insel einem kleinen Wesen begegnet, das äußerlich wie ein Stern aussieht und sie zuerst vor dem Ertrinken rettet und sie ab da ständig begleitet. (Immer getarnt als Rucksack.) Spontan von der Form dieses Wesens inspiriert gibt sie ihm den Namen „Hoshimaru“. Innerhalb der Geschichte dieses ersten Bandes wird Shiina als offene, lebensfrohe Person charakterisiert, die sich spontan und ohne Nachzudenken ins Abenteuer stürzt und deswegen auch unbedacht ein paar Dinge riskiert, die sie eventuell ein klein wenig überfordern. (Wodurch sie als Gegenpart zu ihrem Vater charakterisiert wird – der sie für diese Unbedachtheit auch offen rüffelt – welcher sein Geld als Pilot in einer eigenen, kleinen Flugzeugfirma verdiehnt. So ganz klar kommt dabei allerdings noch nicht durch, ob es sich dabei um Personen-Transporte oder Frachttransporte oder gar beides Handelt. Sei es drum, das spielt wohl erstmal die Nebenrolle.)
Nachdem ein erstes Abenteuer mit Hoshimaru (der anscheinend Eigenarten eines Hoverboards gelegentlich annimmt und fliegen kann) überstanden wurde, in dem außerdem noch ein übergroßes Monster, das wie ein Schwert geformt ist (oder wie ein Tintenfisch), drin vorkommt, wechselt das Szenario ein wenig auf den „normalen“ Alltag von Shiina.
Sie begegnet nämlich mit Akira Sakura einem weiteren Mädchen, dass erstmal als das totale Gegenteil dargestellt wird. In sich gekehrt, verschlossen und geradezu panisch Menschenscheu, aber aus irgendeinem Grund hat auch Akira eines dieser Sternförmigen Wesen an ihrer Seite, welches sie Ainsoph getauft hat. Das weitere Geschehen ist dann letzten Endes ein erneutes gewalltätiges Aufeinandertreffen mit einem der Tintenfisch/Schwert-Wesen.

Das alles ist erstmal nicht sonderlich bemerkenswert. Von der Gestalltung her hat man sogar fast den Eindruck Naru Taru könnte eines dieser üblichen Kinder-Buch-Mangas sein, die aus dem Pokemon-Gedankengut entsprungen sind. (Angesichts der Tatsache, dass die Serie 1998 im japanischen Manga-Magazin Afternoon wohl zum ersten mal veröffentlicht wurde, käme das Zeitlich sogar ganz gut hin.) Dazu passen allerdings zwei Dinge nicht: Diverse Szenen in der Geschichte sind bewusst brutal gehalten. (Und ich meine jetzt nicht brutal im Sinne von Pokemon. Eher das brutal, dass mit einer planmäßigen Willkür gezeigt wird, wie eines der Tintenfisch-Wesen eine Einpropeller-Flugzeug in der Luft in zwei Hälften zerreist. Mit dem Piloten in der einen Hälfte noch sitzend.) Die bildliche Exposition wird danach zwar nicht weiter geführt, aber was folgen muss (und die Tatsache das ein paar Seiten weiter erwähnt wird, dass das Flugzeug abgestürzt ist) lässt nur wenig interpretationsspielraum, was hier geschehen ist.
Der zweite Punkt ist eine Szene, in der Akira zu einem Rasiermesser greift und sich die Klinge ans Handgelenkt hält. (Ich weiß nicht wann ich das erste mal in meinem Medienkonsum über das Phänomen des „cuttings“ oder dem allgemeinerem Begriff des Selbstverletzenden Verhaltens gestolpert bin, aber das war irgendwo in den mittleren Zweitausendern.) Für die 90er ist das also schon richtig harter Tobak, wenn in einer Geschichte mit phantastischen Elementen derartige Themen angedeutet werden.Von daher spricht einiges dafür, dass diese Serie auf lange Sicht eventuell das eine oder andere psychologische Element portraitiert, das man nicht unbedingt in einem Jung-Adult-Buch in dieser Zeit erwartet hätte. (Und ich fühle mich gerade schon wieder wie der hinterletzte Nerd.)

