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John Hurt, 2015 |
Manchmal gibt es
diese Schauspieler, bei denen man sehr spät und eher zufällig
feststellt, wie stark sie einem in der eigenen, cineastischen
Historie berührt haben. Bei mir fing es im Grunde genommen in der
zehnten oder elften Klasse an. Im Kunstunterricht nahmen wir gerade
H.R. Giger durch. (Und wer den Namen Giger sagt muss auch den
Filmtitel „Alien“ erwähnen.) Jedenfalls wurde John Hurt damals
von einem Facehugger erfasst und durchlitt alle Entwicklungsstadien
bis zum Chestbuster, die danach noch übrig blieben. (Was
bejanntermaßen nicht all zu viele sind.)
Und von da an war
Hurt zwar als ikonische Figur in meinem Kopf zwar verankert, jedoch
hatte ich ihn nicht so direkt als Namen abgespeichert. (Und wie das
so ist: Irgendwann geht man die Filmografie durch und stellt dann
ständig fest „Oh, Gott… den Film kenne ich ja… und den auch…
und den...“ Jedenfalls war Hurt unglaublich umtriebig und hatte das
große Glück in seiner Karriere immer wieder mal Rollen für sich
gewinnen zu können, wo er eindeutig präsent war, mir aber nicht
bewusst als dieser Schauspieler auffiel. (Zu viele Gesichter und
Namen, die einem andauernd über den Weg laufen.)
Man könnte sagen,
dass mein wirkliches Aha-Erlebnis in dem Moment für mich erst 2013
wirklich passierte: Am ersten Weihnachtstag stand ich in der kälte
des Abends allein am Bahnhof und wartete auf einen Zug der mich nach
Essen bringen sollte. Mein Ziel war es, einen Film zu sehen, der nur
in einem einzigen Programmkino in einem erreichbaren Radius laufen
sollte. Und das auch nur für eine sehr überschaubare Anzahl von
Vorstellungen. Gemeint ist hier natürlich Jim Jarmuschs „Only
Lovers Left Alive“. Tom
Hiddleston und Tilda Swinton machten einen guten Job, das steht außer
Frage. Aber es war dieser alte Mann, der den John Marlowe
verkörperte, der dem Film in all seiner Skurilität etwas besonderes
gab.
Und
nur unwesentlich
später haute mir eine DVD dieses Gesicht erneut um die Ohren. (Ich
rede hier natürlich von Der
Tag des Doktors,
also dem 40 Jahre Special der Fernsehserie Doctor Who.)
Es
gibt natürlich einige amüsante Anekdoten, wie letzten Endes Hurt
die Rolle des War Doctors schmackhaft gemacht wurde. (Unter anderem
die, dass er recht schnell festgestellt haben soll, dass er mit nur
einem einzigen, sehr kurzem Auftritt zu einem vollwertigen Doctor
mutieren würde. Mit eigener Action-Figur und allem.) Aber man muss
auch sagen: Gerade diese unglaubliche Präsenz eines scheinbar
gebrochenen und verzweifelten Mannes (er ist der Grund, warum die
ersten drei Doktoren
der neuen Serie von einem Trauma davonlaufen… okay, Tennent war in
der Regel auch einfach nur so schlecht wie seine Drehbücher, das
kommt da noch hinzu) gab diesem speziellen Stück
Fernsehunterhaltung nochmal einen unglaublich eigenen Charme.
Von
daher war es eine unglaubliche Überraschung, als das britische
Hörspiellabel „Big Finish“ ankündigte, dass sie den War Doctor
noch einmal mit Geschichten versorgen würden. Es war mitlerweile
Bekannt gewesen, dass John Hurt mit einem Krebsleiden kämpfte. (Und
einige Unkenrufer fragten auch, ob es möglich ist, dass der Mann
diese Strapaze
überhaupt schaffen würde.) Ja,
er hatte es geschafft.
Allerdings
hat John Hurt wohl jetzt auch endgültig diesen Kampf gegen des Krebs
verloren. Es bleibt die Erinnerung an einen großen Schauspieler
übrig, den viele mitbekommen haben dürften, ohne ihn unbedingt
direkt im Fokus zu haben.
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