Ganz abstrakt davon habe ich dann aber einen entsprechenden Kritikpunkt, der – zumindest mir – in dieser Form gerade sauer aufstößt. Und dabei geht es darum, dass in einer recht frühen Szene bereits absolut unnötig Exposition betrieben wird, um ein paar Begriffe zu etablieren.
(Ich meine damit die bereits erwähnte Szene mit dem ersten Auftauchen des fliegenden Schwert-Wesens.) In dieser Szene befinden sich zwei Personen in dem Flugzeug, dass Shiina nach Hause bringen soll. Während sich Hoshimaru und Shiina im Himmel einen Kampf mit diesem Tintenfisch leisten unterhält sich dieses seltsame Pärchen miteinander. Was man erfährt ist, dass die beiden mehr Zusammenhänge über das Geschehen wissen und somit für den Leser die Begriffe wie „Knochendrachen“ und „Prinzessin des Drachenpalastes“ etabliert werden, so das die entsprechende Szene nur dazu diehnt, dem Leser Wissenshappen in Form von Worten vorzuwerfen, die er erst zu einem späteren Zeitpunkt dann irgendwie für sich klären muss. (Und das schlimmste Klischee dabei ist: Diese beiden wissenden Erzähler sind nach dem Zwischenfall aus der fliegenden Maschine verschwunden. Alles schreit also „Mysteriös!!!!einself!!!“) Man bemerkt also, dass hier durchaus – wohl aufgrund des ernsteren Themas auf lange Sicht hinten draus – auf ein paar etwas naivere Erzählformen zurückgegriffen wurde. Leider konnte ich gerade nicht herausfinden, ob dieser Manga mit einer Alterempfehlung publiziert wurde, oder wie diese ausgesehen haben mag. (Was andere Verlage durchaus stellenweise hier und da tun.) Allerdings fällt auf, dass Egmont-Ehapa hier ihr „EMA:adult“-Label draufgedruckt haben, was zumindest dafür spricht, dass die anfängliche Unbesorgtheit, mit der diese Serie zumindest beginnt dann doch deutlich mehr düstere Töne trifft als nur die, welche ich bis jetzt herausgefiltert habe.

Fazit

Ich will mir bei diesem Band jetzt mal eine Frage stellen, die ich bislang bei Fazits deiser Art immer ausgelassen habe. (Und zwar deswegen, weil ich weiß, wie schwierig im Moment an einzelne Bände dieser älteren Manga-Serie heranzukommen ist.): Würde ich einem absoluten Anfänger der Materie empfehlen mit Naru Taru einzusteigen? Vermutlich eher nicht.

Allerdings jetzt gerade nicht, weil ich die Geschichte als uninteressant einstufen würde. Hier ist einiges, was gerade „ältere“ Geister ansprechen könnte – von bestimmten, bereits oben erwähnten Mängeln mal abgesehen. Nein, was mich hieran stört ist ganz klar die problematischen Bezugsmöglichkeiten der 12 Bände. (Vor allen Dingen wenn ich lese, dass Egmont Maga und Anime zwar alle Bände herausgebracht haben, aber die Serie wohl insgesamt keinen Gewinn brachte. Das ganze liest sich fast wie das Gejammere über „gute Verkaufszahlen“ der deutschen Rollenspielindustrie.) Es gibt sicherlich einige Titel, die deutlich jünger und aktueller Sind, und ähnliche Interessen abdecken können, welche derzeit leichter erhältlich sind. Wenn man aber all das schon abgegrast hat und durchaus mal ein wenig anderes Material lesen möchte (und das leid der Sammler kennt und daher durststrecken zwischen einigen Bänden überdauern kann) sollte man durchaus unbedargt zugreifen können. Aber mehr dazu, wenn ich selbst ein paar Bände mehr durchhabe.

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